Neue private Altersvorsoge - Kommt jetzt Europa-Riester?

Eine private Altersvorsorge, rentabel und für alle Europäer erschwinglich – das klingt auf den ersten Blick zu schön, um wahr zu sein. Die geplante Europarente soll aber genau das liefern. Doch der Gesetzesentwurf lässt noch einige entscheidende Fragen offen.

Ein europäischer Binnenmarkt für private Altersvorsorge entsteht / dpa
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Autoreninfo

Jan Schulte, Jahrgang 1994, studierte Volkswirtschaftslehre und Sozialwissenschaften an der Universität zu Köln und besuchte die  Kölner Journalistenschule. Er ist Mitgründer des Wirtschaftsjournalistenbüros dreimaldrei.

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Am Freitag wird die Europäische Versicherungsaufsicht EIOPA der EU-Kommission ihren Gesetzesentwurf für die Europarente vorlegen. Unterstützt von einem Expertenbeirat hat sie über ein Jahr daran gearbeitet. Die ersten Produkte der sogenannten Pan-European Pension Product, oder kurz: PEPP, dürften damit Ende 2021 auf den Markt kommen.

Die Europarente wurde bereits vom Europäischen Parlament verabschiedet und von den Staats- und Regierungschef offiziell angenommen. Dass sie wirklich kommt, ist damit gewiss. In dem Gesetzesentwurf geht es um ihre genaue Umsetzung. Mit der Europarente will die EU all ihren Bürgern die Möglichkeit zu einer privaten Altersvorsorge bieten. Unter anderem Banken, Versicherer, Startups und Vermögensverwalter werden PEPPs anbieten dürfen.

Große Konkurrenz zum Vorteil der Kunden

PEPP-Sparer werden zwischen verschiedenen Anlagemöglichkeiten wählen können. In jedem Fall wird es einen Basistarif geben, den alle Anbieter bereit halten müssen. Für diese Option sind die Kosten für die Kunden laut aktuellem Entwurf auf ein Prozent des angesparten Kapitals begrenzt.

Die EU schafft mit der Europarente erstmals einen Binnenmarkt für Rentenprodukte. Anbieter erhalten dadurch die Möglichkeit, ihre Produkte EU-weit anzubieten.

Einer dieser Anbieter könnte das junge Unternehmen Vantik sein. „Gerade für uns als Startup ist das sehr attraktiv“, sagt Til Klein. Er ist CEO und Gründer von Vantik und als einziger Startup-Vertreter Teil des Expertenbeirates. Die große Konkurrenz könnte auch Kunden zugutekommen – wenn sie sich denn am Ende bei all den unterschiedlichen Produkten zurechtfinden können.

Zwei kritische Punkte

Es gibt allerdings zwei wesentliche Punkte, die am Ende entscheiden werden, ob die Europarente wirklich funktioniert. Dazu gehören zum einen die Mitgliedsländer. Denn sie können selbst festlegen, wie stark sie am Ende die einzelnen Produkte steuerlich fördern wollen. Ohne staatliche Vorteile wie etwa bei Riester dürften sich viele Menschen wohl eher für andere Produkte entscheiden. Dann wäre die Europarente nur noch für die Bürger der EU-Nationen interessant, in denen es kein stark ausgeprägtes Rentensystem gibt.

Der zweite kritische Punkt ist die Frage der Kapitalsicherung für das Basisprodukt der Europarente. Dieses Produkt müssen alle Anbieter der Europa-Rente ihren Kunden zur Verfügung stellen. Je höher dazu die Auflagen sind, desto sicherer wird für Kunden zwar die Anlage, aber desto geringer wird auch die Rendite. Die Riester-Rente etwa hat vor allem deshalb so niedrige Renditen, weil Anbieter das Kapital sogar garantieren müssen. Das ist für sie im Normalfall sehr teuer, da sie dafür Eigenkapital hinterlegen müssen. Die Anbieter legen deshalb das ihnen anvertraute Geld eher zurückhaltend an, um das Ausfallrisiko zu senken. Das drückt die Rendite.

Ausreichende Absicherung der Sparer

Der Gesetzesentwurf für die Europarente lässt auch andere Möglichkeiten für die Anbieter offen, das eingezahlte Geld der Kunden beim Basisprodukt zu sichern, als nur über das Eigenkapital. Die Auflagen seien insgesamt deutlich geringer als etwa für Riester in Deutschland, sagt Klein. „Deutschland bekommt damit eine Lösung auf dem Silbertablett geliefert.“

Eine Möglichkeit zum Kapitalerhalt könnte zum Beispiel eine Art Sicherheitspuffer sein, wie ihn etwa Kleins Startup Vantik eingerichtet hat. Die Idee: Alle Kunden zahlen in diesen Sicherheitspuffer ein, das Geld daraus wird nur im Krisenfall wieder ausgezahlt. Sollte es also zu einer Finanzkrise wie etwa 2008 kommen würden all diejenigen, die in dieser Zeit in Rente gehen, aus diesem Topf bezahlt.

Ob eine solche Methode am Ende der EIOPA als Absicherung für die Sparer genügt, bleibt zunächst abzuwarten. Die Versicherungsaufsicht will verschiedene Möglichkeiten zur Sicherung des Kapitals prüfen. Klein geht aktuell davon aus, dass sein Modell den Ansprüchen am Ende gerecht werden wird.

Auflagen zum Kundenschutz

Bedarf für die Europarente dürfte es durchaus geben. Laut der EU-Kommission haben nur 27 Prozent der Europäer zwischen 25 und 59 Jahren bisher eine private Altersvorsorge abgeschlossen. „Die Europarente wird ein sehr verbraucherfreundliches Produkt“, sagt Klein. Denn die EU hat eine ganze Reihe von Auflagen zum Schutz der Verbraucher formuliert. Dazu gehört unter anderem eine detaillierte Beratung zu den Produkten, die Anbieter vornehmen müssen – inklusive eines Eignungstests der Sparer. Der soll Kunden dabei helfen, das richtige Produkt für ihre aktuelle Situation zu finden.

Zudem sollen Sparer alle fünf Jahre sowohl das Produkt als auch den Anbieter kostenlos wechseln können. Die Gebühren und Kosten für die unterschiedlichen Produkte müssen die Anbieter transparent aufzeigen. Hinzu kommt noch ein weiterer Vorteil der Europarente: Wer in ein anderes EU-Land umzieht, kann seinen Anbieter behalten.

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