Rezession - Boom vorbei, und jetzt der Knall?

Auch die neuesten Zahlen des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung weisen den Weg in die Rezession. Schon eine kurze Schwäche der Konjunktur birgt große Gefahren. Kommt auch noch der Euro ins Schlingern, drohen uns Deflation, Pleiten und Arbeitslosigkeit

Boom vorbei, aber kommt auch der große Knall? / picture alliance
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Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Zuvor war er bei der Boston Consulting Group (BCG). Zuletzt erschien sein Buch „Ein Traum von einem Land: Deutschland 2040“.

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Die Ursache jeder Krise ist der vorangegangene Boom, lautet ein bekanntes Bonmot der Wirtschaftswissenschaft. Zu recht, legen doch die Entwicklungen im Aufschwung die Saat für künftige Probleme: so war es vor der Finanzkrise mit der zunehmend unseriösen Finanzierung von Immobilien in den USA, so war es vor der Eurokrise mit der ausufernden Verschuldung von Staaten und Privaten in den heutigen Krisenländern. Und so wird es auch in Deutschland sein, wenn der anhaltende Aufschwung seit dem Tiefpunkt der Finanzkrise nunmehr zehn Jahre andauert, sein Ende findet. 

Die Anzeichen für ein Ende der guten Jahre sind nicht mehr zu übersehen. Immer mehr Branchen und Unternehmen geben den Abbau von Arbeitsplätzen bekannt. Umfragen zeigen wenig überraschend ein sich rasch verschlechterndes Stimmungsbild bei den Unternehmen. Das Münchner Ifo-Institut teilte nun das Ergebnis seiner monatlichen Umfrage unter rund 9.000 Managern mit. Der Geschäftsklimaindex sinkt weiterm, nun auf 94,3 Punkte von 95,8 Zählern im Vormonat. Es ist der niedrigste Wert seit November 2012.

Es ist also Zeit, sich auf den Abschwung einzustellen. Dazu gehört zwingend, sich die Gründe für den Boom, den wir in den letzten Jahren erlebt haben, genauer anzusehen. So sieht man klarer, was auf uns zukommt.

Künstlicher Boom

Der Boom der letzten Jahre war nur zum Teil unser Verdienst. Natürlich verfügen wir über hervorragende Unternehmen, gut ausgebildete und fleißige Arbeitnehmer und eine ungebrochene Innovationskraft. Als Lieferant von Ausrüstungsgütern waren wir wie kaum ein anderes Land prädestiniert, von der Globalisierung und Industrialisierung der Welt zu profitieren. Wer industrielle Kapazitäten aufbaut, kommt in vielen Bereichen um deutsche Anbieter nicht herum, wer seinen Aufstieg demonstrieren will, fährt gerne ein Auto Made in Germany. 

Wichtigster Kunde wurde in den letzten Jahren China. 2008 exportierten wir Waren im Wert von 34 Milliarden Euro in die Volksrepublik, 2017 waren es 86 Milliarden. Die Volksrepublik ist damit der drittwichtigste Absatzbvvarkt für deutsche Produkte, nach den USA und Frankreich und vor den Niederlanden und Großbritannien. Die indirekte Wirkung Chinas auf die deutschen Exporte dürfte mindestens ebenso groß sein. Der Rohstoffhunger des Landes hat wiederum zu steigenden Einkommen in anderen Ländern geführt, die dann ebenfalls mehr Autos und Maschinen bei uns einzukaufen. 

Problematisch ist, dass der Aufschwung in China mit einer massiven Verschuldung einhergeht, was die Nachhaltigkeit dieses Aufschwungs in Frage stellt. Immerhin die Hälfte der weltweiten Schulden wurde in den letzten zehn Jahren in China gemacht. Der Anteil Chinas am weltweiten Schuldenberg legte im gleichen Zeitraum von fünf auf fast 25 Prozent zu. Die Schulden außerhalb des Finanzsektors wuchsen von drei Billionen US-Dollar im Jahre 2005 auf 22 Billionen heute. Dabei nahm die Wirkung der aufgenommenen Schulden auf das BIP des Landes immer mehr ab, Folge von massiven Fehlinvestitionen und Überkapazitäten. Kein Wunder, dass die Wachstumsraten in China zurückgehen, verstärkt durch Bemühungen der Regierung von der Droge des billigen Geldes wegzukommen. Bisher allerdings ohne Erfolg.

Gut wirtschaften wie die Norweger

Auch die Nachfrage aus anderen Regionen und der Eurozone war nur deshalb so stark, weil die Notenbank in Folge der Finanz- und Eurokrise die Zinsen nach unten getrieben und damit weitere Verschuldung gefördert haben. So liegt die weltweite Verschuldung deutlich über dem Niveau von 2008 und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Fortsetzung der Überschuldungskrise beginnt. 

Aus deutscher Sicht unerfreulich ist, dass unseren enormen Erfolgen im Außenhandel entsprechende Kapitalexporte gegenüberstehen. Wir sind Exportweltmeister mit Waren und Dienstleistungen aber eben auch von Ersparnissen. Als solche sind wir einer der größten Gläubiger in der Welt, was angesichts der Rekordverschuldung keine gute Idee ist. Vor allem weil es uns nicht gelingt, unsere Ersparnisse im Ausland gut anzulegen. Im Gegenteil zeigen Studien, dass die Rendite, die wir mit unserem Auslandsvermögen erzielen im internationalen Vergleich erbärmlich sind. Hätten wir ähnlich gut gewirtschaftet wie die Norweger, hätten wir alleine seit 2008 pro Kopf der Bevölkerung 30.000 Euro mehr.

In einem Euro-Boot mit Italien

Ein weiterer wichtiger Faktor für unsere Exporterfolge war die Schwäche des Euro. Hätten wir noch die Mark, hätte diese ähnlich wie der Schweizer Franken deutlich aufgewertet, die Exporte gebremst und Importe befördert. Stattdessen sitzen wir in einem Boot mit Ländern wie Italien, die eine deutlich schwächere Währung brauchen, um international wieder wettbewerbsfähig zu werden. Es war unstrittig das Ziel der EZB über tiefe Zinsen die Finanzierung der Staaten zu sichern, den hoch verschuldeten Unternehmen und privaten Hauhalten zu helfen und den Euro international zu schwächen. Bisher mit Erfolg, wobei davon naturgemäß Deutschland als traditionell exportstarkes Land besonders profitierte. 

Nur so ist der enorme Anstieg der Exporte in den letzten 20 Jahren zu erklären. Immer mehr wurde Deutschland zu einer Volkswirtschaft, die vom Außenhandel dominiert wird. Die Außenhandelsquote stieg von 44,0 Prozent im Jahr 1990 auf 70,8 Prozent im Jahr 2017. Mit dazu beigetragen hat die Lohnzurückhaltung seit Beginn des Jahrtausends, als die hohe Arbeitslosigkeit, Folge eines überteuerten Eurobeitritts, mit den Reformen der Agenda 2010 bekämpft wurde. 

Es waren gute 10 Jahre, die wir erlebt haben. Doch waren sie nicht die Folge besonders guter (Wirtschafts-) Politik hierzulande, sondern getragen von zunehmenden Ungleichgewichten in der Weltwirtschaft. Vieles spricht dafür, dass diese sich nun dem Ende nähern und wir als Land herzlich schlecht darauf vorbereitet sind.

Immer mehr Zombi-Unternehmen

Seit 2009 setzen die Notenbanken der Welt darauf, mit billigem Geld die Verschuldung anzureizen, um so die Realwirtschaft zu stimulieren. Angesichts der mobilisierten Summe – die fünf wichtigsten Notenbanken haben zusammen ihre Bilanzen um mehr als 12 Billionen US-Dollar ausgeweitet – kann man nur von einem moderaten Erfolg sprechen. Der Aufschwung war der schwächste seit dem zweiten Weltkrieg und die Wirtschaft und das Finanzsystem bleibt abhängig vom billigen Geld. Dabei sinkt die Produktivität neuer Schulden immer mehr. Erbrachte ein Dollar neue Schulden 2007 in Europa noch 0,46 Dollar BIP sind es heute 0,38. Nicht besser sieht es in den USA (0,45 auf 0,4) und China aus (0,69 auf 0,39)

Selbst in den Schwellenländern haben neue Schulden eine immer geringere Wirkung (0,83 auf 0,52). Dahinter steht neben einer immer schlechteren Verwendung der neuen Schulden für Spekulationen und Konsum vor allem die Tatsache, dass ein immer größerer Teil der neuen Schulden dazu dient, die Bedienung der vorhandenen Schulden vorzugaukeln. Hinzu kommt ein immer größerer Anteil an Unternehmen, die nur noch zu Nullzins in der Lange sind, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die Wissenschaft spricht von Zombies, die zwar noch existieren aber nicht in der Lage sind zu innovieren und investieren. 

Unweigerliche Folge: eine weitere Abschwächung des weltweiten Wirtschaftswachstums, was kein Land so stark trifft, wie Deutschland, welches viel mehr von Exporten abhängt als beispielsweise China oder die USA.

Allen fehlt Nachfrage

Vor allem befinden wir uns in einer Welt, in der immer verbitterter um Nachfrage gekämpft wird. Schon vor dem Handelskrieg des Donald Trump war ein deutlicher Anstieg des weltweiten Protektionismus festzustellen. Deutschland gerät da – durchaus zu Recht – auf die Anklagebank, basiert doch unsere gute Konjunktur- und Beschäftigungslage auf der Nachfrage aus dem Ausland. Der schwache Euro und die geldpolitische Stimulierung der Notenbanken sind überproportional bei uns angekommen. Zwar zahlen wir dafür ebenfalls einen hohen Preis in Form von Nullzins auf unseren Ersparnissen und erheblichen latenten Lasten für die europäische Solidarität im Rahmen des Euro, vordergründig sind wir aus Sicht des Auslandes das Land, welches den meisten Nutzen zieht und keinen Beitrag zur Lösung der Probleme leistet. Dabei hätten wir diesen auch im eigenen Interesse leisten können, hätten wir mehr im eigenen Land investiert. Ein eindeutiges Versagen der hiesigen Politik.

Damit ist es nur eine Frage des „wann“, nicht des „ob“ es zu Strafzöllen auf deutsche Automobile in den USA kommt. Die Hauptwählerschicht Trumps dürfte es positiv aufnehmen, wenn entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Fraglich ist, ob die EU sich dann tatsächlich so solidarisch zeigt, wie erhofft. Wesentliches Ziel der USA dürfte sein, den Agrarmarkt zu öffnen, ein Thema, welches für Frankreich ein Tabu darstellt. Da Frankreich faktisch keine Autos in die USA verkauft, könnte es gut sein, dass Deutschland dann recht alleine dasteht. 

Hinzu kommt, dass auch innerhalb der EU und der Eurozone die deutschen Exportüberschüsse sehr kritisch gesehen werden. Alles was dazu beiträgt, die deutsche Wirtschaft zu schwächen dürfte so – wenn auch hinter vorgehaltener Hand – auf Zustimmung treffen. 

Schon eine kurze Rezesssion schadet

Ein weiteres Risiko für den Aufschwung stellt das nach wie vor marode Bankensystem der Eurozone dar. Je nach Schätzung fehlen den Banken Europas bis zu 1000 Milliarden Euro. Die Politik des billigen Geldes hilft zwar den Schuldnern der Banken die Illusion der Bedienung ihrer Verpflichtungen aufrecht zu erhalten, unterminiert aber nachhaltig die Ertragskraft der Banken. Ihre Margen sind zu gering, um die erforderlichen Kapitalreserven zu bilden für vergangene und künftige Verluste. Die Probleme der deutschen Banken unterstreichen dabei, dass es sich keineswegs nur um Probleme in anderen Ländern der Eurozone handelt. 

Es genügt bereits eine kurze Rezession, um die ungelösten Probleme der europäischen Schuldenkrise wieder aufbrechen zu lassen. Allen Beteuerungen der europäischen Politiker zum Trotz, wurde die Eurozone in den letzten Jahren nicht wetterfest gemacht. Lediglich dem „whatever it takes“ Verprechen der EZB verdankt der Euro überhaupt noch seine Existenz. In der nächsten Rezession wird sich das bitter rächen, vor allem weil die EZB mit einem kranken Bankensystem keine ausreichende Handlungsfreiheit mehr hat. In der Verschleppung der Bankenkrise ähnelt die Eurozone fatal dem Beispiel Japans, welches sich bis heute nicht von den Folgen der eigenen Finanzkrise vor dreißig Jahren erholt hat. 

Wir brauchen Inflation

Ohnehin sehen alle Experten in der Eurozone das Hauptproblem für die Weltwirtschaft. Vordergründig stabilisiert durch die aggressive Politik der EZB hat sich Europa – getragen von Deutschland – auf den Export konzentriert. Während die Binnennachfrage schwächelt, sollen die Exporte die Wirtschaft beleben. Zugleich bleiben die eigentlichen Probleme einer Währungsunion, die weniger Gemeinsamkeiten hat wie eine hypothetische Währungsunion aller Länder der Welt, die mit einem „M“ beginnen wie die US-Investmentbank JP Morgan vor einigen Jahren vorrechnete ungelöst. Die Verschuldung ist weiter gestiegen und die Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedsländer hat sich weiter auseinanderentwickelt.

Richtig wäre es, die faulen öffentlichen und privaten Schulden zu restrukturieren – was mit Verlusten für die Gläubiger verbunden wäre – und zugleich jene Länder, die im Euro niemals wettbewerbsfähig sein können aus der Union zu entlassen. Beides aus Sicht der Politik unakzeptable Schritte, weshalb wir es weiter mit einem Spiel auf Zeit zu tun haben werden, in dem darauf gehofft wird, dass es der EZB gelingt (endlich!) die erhoffte Inflation zu erzeugen. 

Deutschen Privathaushalte am ärmsten

Parallel dazu wird es Bemühungen geben, den Euro über mehr Umverteilung zu stabilisieren. Dazu gehören die Ideen einer gemeinsamen Arbeitslosenversicherung und einer Bankenunion, die beide nichts anderes als Transfermechanismen von den reicheren Staaten zu den Ärmeren darstellen. Deutschland steht dabei angesichts der Handelsüberschüsse immer unter besonderem Druck, als vermeintlicher Gewinner des Euro mehr zu leisten. Keine Rolle spielt dabei, dass der IWF vorgerechnet hat, dass die Umverteilung enorm sein müsste, um eine Wirkung zu erzielen und die Tatsache, dass die deutschen Privathaushalte trotz der Exporterfolge zu den ärmsten der Eurozone gehören und es damit einer Umverteilung von arm zu reich gleichkommt. 

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis zusätzliche Belastungen für Euro-„Rettungs“-Aktionen die hiesige Konjunktur zusätzlich belasten. Kommt es zu einer neuen Krise, in deren Zentrum wohl Italien stehen dürfte, wäre ein schwerer Konjunktureinbruch unvermeidlich. 

Die Alterung wird spürbar

Neben diesen externen Faktoren, die unsere immer mehr vom Ausland abhängige Volkswirtschaft bedrohen, sind es hausgemachte Probleme, die in den kommenden Jahren die wirtschaftliche Entwicklung belasten werden. 

Da ist zum einen der einsetzende Rückgang der Erwerbsbevölkerung. 44,6 Millionen Menschen mit Arbeitsort in der Bundesrepublik zählte das Statistische Bundesamt im April 2018 und konstatierte damit erneut einen Rekord. In den kommenden Jahren dreht sich der Wind. Die geburtenstarken Jahrgänge erreichen das Rentenalter und es steht ein deutlicher Rückgang der Erwerbsbevölkerung in Deutschland bevor. So zeigt eine Langzeitprognose des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), dass die Zahl der Männer und Frauen im erwerbsfähigen Alter bis zum Jahr 2060 um rund 6,9 Millionen zurückgeht. In den Zahlen ist bereits eingerechnet, dass künftig mehr Frauen erwerbstätig sind und ältere Beschäftigte länger in ihrem Beruf bleiben. Auch eine Bruttozuwanderung von 400.000 Menschen im Jahr ist in dieser Projektion berücksichtigt. 

Ohne Zuwanderung wird die Zahl der Erwerbspersonen noch deutlich schneller sinken. Bereits im Jahr 2030 wäre die Zahl der Arbeitskräfte um 3,8 Millionen tiefer, 2050 gäbe es bereits knapp 11,4 Millionen weniger Arbeitskräfte; bis zum Jahr 2060 würde die Lücke auf rund 15 Millionen steigen.

Wirtschaftswachstum ist einfach zu erklären: je mehr Menschen arbeiten und je produktiver sie sind, desto höher das Wachstum der Wirtschaft. Da wir nun vor einem Rückgang der Erwerbsbevölkerung stehen und vor allem gut qualifizierte Menschen aus dem Erwerbsleben ausscheiden, ist geringeres Wachstum die zwingende Folge. Theoretisch könnten wir wie Japan den Rückgang durch entsprechende Produktivitätssteigerungen kompensieren, praktisch müssen wir allerdings feststellen, dass dies nicht der Fall ist. Die Produktivitätszuwächse sind so gering wie seit Jahrzehnten nicht und die Zuwanderer sind nicht ausreichend qualifiziert. 

Alte Industrien sind anfällig

Wir waren bisher erfolgreich in der Verteidigung unserer Position in einigen Industrien und damit weitaus anpassungsfähiger als andere Länder. Jedoch macht die Abhängigkeit von bestehenden Industrien und die geringe Fähigkeit zur Entwicklung neuer Industrien, anfällig für Schocks und Strukturbrüche.

Vor einem solchen steht die Automobilindustrie, der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) räum offenbar keine guten Überlebenschancen einräumt. Beim Europäischen Rat Ende Juni 2017 malte sie die Zukunftsaussichten von Deutschlands wichtigstem Industriezweig mit rund einer Million Beschäftigten in düsteren Farben. Jeder wisse, dass die Autoindustrie in ihrer heutigen Form nicht überleben werde. Unstrittig ist, dass der Schwenk zu autonomem Fahren und Elektrofahrzeugen der deutschen Schlüsselindustrie jeglichen Wettbewerbsvorteil nimmt. Die Softwaregiganten aus den USA und die Batterielieferanten aus Asien verteilen die Märkte neu. 
Noch können wir hoffen, dass es der Automobilindustrie gelingt, den Wandel zu bewältigen und dabei am Standort Deutschland festzuhalten. Sicher ist das nicht. 

Auf tönenden Füßen

Deutschland und die Eurozone stehen vor der nächsten Rezession, wenn sie nicht schon mittendrin sind. Die EZB, der einzige bisher aktive Akteur, hat allerdings schon ein Großteil der Munition verschossen. Die Zinsen sind bereits negativ, Wertpapiere im Billionen-Volumen wurden erworben. Natürlich kann sie diese Politik noch aggressiver fortsetzen und sie wird das zweifellos unter der Führung von Christine Lagarde tun. Parallel dazu werden weiteren Maßnahmen ergriffen werden, um Ausweichreaktionen der Bürger zu verhindern, vor allem durch weitere Einschränkung der Bargeldnutzung. 

Doch dürften diese Maßnahmen nicht ausreichen, um die Eurozone zu stabilisieren. Schon bisher war die konjunkturelle Wirkung eher die Folge der Abwertung des Euro als einer gestärkten Binnennachfrage. Diesmal wird der Versuch einer weiteren Schwächung des Euro jedoch auf erbitterten Widerstand der anderen Länder, namentlich der USA treffen. Nicht zufällig hat Donald Trump unmittelbar nach der letzten Ankündigung Mario Draghis, nochmals zu lockern, wütend getwittert, dass dies nur dazu diene, den Euro weiter „unfair“ zu schwächen. 

Damit dürfte die EZB als Retterin ausfallen. Ihre Maßnahmen werden relativ zu den Gegenmaßnahmen der anderen Länder zu klein ausfallen und zu spät kommen. Für einen Währungskrieg ist die Notenbank der Eurozone schlichtweg nicht gerüstet. 

Staat als Retter?

Angesichts dieser Aussichten wundert es nicht, dass immer mehr Experten nach einer stärkeren Rolle der Staaten rufen. Diese sollten ungeachtet der schon hohen Verschuldung mit kreditfinanzierten Konjunkturprogrammen die Wirtschaft beleben und so eine neue Rezession und womöglich existenzbedrohende neue Eurokrise verhindern. Passend dazu gibt es immer mehr Vorschläge für eine direkte Finanzierung der Staaten durch die Notenbanken, um die Rezession abzuwenden. Alle Akteure wissen nur zu gut, dass sich unsere überschuldete Welt keine Rezession leisten kann, zu groß ist die Gefahr eines Ableitens in eine Deflation mit fallenden Vermögenspreisen, Pleitewellen und drastischer konjunktureller Arbeitslosigkeit. 

Es ist schwer vorstellbar, dass andere Länder Konjunkturprogramme auflegen, die dazu führen, dass mehr aus Deutschland importiert wird. Wahrscheinlicher ist, dass wir noch mehr protektionistische Maßnahmen sehen werden, wenn die hiesige Politik nicht bei den schuldenfinanzierten Programmen mitmacht.

Dennoch dürfte es eine Weile dauern, bis sich die deutsche Politik dazu durchringt, die Konjunktur zu fördern. Statt dringend erforderlicher Entlastungen für die Bürger denken unsere Politiker bekanntlich über neue Lasten nach. 

Geht es dem Esel...

… zu gut, geht er aufs Eis. So zumindest das Sprichwort. Nach zehn Jahren Aufschwung – getrieben von billigem Geld und schwachem Euro – kann man nur feststellen, dass wir vergessen haben, dass es der wirtschaftlichen Grundlagen bedarf, um die politischen Projekte von mehr sozialer Gerechtigkeit bis zu Klimaschutz zu finanzieren. Vermutlich ist dieses Desinteresse von Politik und Öffentlichkeit für die nachhaltige Sicherung unseres Wohlstandes der eindeutigste Indikator dafür, dass der Aufschwung zu Ende geht. 

Während die Politik in den letzten zehn Jahren nichts für die Sicherung des Wohlstands getan hat und sich stattdessen auf Umverteilung und die Verwirklichung mehr oder weniger sinnvoller sozialer Projekte konzentriert hat, droht nun das bittere Erwachen. Eine ganze Generation wird feststellen, dass es nicht selbstverständlich ist, dass es Arbeit und Wohlstand gibt. 

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