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(picture alliance) Frauen an die Macht - besser für die Unternehmen

Gläserne Decke - Frauen auf die Kommandobrücke!

Frauen in Führungspositionen, muss das sein? Nach dem Motto agieren noch immer die meisten deutschen Unternehmen und stehen damit abseits ihrer europäischen Nachbarn. Jetzt gibt es Schützenhilfe für den weiblichen Nachwuchs und die kommt – Überraschung – aus der Wirtschaft

Frauen auf der Brücke – das kann ja nicht gut gehen. Haben wir ja eben erst wieder im italienischen Mittelmeer gesehen. Capitano Schettino verlor im Angesicht einer blonden Moldawierin kurzzeitig den Überblick und setzte das ihm unterstellte Kreuzfahrtschiff auf die Felsen. Elf Tote wurden bisher aus dem Wrack geborgen.

Dieser Vorfall ereignete sich in Italien. Dem Land, in dem ein durch und durch berlusconisiertes Fernsehprogramm Frauen als großbusige Staffage präsentiert. Ein Land, in dem die Emanzipation in den Kinderschuhen steckt. Oder sind das nur Klischees? Vielleicht sollten wir Deutschen vorsichtiger sein mit überheblichen Schlussfolgerungen dieser Art.

Schaut man sich die Entwicklungen in der Arbeitswelt an, sind es ganz andere Fakten, die uns zu denken geben sollten. Wahrscheinlich hätte es ein deutscher Kapitän nicht zugelassen, nahe an einer felsigen Inselkante entlang zu fahren, um die Familie des von Giglio stammenden Chefkellners zu grüßen. Was aber in unseren Führungsetagen, sozusagen auf unseren Schiffsbrücken, los ist, ist nicht weniger beschämend als die Ereignisse auf der Costa Concordia.

In Bezug auf Frauen in Führungspositionen, rangieren wir auf dem hinterletzten europäischen Platz. Vor Deutschland liegen nicht nur Irland, Finnland und Schweden sondern auch England, die Schweiz, Frankreich und Dänemark, die Niederlande, das zur Zeit so belächelte Italien, Spanien und Belgien, dann kommen – Achtung – Polen, Österreich und Luxemburg.

Zählt man die börsennotierten Unternehmen mit mindestens einem weiblichen Vorstandsmitglied, gemessen an der Gesamtzahl der Unternehmen im jeweiligen Land, belegt Deutschland einen beschämenden 15. Platz. Während bei allen anderen Ländern die Prozentzahlen des Anteils der weiblichen Vorstandsmitglieder im zweistelligen Bereich liegen – Italien mit 31 Prozent immerhin im Mittelfeld – dümpelt Deutschland mit peinlichen acht Prozent dahin.

Auf der nächsten Seite: Der Laden, der die Zahlen herausgab, steht nicht gerade im Verdacht, linken Hirngespinsten hinterherzuträumen

Und wer prangert diese Zahlen an? Es ist keine linke Gewerkschaftsstudie, die hier zitiert wird sondern eine Analyse der renommierten Unternehmensberater Ernst & Young zu „gemischten Führungsteams und ihrem Einfluss auf die Unternehmensperformance“.  Dieser Laden steht nicht gerade im Verdacht, Spökenkiekerei zu betreiben und linken Hirngespinsten hinterherzuträumen. Ernst & Young arbeitet mit Fakten. Es geht um Gewinne, Verluste, um zählbare Ergebnisse. Und so könnte der Bericht ernster genommen werden als viele andere kritische Töne gegenüber der sogenannten gläsernen Decke, die die Frauen an der Karriere hindert.

Ernst & Young konstatieren in ihrer Analyse: „Unternehmen mit weiblichen Vorstandsmitgliedern haben sich im Zeitraum von 2005 bis 2010 bei den Kennziffern „Umsatz“ und „Gewinn“ besser entwickelt als Unternehmen ohne weibliche Vorstandsmitglieder.“ Dass diese Überzeugung bei den Entscheidern ankommt, dafür ist es höchste Zeit. Weil die Wichtigkeit von Frauen in den Vorstandsetagen längst nicht bei denen angekommen ist, die es interessieren sollte. Das ist in den vergangenen Tagen wieder einmal klar geworden: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat gerade in einem Managerinnen-Barometer festgestellt, dass sich der Frauenanteil in Deutschlands Aufsichtsräten und Vorständen großer Unternehmen und Banken im Jahr 2011 kaum verändert hat. Und das, obwohl das Thema in der Öffentlichkeit auf deutlich mehr Interesse stößt als noch vor einigen Jahren.

Aber was nützt die schönste öffentliche Meinung, wenn Unternehmen und Politik die Augen verschließen? Schön zu beobachten war das in der Vergangenheit bei der Diskussion zwischen Familienministerin Kristina Schröder und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen. Während von der Leyen die ungenügenden Anstrengungen der DAX-Unternehmen immer wieder rügte – „in diesem Schneckentempo können wir nicht weitermachen", "keine Visitenkarte für einen herausragenden Industriestandort wie Deutschland“ –, versucht Schröder seit Monaten, einen dubiosen Deal mit den höchstdotierten Firmen in Deutschland als Erfolg zu verkaufen: Schröders zweifelhafte Idee ist, dass die Unternehmen freiwillig die Frauenquote einführen. Wirklich abgenommen hat der Familienministerin das Gelingen dieses Konzepts bis heute keiner.

Nun legen Ernst & Young den Finger in die Wunde. Doch gleichzeitig ist dies auch die Wunder der Unternehmensberater selbst. Frauen in Führungspositionen, Fehlanzeige. Der Geschäftsbericht des Jahres 2011 weist bei den Mitgliedern der Geschäftsführung und des Aufsichtrates eine Menge Herberts, Christians, Jörgs oder Stephans aus. Und eine einzige Ulrike.
 

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