Antisemitismus-Debatte - Tropfenfolter zum Frühstück

In der Debatte um Antisemitismus und die landesweiten Kippa-Aktionen treten auch Journalisten immer wieder als Aktivisten auf. Dabei versuchen sie, den Islam als Hauptadressaten der Kritik zu verschleiern

Die Kippa-Aktionen gegen Antisemitismus haben einen klaren Adressaten/ picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Radiohören am frühen Morgen ist manchmal wie Tropfenfolter. Ein Tropfen ginge ja noch. Aber dann geht das weiter und weiter und weiter, immer auf die gleiche Stelle, bis man vor Schmerzen laut schreien möchte. So wie am heutigen Mittwoch in einem, sagen wir: einfühlsamen Interview der der Moderatorin des Deuschlandfunk mit Ferda Ataman. Ataman wird als Journalistin bezeichnet, ist aber Aktivistin. Zwei Stühle, eine Meinung. Das ist ohnehin ein Grundübel unserer Zunft seit geraumer Zeit. Dass zu viele Kolleginnen und Kollegen Aktivismus statt kühl-analytischem Journalismus in kritischer Äquidistanz betreiben.

Als Sprecherin einer Initiative namens „Neue deutsche Organsationen“ sagte Ferda Ataman dann vor dem Hintergrund der Kippa-Aktionen in Berlin und in anderen Städten heute Abend: Antisemitismus sei nicht nur ein muslimisches Problem, sondern eines in der Breite der Gesellschaft.

Ein sedierender Wohlfühlsatz für all jene, die bereit sind, für die Aufrechterhaltung einer korrekten Gesinnung auch in brenzligen Situationen die Wirklichkeit durch ein dickes Milchglas zu betrachten, damit die sichtbaren Konturen auf jeden Fall verschwinden.

Importierter muslimischer Antisemitismus

Ja, ja, ja und nochmal Ja! Es gibt Antisemitismus in verschiedenen Bereichen unserer Gesellschaft. Widerlich ist das. Aber die aktuellen Fälle, das Mobbing auf den Schulhöfen, das Rappen widerlicher Texte und das Einschlagen mit der Gürtelschnalle auf Kippaträger in dem Straßen von Berlin haben einen einzigen, nur einen Hintergrund: einen muslimischen. Dieser aktuelle Antisemitismus ist nicht heimisch, home grown. Sondern importiert.

Weil das Juste Milieu der Aktivisten-Journalisten das aber nicht benennen möchte, wird mit geradezu atemberaubender Skrupellosigkeit versucht, diesen offenkundigen Befund zu verwässern. Das Problem einzubetten in einen scheinbar existierenden Kontext, um der Erkenntnis auszuweichen, die der frühere Soft-Night-Talker Jürgen Domian in einer fulminanten Erklärung im Kölner Stadtanzeiger klipp und klar ausgesprochen hat:

„Mich wundern derartige Vorkommnisse überhaupt nicht“, schreibt er. „Ich rechne ständig mit ihnen. Sie sind auch die Frucht der Ignoranz. Einer Ignoranz, die gerade in linksliberalen und intellektuellen Kreisen seit Jahrzehnten grassiert. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich bin seit mehr als 30 Jahren SPD-Mitglied, und ich kenne die reflexartige Abwehr, wenn man Kritik an Kultur und Tradition unserer muslimischen Freunde äußerte. Schnell wurde man in die rechte Ecke geschoben. Dieses Verhalten hat die AfD so erst möglich gemacht.“

Diesen Worten ist nichts hinzuzufügen. Außer erstens: auch dieser Aktivismus-Journalismus hat die AfD erst möglich gemacht, und zweitens:  Domian wird der Hinweis auf seine 30-jährige SPD-Mitgliedschaft mutmaßlich nicht davor feien, von den politischen Platzanweisern dieser Republik in eben jene Ecke gestellt zu werden.

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