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Ein Klassiker aus dem Osten: Soljanka / dpa

Pikant-säuerlicher Eintopf - Das originale Soljanka-Rezept für einen ostalgischen Herbst

Die Liste der kulinarischen Errungenschaften der DDR ist überschaubar. Doch die ursprünglich aus Russland stammende und zum ostdeutschen Traditionsgericht gewordene Soljanka hat die Wende überlebt. Das hat gute Gründe, findet Rainer Balcerowiak.

Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Der Herbst ist da. Das Grill-Equipment kann eingemottet werden, leichte, sommerliche Speisen werden allmählich von wärmenden Eintöpfen und Suppen abgelöst. Der Oktober ist aber auch eine besonders geschichtsträchtige Zeit. Vor 71 Jahren wurde die DDR gegründet, vor 30 Jahren hat sie sich durch ihren Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland aufgelöst.

Zwar war das allgemein zugängliche Lebensmittelangebot zwischen Suhl und Kap Arkona im Vergleich zum „Westen“ recht limitiert, und das kulinarische Vermächtnis des Arbeiter- und Bauernstaates ist relativ überschaubar. Doch ein Standardgericht hat die Wende recht gut überstanden und hat es auch verdient, im wiedervereinigten Deutschland Beachtung zu finden.

Trotz Versorgungsengpässe: Soljanka gab’s immer

Die Rede ist natürlich von der Soljanka, die ihren Ursprung in ländlichen Gebieten Russlands hatte. In der DDR konnte man mitunter den Eindruck gewinnen, dass Soljanka eine Art Sammelbegriff für allerlei erfindungsreiche und nicht immer gelungene Formen der Resteverwertung ist. Denn eine Geschmackspolizei, die auf die Einhaltung gewisser Regeln bei der Zubereitung bestimmter Gerichte achtete, gab es dort nicht. Aber wenigstens war eine Speise dieses Namens auch in der verwunschensten HO-Gaststätte in der tiefsten Pampa immer erhältlich, selbst wenn alles andere auf der Karte bereits alle war.

Und auch die legendären Versorgungsengpässe bei bestimmten Gütern führten eigentlich nie dazu, dass die Grundzutaten für die häusliche Zubereitung einer anständige Soljanka nicht erhältlich waren  
Grund genug also, dem Traditionsgericht wieder mit gebührender Sorgfalt zu begegnen. Man unterscheidet im Wesentlichen drei Arten Soljanka, je nachdem, ob Fleisch, Fisch oder Pilze die vorherrschenden Zutaten sind. Allen gemein ist aber die Beigabe von sauer eingelegtem Gemüse, wie etwas Gurken, Paprika oder Mixed Pickles.

Kochen mit Gurkenwasser? Unbedingt!

Wir stürzen uns mit Heißhunger auf die Fleischvariante. Da kann man flexibel sein und gerne auch Reste verwenden. Üblich sind vor allem Pökelfleisch, Speck, Schinken (auch geräuchert), Salami und Würstchen, aber wohl kaum alles gleichzeitig. Das wird dann zusammen mit Zwiebeln goldbraun in Öl angebraten. Als frisches Gemüse fügt man Paprika- und Karottenstreifen dazu. Es folgen das eingelegte Gemüse (aus dem Glas) und Tomatenmark. Das alles wird dann mit Rinderbrühe und Gewürzgurkenwasser abgelöscht und mit Salz, Pfeffer und Lorbeerblatt 20 Minuten geköchelt. Optional kann man auch noch Sauerkraut, Kapern und Knoblauch dazugeben.

Von eingelegten Pilzen – wird manchmal empfohlen – rät die Geschmackspolizei allerdings dringend ab: Sie schmecken eigentlich immer scheußlich. Auf die fertige Suppe kommen dann auf dem Teller noch ein ordentlicher Klecks saure Sahne und eine Scheibe Zitrone. Gerne kann man die Soljanka bereits am Vortag zubereiten, denn dann schmeckt sie noch besser. Und man muss nun wirklich kein DDR-Nostalgiker sein, um dieses sehr spezielle, säuerlich-pikante Gericht als Bereicherung seiner kulinarischen Erfahrungswelt zu empfinden.

Soljanka

Zutaten für vier Personen

100 g durchwachsener Speck
200 g weitere Fleisch- und Wurstprodukte (Schinken, Salami, Pökelfleisch, Fleischbrät, Würstchen usw. beliebig sortiert)
1 Gemüsezwiebel
1 rote Paprika
1 Karotte
3 eingelegte Gewürzgurken,
1 Salzgurke
100 g Tomatenmark
1 l Rinderbrühe
300 ml Gewürzgurkenwasser
1 Becher saure Sahne
1 Zitrone
Salz, Pfeffer, Lorbeerblatt.
Optional zusätzlich: Kapern, Knoblauch, Mixed Pickles, Sauerkraut

 

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Yvonne Stange | Sa., 10. Oktober 2020 - 15:12

.... schmecken NIEMALS scheußlich, es sei denn, man kauft das eklige Wessi-Zeug. Süß-sauer, die besten gab es als Konserven aus Polen, sind sie ein Genuß!
Ansonsten wieder mal ein Artikel inklusive Ossi-Bashing, an sich nicht lesenswert, jeder echte Ossi kann Soljanka kochen, der braucht das Rezept nicht.

Jens Böhme | Sa., 10. Oktober 2020 - 15:47

In Soljanka wurde alles reingeworfen, was man fand, aufgekocht und umgerührt. Nach der Wende ist Soljanka, insbesondere Wurstsoljanka, Reste und abgelaufene Lebensmittel nicht wegzuwerfen sondern zu verwerten. Im Grunde genommen warme Arme-Leute-Mahlzeit oder an Wurstbuden sehr ertragreicher Gewinn für den Budenbesitzer.

Barbara Piele | So., 11. Oktober 2020 - 10:38

Antwort auf von Jens Böhme

Das hätte sich der Gourmet-Schreiber absolut schenken können. Einmal - zwangsweise in Ostberlin probiert weil "eingeladen" - never ever again. Da kann man auch Putzlappen reinwerfen, ordentlich lange durchkochen. Merkt kein Mensch. -- Dieses "Rezept" - lieber Cicero - hätte ich mir absolut verkniffen. Oder sollte das für die 30-Jahr-Feier sein?!

Tomas Poth | Sa., 10. Oktober 2020 - 20:15

"Lass uns das Leben genießen, solange wir es nicht verstehen"
(Kurt Tucholsky)

Werner Kistritz | Sa., 10. Oktober 2020 - 21:58

Ich möchte mich ganz herzlich dafür bedanken, daß uns hier dieser Gedankenaustausch zur Verfügung gestellt wird.

Tonicek Schwamberger | So., 11. Oktober 2020 - 10:28

Ich glaube: Nein. Am bekanntesten ist die Ukrainische Soljanka, die auch auf den meisten Restaurants der DDR zu finden war. Heute vergeht mir meist der Appetit nach einer solchen Soljanka, wenn es auf eben diesen reaturants Preise von etwa 5 € für eine Tasse Soljanka sehe.
Ich bin viel in Rußland, auch in der Ukraine, dort bestelle ich mir fast täglich diese Suppe, weil sie ausgezeichnet zubereitet wird, sehr "original" ist und noch dazu preisgünstig; enttäuscht wurde ich bisher fast nie.