Islam und Protestantismus - Was macht der Bischof im Moscheebauverein?

Kisslers Konter: Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche wirbt für eine neue Münchner Moschee. Mit dieser Staatsaktion dreht Heinrich Bedford-Strohm aber Martin Luther eine Nase und erweist den Muslimen einen Bärendienst

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Alexander Kissler ist Redakteur im Berliner Büro der NZZ. Zuvor war er Ressortleiter Salon beim Magazin Cicero. Er verfasste zahlreiche Sachbücher, u.a. „Dummgeglotzt. Wie das Fernsehen uns verblödet“, „Keine Toleranz den Intoleranten. Warum der Westen seine Werte verteidigen muss“ und „Widerworte. Warum mit Phrasen Schluss sein muss“.

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Luther kam nicht bis nach Mekka. Manchen aufrechten Protestanten wurmt das noch heute. Hätte der Prophet aus dem Mansfelder Land den Orient nur betreten: Wer weiß, denkt sich der aufrechte Protestant, was aus dem Islam Gutes hätte werden können. Tat es der katholischen Kirche etwa nicht gut, dass Luther einmal nach Rom kam und bald darauf eine Reformation in Gang setzte? Eine solche protestantische Erneuerung wünschen Evangelische heute dem Islam und darum trat nun Heinrich Bedford-Strohm, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, einem Moscheebauverein bei.

Ach nein, keine reine Moschee soll entstehen, sondern ein „Münchner Forum für Islam“, eine mit 35 Millionen Euro Baukosten kalkulierte Moschee mit Minarett und Begegnungsräumen und einer „Fassade aus raffiniert geformten Stelen“. Die Finanzierung ist seit Jahren ungewiss, doch vielleicht sorgt Kuratoriumsmitglied Bedford-Strohm neben staatspädagogischen Impulsen für das nötige Kleingeld. Dass des Bischofs Herz aufgeht, wenn er Moscheen sieht und den Muezzin hört, darf als gesichert gelten. Er erklärte vor drei Jahren, die „Begegnung mit dem Reichtum anderer Glaubenstraditionen“ mache ihn zu „einem glücklicheren Menschen“, und er wurde in den „Nürnberger Nachrichten“ mit den Worten zitiert, es könne „berührend und bereichernd sein (...), wenn man sich vom Ruf des Muezzins mit hineinnehmen lässt in dessen Gottesdienst“.

Kirchen sehen dem europäischen Islam auf die Finger


Groß und weit ist das bischöfliche Herz, es hat für alle Platz, auch für konkurrierende Anbieter auf dem Weltanschauungsmarkt. Das „Münchner Forum für Islam“ verschreibt sich selbstredend der „Wahrung islamischer Identität“. Das Bekenntnis zu Allah und dessen Propheten soll gepflegt werden. Damit dabei die Grenzen der Verfassung gewahrt bleiben, braucht es im demokratischen Wächteramt Christen, erfahrene Funktionärschristen wie Bedford-Strohm oder dessen Kuratoriumskollege Alois Glück vom Zentralkomitee der Katholiken. Beide erklärten nun, sie sähen ihre Aufgabe darin, jene „Kräfte im Islam zu stärken, die die Werte des Grundgesetzes bejahen“. Ja, damit kann man offenbar die Muslime nicht allein lassen, da müssen die Veteranen des Staatskirchenverhältnisses ran und dem europäischen Islam auf die Finger sehen. Nichts eint EKD und ZDK mehr als die Überzeugung, eine aufgeklärte sei eine staatsnahe Religion. Diese Lektion soll jetzt dem Islam vermittelt werden – unbeschadet der Erkenntnis, dass diese Lektion zum Massenexodus der Katholiken und Protestanten aus ihren jeweiligen Kirchen geführt hat. Oder ist genau das das Ziel der Abbruchverwaltungsexperten, die Zähmung und Entkernung der dritten monotheistischen Religion?

Die freundliche ökumenische Übernahme dreht Jesu Missionsbefehl ebenso ein schlaues Näschen wie Luthers lebenslangem Kampf um einen gerechten dreieinigen Gott. Es ist eine Staatsaktion aus zivilreligiösem Geist. Zudem ist die Frage des Präsidenten der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften, Ulrich Rüß, berechtigt, ob die „bedrohte Lage der Christen in islamisch geprägten Staaten“ nicht eher „einen kritischen Dialog mit dem Islam“ verlange. Bedford-Strohm und mit ihm jene protestantischen Kreise, die einen Imam in einer Münchner Kirche predigen ließen, justament den Imam des künftigen Forums, haben sich mit dem Bedeutungsverlust des Christlichen arrangiert. Statt unverdrossen vom eigenen, vom unverwechselbaren Glauben zu erzählen, für ihn zu werben – wie es hie und da Muslime tatsächlich tun –, greifen sie aus in sachfremdes Terrain, fremde Religionen und reichen den Schierlingsbecher der Indifferenz. Daran gesundet ist noch niemand. Luther trank nur „gutes Wittenbergisch Bier“.

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