Asia Bibi - „Religiöse Horden treiben den Staat vor sich her“

Nach tagelangen Massenprotesten ist die pakistanische Regierung vor den religiösen Fundamentalisten eingeknickt, die weiterhin die Hinrichtung der Katholikin Asia Bibi fordern. „Ein gefährliches Signal“, wie Gabriele Venzky in einem Beitrag für die „Emma“ erklärt

Drei Tage protestierten religiöse Fanatikern gegen den Freispruch von Asia Bibi – dann gab die Regierung nach / picture alliance
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Der Freispruch der wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilten Christin Asia Bibi hat gewaltige Proteste religiöser Fanatiker in Pakistan ausgelöst. Nun rudert die Regierung zurück und will einen Revisionsantrag der islamistischen Partei Tehreek-e Labbaik Pakistan (TLP) gegen die Entscheidung des Obersten Gerichts zulassen. Bis zur zweiten Gerichtsverhandlung darf Bibi das Land nicht verlassen – wenn sie bis dahin überhaupt noch lebt.

„Ein gefährliches Signal“

Gabriele Venzky, langjährige Zeit-Korrespondentin und Ikone auf dem Gebiet der Asien-Berichterstattung, beschreibt diesen „Kuhandel [der Regierung] mit dem Mob“ in einem Beitrag für das Politmagazin Emma als das, was er ist: Eine Kapitulation. Die Kapitulation einer Regierung, die sich einst die „Bekämpfung des religiösen Fundamentalismus sowie […] der Unterdrückung der Frauen […] auf die Fahnen geschrieben“ hatte und sich nun von religiösen Fanatikern in die Knie zwingen lässt: „Religiöse Horden treiben den Staat vor sich her, der mit seiner Kapitulation ein gefährliches Signal aussendet. Denn so haben die Blasphemie-Brigaden freie Hand zu entscheiden, wer Freund ist und wer Feind.“

Das Blasphemie-Gesetz, so schreibt Venzky weiter, ermuntere die Bevölkerung zur Selbstjustiz: „Verteidiger von Blasphemie-Opfern und Richter, die sie freisprechen, werden – wie die Freigesprochenen – immer wieder schon vor dem Gericht ermordet. Der Anwalt Asia Bibis ist bereits mitsamt seiner Familie ins Ausland geflohen. Mit dem Tod bezahlte auch der Gouverneur des Punjabs seinen Einsatz für Asia Bibi, ebenso wie der Minister für Minderheiten, ein Katholik. Ihre Mörder hingegen werden von den Fanatikern als Helden gefeiert, als Vollstrecker von ‚Gottes Willen‘.“ Asia Bibi wurde freigesprochen – aber sie ist so gut wie tot. 

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