US-Einreiseverbot für Muslime - Die Polarisierung ist gewollt

Die Empörung über das Einreiseverbot für Menschen aus bestimmten muslimischen Ländern in die USA ist groß. Doch die Protestler reagieren genau so, wie es Donald Trump und seine Berater gewollt haben. Diese interessieren sich nicht für linke Befindlichkeiten oder Gesetze, sondern schüren bewusst Chaos, Angst und Hass

Anti-Trump-Proteste: bewusst provozierte Wut / picture alliance
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Auf den ersten Blick wirkt das von US-Präsident Donald Trump erlassene Einreiseverbot für alle Flüchtlinge und Menschen aus sieben muslimischen Staaten wie ein grober Fehler. Die vielen Proteste aus dem mehr oder weniger linken Lager werden er und sein Team erwartet haben. Auch die verzagte Kritik aus den Reihen der Republikaner, von abgehalfterten Strategen wie John McCain oder Lindsey Graham, mögen sie noch verkraften. Wenn aber einflussreiche Leute wie der designierte Außenminister Rex Tillerson, Pentagon-Chef James Mattis und Heimatschutzminister John Kelly zumindest intern ihren Unmut kundtun, wird‘s schon enger. Und ganz schwierig macht es die Reaktion von wichtigen Unternehmen, mit denen der Geschäftsmann Trump, der nach Eigeneinschätzung die Wirtschaft besser versteht als jeder andere, doch eigentlich gut können sollte. Doch Nike, Starbuck’s, Apple und Google – sie alle gehören zu den wertvollsten Firmen der USA und der Welt – haben sich mit deutlichen Worten vom US-Präsidenten distanziert.

Der Islamische Staat feiert Trump

Und das sind nur die Auswirkungen innerhalb der USA. Politiker aus Deutschland, der EU und mehreren anderen den USA eigentlich wohlgesonnenen Ländern sind öffentlich auf Distanz gegangen, während Lob nur vom sogenannten Islamischen Staat kam. Als „bester Werber für den Islam“ wurde Trump von Islamisten in Sozialen Medien gefeiert.

Ist Trump also schon in der zweiten Woche seiner Amtszeit zu weit gegangen?

Bewusste Provokation

Wer so denkt, unterschätzt wie schon im Wahlkampf ihn und sein Team. Das Heraufbeschwören von Chaos gehört zum Standardrepertoire der Trump-Einflüsterer Steve Bannon und Stephen Miller. Trump verfolgt genau die Art Politik, die Bannon, nun Chefberater des Präsidenten und seit neuestem auch Mitglied im Sicherheitsrat, in seinem rechten Blog Breitbart propagiert hat. Miller ist Trumps Redenschreiber und gab auf den Wahlkampfveranstaltungen eine Art Einheizer. Gemeinsam sollen Bannon und Miller den Plan des Einreiseverbots entwickelt haben, ohne sich dabei von anderen Mitgliedern des Kabinetts beraten zu lassen. Beide sind keine Juristen und haben keine Erfahrung mit den Nuancen der Politik. Es ist anzunehmen, dass sie die legalen und politischen Konsequenzen der Verfügung einfach ausgeblendet haben.

Es interessiert sie nicht, in den Meinungsspalten der von ihnen als Mainstream-Presse gescholtenen Medien gut wegzukommen. Diesen zu trotzen ist Bannerschrei. Der Zorn der Gerichte kümmert sie genauso wenig. Richter sind für sie nur Bauernopfer in einem Spiel, in dem sie auf mächtigere politische und wirtschaftliche Kräfte setzen. Am wenigsten fürchten sie sich vor den Protesten der linksliberalen Elite. Viel wahrscheinlicher ist, dass sie genau darauf gesetzt haben, um die Protestler als ordnungsstörend und unpatriotisch darstellen zu können. Weil den Demonstranten Bürgerrechte wichtiger seien als die nationale Sicherheit. Genau das wollen die Trump-Fans hören. 

Dilemma für Linksliberale

Auf beiden Seiten aber werden Angst und Wut zunehmen. Und genau das wollen Bannon und Miller offenbar bezwecken. Die Radikalisierung der US-amerikanischen Politik ist ganz in ihrem Sinne. Vermutlich war das Einreiseverbot gegen Muslime nur eine von vielen gezielten Provokationen, auf die man sich in den kommenden Jahren einstellen sollte. Trumps Gegner finden sich dann in einem Dilemma wieder: Umso intensiver und wütender sie Maßnahmen wie diese bekämpfen, umso mehr tragen sie ihrerseits zu der gewollten Polarisierung der Gesellschaft bei.

Dass es auch anders gehen kann, zeigt die Wirtschaft. Gerade hat der Bier-Konzern Anheuser Busch (Budweiser) seinen Werbespot für den Super-Bowl vorgestellt, dem Sportereignis, dass immer noch die Kraft hat, die Amerikaner zu vereinen. Der Spot erzählt, wie der Unternehmensgründer als Flüchtling ins Land kam und dort die Firma gründete. Es ist der amerikanische Traum, wie er auf der Freiheitsstatue formuliert ist: „Gebt mir eure Müden, eure Armen, eure geknechteten Massen, die frei zu atmen begehren, die bemitleidenswerten Abgelehnten eurer gedrängten Küsten, schickt sie mir, die Heimatlosen, vom Sturme Getriebenen.“ Unter Trump wird es wohl weniger dieser Erfolgsgeschichten geben. Und das ist ein Problem, das die Wirtschaft erkannt hat. Vielleicht wird es auch der Geschäftsmann Trump irgendwann verstehen.

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