Studie zur Impfbereitschaft - Impf Dich reich!

Berliner Sozialwissenschaftler haben sich die Frage gestellt, wie sich die Impfbereitschaft bei Unentschlossenen steigern ließe. Statt auf Argumente setzen die Forscher auf Hausärzte, Geld oder Grundrechteentzug. Die Ergebnisse verstören, die Studie selbst noch mehr.

Demonstrantin gegen den Impfzwang / dpa
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Ralf Hanselle ist stellvertretender Chefredakteur von Cicero. Im Verlag zu Klampen erschien von ihm zuletzt das Buch „Homo digitalis. Obdachlose im Cyberspace“.

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Freiheit ist ein billiges Gut. Für gerade einmal 50 Euro ist sie zu haben. Auf diese sicherlich zynische Formel ließen sich die Ergebnisse einer Studie der Humboldt Universität zu Berlin sowie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung  bringen, in der untersucht wurde, mit welchen psychologischen Anreizen sich die Impfbereitschaft in der Bevölkerung erhöhen ließe. 

Als Arbeitshypothese wurde dabei vorausgesetzt, dass mindestens 60 bis 70 Prozent einer Bevölkerung geimpft sein müssen, um eine sogenannte Herdenimmunität zu erreichen. Mögliche Kreuzimmunitäten, wie sie jüngst erst wieder durch eine Studie einer Arbeitsgruppe um Martin Dugas von der Universität Münster untersucht wurden, sind in dieser Annahme also erst gar nicht berücksichtigt worden.

Da in Deutschland laut Umfragen derzeit 17 Prozent der Bevölkerung unentschlossen sind, was die Impfung mit einem Corona-Vakzin in Notfallzulassung angeht und weitere 16 Prozent eine Impfung generell ablehnen, haben sich die Forscher die Frage gestellt, wie man die Gruppe der Unentschlossenen vielleicht doch noch ins Impfzentrum oder gegebenenfalls zum Hausarzt bringen könnte.

Drei sogenannte Stimuli wurden dabei untersucht: die „Rückgabe von Freiheiten für Geimpfte“, „finanzielle Anreize“ sowie die „Impfung durch Hausärzte“. 20.500 Personen hat man befragt. Das Ergebnis: Einzeln könne jede der drei Strategien die Impfbereitschaft um etwa fünf Prozentpunkte erhöhen, in Kombination sogar um bis zu 13 Prozentpunkte.

Und nun der Clou: Bei den finanziellen Anreizen hängt es letztlich von der Summe ab, die man bisherigen Verweigerern für den Weg zur Nadel auf den Tisch legen würde. Während etwa 25 Euro kaum von Bedeutung wären, wären 50 Euro bereits ein trefflicher Grund, Sorgen um die körperliche Unversehrtheit an den Nagel zu hängen.

Man könnte über derlei schwache Überzeugungen natürlich die Nase rümpfen. Über derartige Studien indes auch. Die Gewährung von Grundrechten war 71 Jahre lang mehr als eine Nudging-Strategie. Sozialwissenschaft, die das Heiligste, was der Rechtsstaat zu vergeben hat, zu Werbemätzchen einer Impfkampagne herunterstuft, sollte sich bei Gelegenheit noch einmal Rat suchend an die Kollegen der Jurisprudenz  und der Philosophie wenden.

Die Studie finden Sie hier.

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