Arabische Welt - Der Siegeszug des Iran

Während die arabische Welt im Chaos versinkt, wird der lange verfemte Schiitenstaat immer mächtiger. Daran werden auch die USA unter Trump nichts ändern können

Erschienen in Ausgabe
Als alter Freund dieser schiitischen Parteien rückte der Iran zum entscheidenden externen Akteur im Irak auf / Illustration: Simon Prades
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Autoreninfo

Wilfried Buchta ist promovierter Islamwissenschaftler. Von 2005 bis 2011 arbeitete er in Bagdad als politischer Analyst (Senior Political Affairs Officer) für die UNO-Mission im Irak. Als Zeitzeuge hat der ausgewiesene Kenner der Region und ihrer Geschichte die politischen Ereignisse, die zum Erstarken des »Islamischen Staates« geführt haben, täglich hautnah miterlebt. Sein neuestes Buch heißt „Die Strenggläubigen. Fundamentalismus und die Zukunft der islamischen Welt“ (Hanser Berlin).

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Analysiert man, zu wessen Gunsten sich seit 2003 die Machtbalance im Nahen und Mittleren Osten durch Regimeumstürze, Militärinvasionen, Bürgerkriege, Volksaufstände und den Aufstieg dschihadistischer Terrororganisationen vom Schlag des IS verschoben hat, bleibt nur ein Gewinner übrig: die Islamische Republik Iran. Ausgerechnet jene 1979 im Zuge der iranischen Revolution von Ajatollah Ruhollah Khomeini gegründete schiitische Theokratie, die nach dem Sturz der von den USA protegierten Pahlavi-Monarchie dem Westen allgemein, aber vor allem dem „großen Satan“ Amerika und dem „kleinen Satan“ Israel, ideologisch den Kampf angesagt hatte.

Die Schutzmacht

Wiegte sich der Westen noch bis Ende der achtziger Jahre in der trügerischen Hoffnung, Irans Revolutionsregime würde zusammenbrechen, erwies sich dies immer wieder als Selbsttäuschung. So überstand die neue Regierung in den Anfangsjahren blutige revolutionäre Wirren und harte Richtungskämpfe in der khomeinistischen Machtelite. Zudem überlebte sie auch den 1980 vom irakischen Baath-Diktator Saddam Hussein vom Zaun gebrochenen Iran-Irak-Krieg – ein Konflikt, in dem der Westen den Aggressor unterstützte, um Irans Revolution einzudämmen. Schlimmer noch: Der Krieg rettete die Ajatollah-Theokratie, indem er eine nationale Welle patriotischer Verteidigungsbereitschaft auslöste. Vom Westen misstrauisch beäugt, kommt dem verfemten Revolutionsregime auf der Bühne der Weltpolitik seither unverändert die Rolle des weitgehend isolierten und unberechenbaren Außenseiters zu. 

Dass der Iran, traditionell die Anlehnungs- und Schutzmacht der Schiiten im Nahen Osten, auch innerhalb der fast ausschließlich von Sunniten regierten islamischen Welt isoliert blieb, verwundert nicht. Machte er sich doch mit seiner ideologischen Mission, ein auf Führung der islamischen Welt und auf die Befreiung der „unterdrückten Muslime“ gerichtetes Revolutionsmodell zu verbreiten, viele Feinde. Zugleich erneuerte und vertiefte der revolutionäre Iran damit die 1300 Jahre alte Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten. Denn die Hauptzielgruppen Irans waren vor allem die großen schiitischen Bevölkerungsgruppen im Libanon und im Irak, aber auch in den von Sunniten regierten arabischen Golfstaaten – an ihrer Spitze Saudi-Arabien, das sich als Schutzmacht aller Sunniten weltweit betrachtet. Da Iran der einzige Staat ist, in dem die Schia seit 1501 Staatsreligion ist und der schon immer von den arabischen Staaten durch die persische Sprache und Kultur getrennt war, zwang sein Missionierungsanspruch die schiitischen Gruppen in diesen Ländern, sich zwischen religiöser und nationaler Loyalität zu entscheiden. Was dazu führte, dass die dort lebenden Schiiten als „fünfte Kolonne“ Irans gesehen und oft unterdrückt oder zumindest überwacht wurden.

Strategische Bündnisse

Als der Iran-Irak-Krieg 1988 mit einem Patt endete, kam auch der Revolutionsexport zum Erliegen, dessen Ziel es gewesen war, schiitisch-theokratische Tochterregime außerhalb Irans zu etablieren. Letztlich konnte Teheran seinen Einfluss nur unter den schiitischen Minderheiten in den arabischen Golfstaaten, in Afghanistan, Pakistan und im Libanon spürbar ausbauen. Den größten Erfolg erzielte Teheran im Libanon, wo es 1982 mithalf, die schiitische Hisbollah-Miliz zu gründen, die sich zur politisch, gesellschaftlich und militärisch stärksten Kraft des Zedernstaats und zum treuesten politischen Verbündeten Irans in der Levante entwickelte. Irans Feindschaft zu Israel und dem Irak bot dem Revolutionsregime auch einen gemeinsamen Nenner für ein strategisches Bündnis mit dem säkularen Baath-Regime in Syrien, beherrscht von der schiitisch-alawitischen Minderheit unter Führung von Hafis al Assad, dem Vater von Baschar al Assad. Dieses Bündnis hatte für Iran mehrere Vorteile. So half es, den Einfluss des iranischen Regimes unter den Schiiten im Libanon zu festigen, und es konnte dadurch auch kleinere palästinensisch-sunnitische Gruppierungen, die gegen die israelische Besatzung kämpften, fest an sich binden oder mit ihnen, wie im Fall der auf Selbstständigkeit bedachten und zudem streng sunnitisch orientierten Hamas, Kooperationsbündnisse schließen. 

Nach dem Ende des Iran-Irak-Krieges 1988 und nach dem Tod Khomeinis 1989 suchte die neue Führung des Iran – oder zumindest deren moderater Teil – ihr Heil in einer pragmatischen Außenpolitik. So galt es nun, die Beziehungen zu den regionalen Nachbarn zu normalisieren, um auf diese Weise Irans außenpolitische Isolation, die seiner wirtschaftlichen Gesundung abträglich war, zu beenden. Glaubhaft traten die aufeinander folgenden Präsidenten Akbar Haschemi Rafsandschani (1989–1997) und Mohammad Khatami (1997–2005), die jeweiligen Führer des pragmatischen und reformistischen Flügels der iranischen Macht­elite, dafür ein, dem iranischen Nationalinteresse Priorität gegenüber radikalen ideologischen Prinzipien der Revolution einzuräumen. Doch obwohl diese beiden Präsidenten in ihrer Amtszeit ernsthafte, teils sogar erfolgreiche Anstrengungen für einen friedlichen Ausgleich mit den Nachbarländern unternahmen, blieben die arabischen Staaten, insbesondere Saudi-Arabien, auf der Hut. 

Ungewollte Geschenke der USA

Die Folgen der US-amerikanischen Irakinvasion von 2003 gaben den Ängsten der Araber neue Nahrung. Ohne es zu wollen, machten die USA dem Iran damit ein zweifaches Geschenk. Erstens schafften sie Teherans Führung mit dem Sturz des sunnitischen Diktators Saddam Hussein ihren militärisch stärksten Feind vom Hals. Und zweitens eröffneten sie ihr durch die Einführung eines demokratischen Systems, das die schiitische Mehrheit begünstigte, zuvor ungeahnte Möglichkeiten, ihren Einfluss im Irak auszuweiten. Zugute kamen dem Iran die nun aus dem Teheraner Exil zurückgekehrten irakischen Schiitenparteien, die Bagdads Regierung ab den ersten freien Wahlen von 2005 dauerhaft dominieren sollten – zulasten der zuvor herrschenden sunnitischen Minderheit.

Als alter Freund dieser schiitischen Parteien rückte der Iran zum entscheidenden externen Akteur im Irak auf und füllte schließlich das Machtvakuum, das die USA nach dem Truppenabzug 2011 hinterlassen sollten. Der Irak wurde zu einem politischen Trabanten des Iran. Heute hat der Iran nicht nur in Exekutive, Legislative, Polizei, bei den Geheimdiensten und in der Armee loyale Vertrauensleute, sondern kontrolliert auch zwei Drittel der 120 000 Mann starken schiitischen Milizen, die seit 2014 die Hauptlast der Kämpfe gegen den IS tragen und derzeit auch an der Offensive zur Rückeroberung der letzten IS-Hochburg in Mossul beteiligt sind. Letztlich setzten die USA mit ihrer Irak­invasion einen Prozess in Gang, der die Machtbalance im Irak dauerhaft zugunsten der Schiiten veränderte und damit den Einfluss des Iran erhöhte. Gleichzeitig wurde der Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten in der gesamten Region erheblich verschärft.

Revolutionswächter profitieren

Die wichtigsten Initiatoren und Profiteure der iranischen Expansion sind die Revolutionswächter. Dabei handelt es sich um eine von Khomeini als schlagkräftige Alternative zur regulären iranischen Armee gegründete, 150 000 Mann starke Parallelstreitmacht, die dem Regime als Prätorianergarde dient. Seit 1979 wurden sie zum stärksten Machtpfeiler, auf den sich Khomeini ebenso stützte wie sein Nachfolger Ali Khamenei. Von 1989 an errichteten die Revolutionswächter im Iran ein eigenes Wirtschaftsimperium mit diversen Auslandsfilialen. Sie unterhalten zudem einen eigenen Arm für Untergrundaktivitäten im Ausland, die Quds-Kräfte, die sich unter dem Kommando von General Qassem Soleimani zu einem der amerikanischen CIA vergleichbaren Apparat entwickelt haben. Diese Quds-Kräfte setzen ihre Einflussnahme meist bei schiitischen Minderheiten an, die in ihren jeweiligen Ländern diskriminiert werden und dazu neigen, sich vom Iran durch entsandte Ausbilder und Waffenlieferungen helfen zu lassen. So sind etwa im Libanon, im Irak und in Syrien die jeweiligen iranischen Botschafter auch stets hochrangige Quds-Offiziere. 

Als 2011 der Bürgerkrieg in Syrien zwischen dem alawitisch-schiitischen Regime von Baschar al Assad und den sunnitischen Rebellen ausbrach, boten sich dem Iran auch hier ungeahnte Chancen. Und er nutzte sie: Entschlossen, das angeschlagene Assad-Regime um jeden Preis zu stabilisieren, griff Teheran ihm mithilfe von Milliardenkrediten, Waffen- und Öllieferungen sowie mit Militärberatern tatkräftig unter die Arme. Auf syrischem Boden kämpfen derzeit nicht nur etwa 1500 iranische Revolutionswächter, sondern auch 15 000 vom Iran rekrutierte, ausgebildete und finanzierte schiitische Milizionäre aus dem Irak, aus Afghanistan und Pakistan. Hinzu kommen etwa 5000 schiitische Kämpfer der proiranischen Hisbollah-Miliz aus dem Libanon. Nach Uno-Schätzungen gibt der Iran für sein Engagement in Syrien jährlich etwa sechs Milliarden US-Dollar aus. Im November 2016 verkündete Irans Militärführung, dass seit 2012 mehr als 1000 iranische Soldaten und Offiziere in Syrien gefallen seien. 

Züge eines regionalen Konfessionskriegs

Doch was motiviert Iran, einen so hohen Blutzoll zu zahlen und derart schwere finanzielle Bürden zu tragen? Zum einen bildet Syrien für den Iran nicht nur einen Brückenkopf und Transportkorridor, um seinen engsten Verbündeten im Libanon, die Hisbollah, im Kampf gegen Israel zu unterstützen – etwa durch Lieferung von Waffen und Nahrungsmitteln. Zum anderen dient Syrien dem Iran als Bollwerk im Kampf gegen den IS – diese Terrormiliz gilt Teheran wegen ihrer mörderischen Schiitenfeindschaft als eine existenzielle Bedrohung. Und drittens ringt der Iran auf syrischem Territorium mit Saudi-Arabien um die Position der Hegemonialmacht in Nahost. Durch einen Sturz des Assad-Regimes verlöre der Iran fast jeglichen Einfluss in der Levante. Mit seinem beherrschenden Einfluss in drei arabischen Hauptstädten – Bagdad, Damaskus und Beirut – verfügt der Iran über wichtige Trumpfkarten im Ringen mit Saudi-Arabien um die Vorherrschaft in Nahost. Ein Ringen, das immer mehr die Züge eines großen regionalen Konfessionskriegs annimmt. 

Der regionale Einflussgewinn Irans seit 2003 bestärkte das saudische Königshaus in seiner obsessiven Furcht vor einem von Teheran dominierten Staatenbund, dem „schiitischen Halbmond“ aus Iran, Irak, Syrien und Libanon. Diese Furcht wuchs noch weiter an, als 2012 im Jemen der Bürgerkrieg ausbrach und es dem Iran gelang, auch dort Fuß zu fassen. Denn kurz nachdem der lange herrschende Diktator Ali Abdullah Salih durch Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi abgelöst worden war, erhoben sich in Nordjemen die schiitischen Huthi-Milizen, rissen in großen Teilen des Landes einschließlich der Hauptstadt Sanaa die Macht an sich und vertrieben Hadi ins saudische Exil. Da die Huthi-Milizen politisch und militärisch vom Iran unterstützt wurden, sah sich das saudische Königshaus herausgefordert. Riad rief deshalb 2015 mit einigen anderen Golfstaaten eine Militärallianz ins Leben, deren Truppen seither die Huthis bekämpfen. Doch scheiterten bislang alle Versuche Riads, Hadi wieder an die Macht zu bringen – und das, obwohl Riad inzwischen enorme Summen für diesen Krieg ausgegeben hat, den Beobachter schon als das „Vietnam“ Saudi-Arabiens bezeichnen. 

Verbalattacken statt konkrete Maßnahmen

Und was unternehmen die USA, Riads stärkster Verbündeter, die mit ihrer Präsenz von 35 000 Soldaten am Golf die Sicherheit Saudi-Arabiens und aller Golfstaaten gewährleisten, um Irans Machtexpansion einzudämmen? Bislang wenig Konkretes. Unter Präsident Obama wurde im Juli 2015 das von der Uno abgesegnete Atomabkommen zwischen dem Iran und den fünf Uno-Sicherheitsmächten geschlossen. Im Gegenzug für die Aufhebung eines Großteils der internationalen Wirtschaftssanktionen unterwarf sich der Iran strengen Kontrollen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA. Damit wurden Irans militärische Nuklearentwicklungskapazitäten für zehn bis 15 Jahre auf Eis gelegt und die drohende Gefahr eines israelischen oder US-amerikanischen Militärschlags auf Teherans Atomanlagen abgewendet. 

Trotz massiver Anfechtungen Israels hat das Atom­abkommen bisher alle Härtetests überstanden. Daran änderten auch die gegen Teheran gerichteten Verbalattacken des neuen US-Präsidenten Donald Trump nichts, der im Wahlkampf angekündigt hatte, das Abkommen aufzukündigen. Dass dies wohl nur Theaterdonner war, wurde deutlich, als Teheran Anfang Februar 2017 eine Mittelstreckenrakete testete und damit den Geist des Abkommens verletzte. Statt militärisch zu antworten, beließ es Trumps Regierung bei einer Warnung und einigen eher symbolischen Sanktionen. 

Sanktionspolitik befördert antiwestliche Kräfte

Eines zeichnet sich trotz Trumps Säbelrasseln in Richtung Teheran deutlich ab: Auch seine Administration wird Obamas Kurs wohl oder übel fortsetzen. Der neue amerikanische Präsident hat mehrfach erklärt, dass er Militärinterventionen in Nahost ebenso ablehnt wie kostspielige und letztlich zum Scheitern verurteilte Nationbuilding-Projekte. Und die Risiken eines außer Kontrolle geratenden Konflikts mit Iran sind da einfach zu groß. Außerdem: Sollten die USA das Atomabkommen ohne nachweisbaren iranischen Regelverstoß einseitig aufkündigen, würde sich Wa­shington international isolieren, zumal Russland und China an dem Abkommen festhalten und den Iran schützen würden. Und das aus guten Gründen: Russland, das mit dem Iran in Syrien eng kooperiert, ist Teherans größter Waffen- und Technologielieferant, während China einen Großteil seiner Ölimporte aus dem Iran bezieht. Auch die EU-Staaten würden den USA bei einer unbegründeten Abkehr vom Atomabkommen nicht folgen. Zu verlockend sind für sie die Aussichten auf attraktive Geschäfte mit dem 80-Millionen-Einwohner-Land, das die zweitgrößten Gas- und viertgrößten Erdölreserven der Erde besitzt und das zudem in der Region eine vergleichsweise hohe innen- und außenpolitische Stabilität genießt.

Um Teherans Machtexpansion dennoch einzudämmen, halten die USA unter Trump im Gegensatz zu Europa ihre unilateralen Handels- und Finanzsanktionen gegen den Iran aufrecht. Mehr noch: Unter Verweis auf Menschenrechtsverletzungen des iranischen Regimes und seine Rolle als internationaler Terrorsponsor haben die Vereinigten Staaten Anfang 2017 neue Handelssanktionen verhängt. Damit will Wa­shington die wirtschaftliche Erholung des Iran erschweren und so dessen Expansionsdrang bremsen. Trumps Sanktionspolitik geht allerdings zulasten der um Präsident Hassan Rouhani gescharten und im Volk populären moderaten Kräfte, die eine Politik der Entspannung befürworten. Käme die Wirtschaft nicht auf die Beine, verlören die Moderaten auch den Rückhalt im iranischen Volk, was wiederum die Position ihrer dezidiert antiwestlichen Gegner stärken würde.

Komfortable Situation für den Iran

Ein weiterer Grund für Trumps bisherige „Beißhemmung“ gegenüber dem Iran ist Teherans Beteiligung am Krieg gegen den IS in Syrien und im Irak. So hat sich beispielsweise unter Obama seit 2014 im Irak eine informelle Koordination zwischen den iranischen Revolutionswächtern, die den Großteil der irakischen Schiitenmilizen kontrollieren, und den von den USA entsandten Militärberatern entwickelt. Sie trug maßgeblich zu der seit 2015 erfolgreichen Zurückdrängung des IS im Irak bei. Sollte Trump gegenüber dem Iran auf totale Konfrontation umschalten, würde dem IS also wieder Auftrieb verschafft.

Für Teheran ist die derzeitige Situation also durchaus komfortabel: Saudi-Arabien verharrt gegenüber dem Iran in der Defensive. Auf effektive Hilfe aus der arabischen Welt kann Riad nicht zählen – zumal Ägypten als sunnitischer Partner wegen innenpolitischer Spannungen und einer Wirtschaftskrise weitgehend gelähmt ist. Im Irak, wo die von Riad unterstützte sunnitische Minderheit keine Strategie gegen die Dominanz der Schiiten findet, können die Saudis den Einfluss Teherans nicht zurückdrängen. Und die USA sind immer weniger gewillt, Saudi-Arabien militärisch zu unterstützen. Noch dazu leidet Saudi-Arabien unter sinkenden Erdöleinnahmen und muss seinen Wohlfahrtsstaat zurückstutzen, der dem Königshaus bisher als Garant gegen soziale Unruhen und religiöse Konflikte diente.

War die arabische Welt bis 1979 noch ganz von Sunniten dominiert, leitete Khomeinis iranische Revolution eine Epochenwende ein. Denn mit dem Export der Revolution konnte der schiitische Islam weit in die arabisch-sunnitische Welt vorstoßen. Ob daraus am Ende ein von Teheran und Riad entfachter Großbrand erwächst, liegt allein in den Händen der Protagonisten. 

 

Dieser Text stammt aus der Aprilausgabe des Cicero, die Sie in unserem Online-Shop erhalten.

 

 

 

 

 

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