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(picture alliance) FDP-Generalsekretär Christian Lindner prüft in der Krise auch seine liberalen Werte

FDP - „Beim Sozialstaat haben wir noch viel zu tun“

FDP-Generalsekretär Christian Lindner räumt im CICERO-Interview Nachholbedarf seiner Partei beim Sozialstaat ein. Zugleich fordert er Milliardeneinsparungen bei den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten. Das volle Interview lesen Sie in der neuen Ausgabe des CICERO.

Was ist eigentlich aus Guido Westerwelles Projekt einer „geistig-politischen Wende“ geworden? Davon hat man lange nichts mehr gehört.

Vergleichen wir doch einfach. Die Vorgängerregierungen haben die Verschuldung erhöht, wir machen weniger Schulden als geplant. Rot-Grün und die Große Koalition haben die Bürgerrechte eingeschränkt, wir schaffen wirksamere Sicherheitsbehörden ohne Schnüffelei. Vorher wurde der bürokratisch verholzte Umverteilungsstaat ausgedehnt, wir verbessern die Chancen auf einen Arbeitsplatz. Bei Hartz IV zum Beispiel ist nicht einfach der Transfer erhöht worden, sondern wir haben ein Bildungspaket geschnürt. Wir haben einen ersten Schritt gemacht, um die Zuverdienstgrenze zu Hartz IV zu verbessern, damit Arbeit anstatt Arbeitslosigkeit finanziert wird. In diese Richtung wollen wir weitergehen. Beim Sozialstaat haben wir noch viel zu tun – das Thema kommt in Kürze wieder auf die Tagesordnung.

Woran denken Sie da konkret?

Wir sollten die arbeitsmarktpolitischen Instrumente massiv eindampfen und auf jene beschränken, die wirklich auch etwas bringen. Auf diesem Gebiet kann man Milliarden Euro für die Beitragszahler einsparen und gleichzeitig dieses Maßnahmehopping für die Betroffenen reduzieren. Wir haben zum Beispiel zuletzt auch die Zuverdienstgrenzen zu Hartz IV erhöht, damit die Menschen mehr von dem behalten können, was sie im Job dazuverdienen. Das kostet zwar auch Geld, aber man zollt den Menschen damit Respekt für ihre Arbeit und gibt ihnen die Möglichkeit, sich schrittweise dem ersten Arbeitsmarkt zu nähern. Gut 90 Prozent derjenigen, die zwischen 800 und 1000 Euro dazuverdienen, stehen nach zwei Jahren wieder auf eigenen Füßen. Die Koalition wird da im kommenden Jahr noch einmal eine Verbesserung prüfen.

Das ist das liberale Verständnis von Sozialstaat: Chancen eröffnen und Arbeit honorieren statt Umverteilen und Stilllegen. Das wird auch bei der nächsten Bundestagswahl die Frage sein: Wollen die Menschen mehr von dem, was wir schrittweise erreicht haben, also Bürgersouveränität, Fairness statt Umverteilung, Freiheit statt Gleichheit? Oder überlassen wir das Ruder SPD und Grünen, die von der Agenda-Politik für die neue Mitte wieder bei der alten Linken angekommen sind?

Sie gehen also davon aus, dass Angela Merkel auch nach 2013 noch mit Ihrer Partei regieren will.

Die Union ist zwar offensichtlich auf Identitätssuche, das hat die Debatte im Sommer gezeigt. Persönlichkeiten wie Friedrich Merz oder Roland Koch fehlen. Die Alternative zu dieser Koalition ist aber nur eine Regierung weit links der Mitte. In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg gibt es die schon – mit mehr Schulden, der Einebnung des Schulsystems und dem Gewürge bei Stuttgart 21. Insofern sind CDU, CSU und FDP zum Erfolg verpflichtet.

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