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Rot-grüne Koalition - Wider die ökonomische Vernunft

Eine rot-grüne Koalition wäre der finanzielle Ruin für viele Bürger, prophezeit Wolfgang Kaden. Die Grünen würden immer realitätsfremder, die SPD-Linke finanziell immer utopischer, findet er.

Autoreninfo

ist Journalist und Volkswirt. Er war erst Chefredakteur des Spiegel, dann bis 2003 des Manager Magazins. 2002 erhielt er den Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik

So erreichen Sie Wolfgang Kaden:

Im ersten Kapitel ihres Wahlprogramms bemühen sich die Sozialdemokraten mächtig um Glaubwürdigkeit. „Zu häufig“, lesen wir da, „wurde von Parteien … vor Wahlen viel versprochen und nach der Wahl wenig gehalten.“ Die SPD werde es dieses Mal anders machen: „Was wir versprechen, werden wir halten.“

Hoffentlich nicht. Die Sozialdemokraten sollten der Tradition folgen und wortbrüchig werden. Im Interesse dieses Landes – seiner Bürger, seiner Arbeitnehmer und auch der Empfänger von Staatshilfen.

Die beiden möglichen Regierungsparteien haben offenbar nichts gelernt aus den Erfahrungen der südeuropäischen Notleider; nichts aus dem Desaster, das die Sozialisten gerade in Frankreich anrichten. Und ihre eigenen Errungenschaften aus den Regierungsjahren von 1998 bis 2005 wollen sie auch ausradieren.

Die Steuern für Besserverdienende, die sie einst gesenkt haben, sollen drastisch erhöht werden. Den Arbeitsmarkt, den sie einst fit für die globalisierte Wettbewerbswelt machten, wollen sie nun wieder rigoros unter staatliches Kuratel stellen. Das deutsche Modell, in der Eurozone auch dank rot-grüner Reformen zum Vorbild geworden, soll mutwillig zerdeppert werden.

Unter der Führung des notorischen Besserwissers Jürgen Trittin haben die Grünen sich immer mehr in eine wirklichkeitsferne und moralisierende Sozialromantik hineingesteigert. Es geht nur noch darum, wie der Staat das Sozialprodukt umverteilt; wie es hergestellt wird, kümmert die grünen Weltverbesserer nicht.

Der Wandel der SPD ist noch bemerkenswerter. Der einzige Parteipromi, der dort noch für ökonomische Vernunft stehen könnte, ist Peer Steinbrück. Doch der war offenkundig so scharf darauf, seine letzte Karrierechance zu nutzen, dass er widerstandslos alles schluckte, was Sigmar Gabriel und die Parteilinke ins Programm schrieben.

Die SPD und, in potenzierter Form, die Grünen haben wenig ausgelassen, was dem Industriestandort Deutschland Schaden zufügen würde. Einschränkungen bei der Zeitarbeit, Ausweitung der Mitbestimmung, Begrenzung von Minijobs, flächendeckender Mindestlohn. Bis hin zu einer „Anti-Stress-Verordnung“, um der allgemeinen Burnout-Hysterie auch noch gerecht zu werden.

Mindestens so verwegen wie die Pläne für den Arbeitsmarkt ist die rot-grüne Steuerpolitik: höherer Spitzensteuersatz, Schleifen des Ehegattensplittings, deutlich höhere Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung, höhere Abgeltungsteuer oder Abschaffung derselben, Vermögensteuer/-abgabe. Und, und, und …

 

Die größten Schäden würde die Auferstehung der Vermögensteuer anrichten. Die wird dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot nur gerecht, wenn sie betriebliches Vermögen nicht besser behandelt als privates. Das aber hieße, die Abgaben für Unternehmen würden steigen. Kapitalintensive Betriebe – vor allem jene mit großem Maschinenpark – wären besonders betroffen. Die Folgen dieser rot-grünen Verheißung sind jetzt schon zu sehen. Vor allem mittelständische Familienunternehmer, denen ein Gutteil des deutschen Wirtschaftscomebacks zu verdanken ist, üben bei Investitionen Zurückhaltung oder schmieden Abwanderungspläne.

Die Rot-Grünen haben Programme geschrieben, als habe Deutschland eine rein nationale Ökonomie. Als ob dieses Land seinen Wohlstand auf einer Insel der Seligen schaffen würde, und nicht mit Unternehmen, die aufs Engste mit der Weltwirtschaft verflochten sind.

Es ist nicht das erste Mal, dass Politiker die Belastbarkeit der Unternehmen testen wollen, hier wie andernorts. Das ist nie gut gegangen. Jedes Mal zeigte sich, dass ein Übermaß an Abgaben und an Regulierung des Arbeitsmarkts am Ende zu mehr Arbeitslosigkeit und zu weniger Wohlstand führt.

Dies ist kein Plädoyer gegen jedwede Umverteilung. Ungleichheit muss natürlich korrigiert werden. Bereits heute wird hierzulande knapp ein Drittel des Sozialprodukts für den sozialen Ausgleich verwendet. Das obere Viertel der Einkommenspyramide sorgt für 77 Prozent der Einnahmen aus der Lohn- und Einkommensteuer. Wer dieses Viertel noch stärker belasten will, muss wissen, dass er nicht nur die Superreichen trifft, sondern vor allem jene gut Ausgebildeten, die dem Land seinen Wettbewerbsvorsprung sichern.

Ich plädiere auch nicht gegen soziale Sicherheit für Arbeitnehmer. Doch die rot-grünen Programmschreiber haben ausgeblendet, warum ihre Parteien einst die Hartz-Gesetze durchgekämpft haben: Es gibt Grenzen, jenseits derer die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft leidet. Unternehmen brauchen in einer Weltwirtschaft, die sich immer schneller verändert, Flexibilität, auch in der Beschäftigung. Wer diese Beweglichkeit einschränkt, mindert die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts D.

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