Rainer Langhans wird 80 - Aus Versehen berühmt

Heute feiert Rainer Langhans seinen 80. Geburtstag, und alle gratulieren. Langhans ist der letzte Überlebende der berühmten Kommune 1 – neben Uschi Obermaier. Aber seinen Ruhm verdankt er nicht der Politik, sondern, ja, wem eigentlich?

Kopulieren geht über Demonstrieren: Rainer Langhans / dpa
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Autoreninfo

Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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1968 war ein ereignisreichen Jahr. Da war der Vietnamkrieg. Der Prager Frühling. Der Mord an Martin Luther King. Und dann war da noch die berühmte Kommune 1, die Mutter aller Wohngemeinschaften, Keimzelle der deutschen Studentenrevolution.

Ich wette, 90 Prozent von Ihnen haben die Kommune 1 entweder nicht mehr auf dem Schirm, oder runzeln die Stirn, wenn Sie den Namen lesen. Die restlichen sind noch zu jung, um getriggert zu werden. Sie kennen diese WG nur noch aus dem Geschichtsbuch oder aus dem Gemeinschaftskunde-Unterricht. Ein nicht mehr ganz junger Lehrer, der Breitcordhose trägt und das verbliebene  Resthaar einmal quer über den Kopf gescheitelt hat, hat ihnen vielleicht mal mit leuchtenden Augen erzählt, wie das war, 1968, als der Rainer Langhans mit der Uschi Obermeyer ... Freie Liebe – und so.

Korpulieren geht über demonstrieren 

Es ist jetzt 50 – nein, genaugenommen schon 51 Jahre her – dass der Fotograf Thomas Hesterberg jenes berühmte Foto dieser WG machte, auf dem die Bewohner ihre nackten Hintern der Kamera entgegenstrecken. Dass sich dieses Bild ins fotografische Gedächtnis der Nation eingebrannt hat, ja, dass man heute überhaupt noch weiß, was die Kommune 1 war, verdankt die Republik aber im Wesentlichen einem Mann: Rainer Langhans (4. Hintern von rechts) .

Er ist der letzte noch lebende Kommunarde, neben Uschi Obermaier, der einzigen Frau aus der Kommune 1. Und als solcher tingelt er heute noch immer durch die Talkshows und Dschungelcamps, der ewige Apo-Opa, ein lebendes Fossil, ein Untoter. Heute wird er 80. Man kann dieser Nachricht kaum entgehen. Heute ist Rainer-Langhans-Tag. Überall kann man jetzt nochmal lesen, wie das damals war, als die Studenten alle demonstrierten – bis auf den Rainer und die Uschi aus der Kommune 1. Die hatten für so ein Gedöns keine Zeit. Die mussten sich selbst revolutionieren und freie Liebe machen. 

Keine Glückwünsche von Uschi 

Die FAZ zeigt den „Luftgeist mit vollem Haar“ wie Spitzwegs Armen Poeten sitzend im Bett, bloß ohne Nachtmütze, aber mit einem Laptop auf der Decke und schreibt darunter: „Bürgerschreck, Dschungelstar und Prophet: So jung wie er wäre mancher Altachtundsechziger gerne geworden“. Dem Spiegel  hat Langhans gesagt, dass er Trump und Facebook ziemlich toll findet und dass er, wenn es das Internet damals schon gegeben hätte, vermutlich ein YouTubeStar geworden wäre.

Und der Münchener Boulevardzeitung tz vertraute er an, dass er von Uschi Obermaier keine Glückwünsche zum 80. Geburtstag erwartet  „Wir sind so zerstritten, dass sie nur noch schreit, wenn sie ein Wort von mir am Telefon hört. Sie wurde in den letzten Jahren immer negativer – auch in Bezug auf die 68er. “

Das Private ist politisch 

Man muss sich diesen Satz nochmal auf der Zunge zergehen lassen. Es ist seine ganz persönliche Bilanz der 68er-Revolution. Alles, was davon übrig geblieben ist. Krach mit Uschi. Aus der Traum von der Versöhnung des einstigen Traumpaares. Kein Anschluss unter dieser Nummer.

Aber wie ist es Langhans überhaupt gelungen, zur Ikone einer Revolution zu werden? Wo er doch eigentlich nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass es ihm immer in erster Linie um seine eigene Sinnsuche  ging und um – na klar, Uschi. Aber nie darum, einen Finger zu rühren, um die Gesellschaft zu verändern. Seine politische Untätigkeit versteckte er hinter dem Slogan:  „Das Private ist politisch.“

Aus Rücksicht auf den Harem 

Man kann fragen, ob er, der Frauenversteher nicht in Wirklichkeit ein sexuell verklemmter Wirrkopf war, der sich zur richtigen Zeit in die richtige Frau verliebte und seinen Ruhm im Wesentlichen auf der Frage begründete, ob er nun mit Uschi Obermaier geschlafen hat oder nicht. Aber aus Rücksicht auf die Frauen in seinem „Harem“, mit denen er heute in einer virtuellen Kommune zusammenlebt, wollen wir diese Frage an dieser Stelle nicht vertiefen. Heute ist schließlich sein Geburtstag, und man wird nur einmal im Leben 80.

Happy birthday, Rainer!     

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