Flüchtlinge aus Afrika - Den Schleppern auf der Spur

Organisierte Banden schleusen täglich tausende von Menschen aus Afrika nach Europa. Eine BBC-Doku zeigt, warum der Kampf gegen sie so schwer ist

Todesfalle Wüste: Weil das Schleusen von Menschen im Niger illegal ist, weichen die Schlepper auf Nebenwege aus / picture alliance
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Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Shahad kommt aus Bangladesh, und er hat seine Kühe verkauft, um sich einen Traum zu erfüllen. Er will nach Europa, genauer: nach Italien. Dort, so hat man ihm erzählt, finde er Jobs, die besser bezahlt werden als in seiner Heimat. Man, das sind die Menschen, die mit dem Schleusen von Menschen ihren Lebensunterhalt verdienen. Shahad ist von Italien überzeugt: „Dort werde ich ein reicher Mann.“

Wie schwer es ist, den Schleppern ihr Handwerk zu legen, davon erzählt die BBC-Doku „Afrikas Flüchtlinge“, die noch bis zum 13. September 2018 in der ZDF-Mediathek abrufbar ist. Es geht um ein Milliardengeschäft. Jeden Tag brechen in Afrika tausende Menschen nach Europa auf. Sie sind auf der Flucht vor Terror, Krieg und Armut und getrieben von der Hoffnung auf ein besseres Leben. Es sind keine gebildeten Leute. Sonst würden sie den Versprechen der Schlepper nicht auf den Leim gehen.

BBC-Reporter Benjamin Zand beginnt seine Recherche in Libyen, wo eine Million Flüchtlinge auf Stand-by stehen, um nachts mit dem nächsten Schlauchboot überzusetzen – wohin, weiß jetzt keiner mehr genau. Italien hat seine Häfen dichtgemacht. Aber die Schlepper muss das nicht interessieren. Sie setzen die Menschen in völlig überfüllte Boote und schieben sie aufs Meer hinaus. Wenn ihre Kunden Glück haben, werden sie gerettet. Wenn nicht, ertrinken sie oder werden von der libyischen Küstenwache in Camps an der Küste zurückgebracht. Eines davon besucht Zand. 1000 Männer und 200 Frauen und Kinder sind hier eingesperrt wie Hühner in einer Legebatterie. Die Frauen berichten von sexueller Gewalt durch die Wärter. Eine erzählt, sie seien von der Polizei in die Skaverei verkauft worden.

Ein schmutziger Deal mit der EU 

Die EU finanziert diese Lager. Sie überweist auch jedes Jahr 300 Millionen Euro ins benachbarte Niger, der Drehscheibe für Flüchtlinge, die aus Afrika kommen. Beide Länder sollen ihre Grenzen dichtmachen, damit nicht noch mehr Menschen nach Europa kommen. Es ist ein schmutziger Deal, das zeigt die Doku. Die Lebensbedingungen in den libyschen Lagern sind menschenunwürdig. Die Wächter beteuern zwar, sie seien nicht bestechlich. Sie machen aber keinen Hehl daraus, dass Schleusernetzwerke versuchten, sie zu schmieren – mit Millionen von Dollars. 

In Niger hat die Regierung immerhin reagiert und den Schleusern ihre Pick-ups weggenommen. Die waren aber ihre Lebensgrundlage. 5000 Männer sind jetzt arbeitslos. Einigen hat die EU 6000 Euro für eine Umschulung gezahlt. Ob sie das Geld wirklich dafür nutzten, wird bezweifelt. Viele schleusen Flüchtlinge jetzt illegal  - auf Schleichwegen in der Wüste. Dort, so zeigt die Reportage, ist das Risiko, zu sterben, noch höher als zuvor. Wegen sintflutartiger Regenfälle muss das Kamerateam der BBC wieder umdrehen. Sieben Flüchtlinge sterben in der derselben Nacht. Darunter wohl auch einige der Männer, die der Reporter noch am Vortag interviewt hatte. Sie kamen aus Nigeria. Sie wollten nach Italien. Dort, so hatte man ihnen erzählt, seien sie willkommen. 

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