Die SPD nach den Landtagswahlen - Hoch die rote Fahne!

Die SPD ist mit einem blauen Auge bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg davongekommen. Statt mit Sekt feierten die Genossen wieder mit Selters. Die eigentlich spannende Frage klammerten sie am Wahlabend aus: Wie geht es weiter mit der GroKo?

Überraschend zufrieden und sogar ein bisschen kämpferisch: Die SPD-Spitze am Wahlabend / picture alliance
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Moritz Gathmann ist Chefreporter bei Cicero. Er studierte Russistik und Geschichte in Berlin und war viele Jahre Korrespondent in Russland.

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Einige Flaschen Selters stehen wohlsortiert auf den nackten Tischen im Berliner Willy-Brandt-Haus, es heißt, es sei eine „Geldsache“, dass es seit vergangenem Jahr keine rauschenden sozialdemokratischen Wahlparties mehr gebe. Aber so richtig zu feiern gibt es auch nichts mehr seit etwa zwei Jahren.

Aber nachdem die ersten Prognosen über die Bildschirme geflimmert sind, geben sich die hauptstädtischen Sozialdemokraten überraschend zufrieden und sogar etwas kämpferisch. Kurz nach sechs taucht Präsidiumsmitglied Ralf Stegner im Foyer des Willy-Brandt-Hauses auf und raunt den Journalisten seine Einschätzung zu: „ein Stück weit Erleichterung“ und „hätte schlimmer kommen können“ ist wenig überraschend, aber „die sächsische SPD hat im Wahlkampf nichts falsch gemacht“ sorgt für Stirnrunzeln. Damit meint Stegner, dass die SPD in Sachsen angesichts der gestiegenen Wahlbeteiligung wohl in absoluten Zahlen sogar Stimmen hinzugewonnen hat. Es folgt der übliche Stegner-Watschn gegen die AfD („rechtsradikal und muss wieder raus aus den Parlamenten“) und ein wenig Werbung für seine eigene Kandidatur für den SPD-Vorsitz: „Wir brauchen ein klares Profil.“

„Ein Abend der gemischten Gefühle“

Dann treten die drei kommissarischen SPD-Chefs vor die rote Wand mit den drei weißen Buchstaben und bringen die Sache in genau vier Minuten hinter sich. Von einem „Abend mit gemischten Gefühlen“ spricht Thorsten Schäfer-Gümbel, der aber gezeigt habe, „dass es sich lohnt, zu kämpfen.“ Manuela Schwesig fordert, die SPD müsse auch weiterhin auf AfD-Wähler zugehen und „ostdeutsche Interessen stärker wahrnehmen und vertreten.“ Malu Dreyer lobt die Geschlossenheit der sozialdemokratischen Reihen.

Auf Kampfansagen gegen die große Koalition wartet man an diesem Abend vergeblich, selbst der sonst so rauflustige Stegner lässt sich dazu nicht hinreißen. In der SPD scheint man erleichtert zu sein, dass man angesichts des blauen Auges, mit dem man heute davongekommen ist, nicht auch noch dieses Fass aufmachen muss. Stattdessen betont die SPD-Führung gebetsmühlenartig, die Wahlen hätten gezeigt, dass es sich lohne, zu regieren – und dass man mit Projekten wie Vermögensteuer, der Soli-Abschaffung und der Grundrente die Unterschiede zur CDU weiter deutlich machen müsse.

Ein Komiker als Bewerber

Gerade von der Grundrente erhofft sich Carsten Schneider, Abgeordneter aus Thüringen und Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD, den bitter nötigen Push für die Sozialdemokraten vor der anstehenden Wahl in Thüringen. Die müsse unbedingt vor dem 27. Oktober in trockenen Tüchern sein. In Thüringen steckt die SPD in einer von der Linken geführten Koalition fest. Momentan sind ihre Umfragewerte einstellig.

Zeitgleich mit der Schließung der Wahllokale in Sachsen und Brandenburg ging um 18 Uhr übrigens auch die Schranke runter für die Bewerber um den SPD-Vorsitz: Acht Bewerberteams gibt es bisher, dazu noch einige Einzelbewerber (darunter auch der Komiker Jan Böhmermann). In den nächsten Wochen werden die Bewerber durchs Land touren: Es bleibt zu hoffen, dass am Ende ein Führungsteam siegen wird, das der deutschen Sozialdemokratie den nötigen Ruck geben kann. Auf dass es an Wahlabenden im Willy-Brandt-Haus wieder Selters UND Sekt gebe.

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