Polizei im G20-Protest - „Aus der zweiten Reihe flogen die Flaschen“

Kolumne: Leicht gesagt. Nach den Ausschreitungen zum G20-Gipfel ziehen alle Beteiligten die Köpfe ein. Der Polizeiführung wird Versagen vorgeworfen. Aber wie erging es den Polizisten im Einsatz? Eine Whatsapp-Nachricht erzählt vieles

„Wir werden mehrere Tage brauchen, um das ganze körperlich und auch geistig zu verarbeiten“ / picture alliance
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Wulf Schmiese leitet das „heute journal“ im ZDF. Zuvor hat er als Hauptstadtkorrespondent, jahrelang auch für die FAZ, über Parteien, Präsidenten, Kanzler und Minister berichtet.

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Wer ist Schuld am G20-Krawall? Die Antwort sagt sich offensichtlich gar nicht leicht. Weder Kanzlerin noch Erster Bürgermeister oder Innensenator sehen eine Mitschuld. Die Linksradikalen schlagen sich in die Büsche, geben sich überrascht. Manche behaupten gar, die Polizei sei Schuld.

Ein junger Verwandter von mir, keine 30 Jahre alt, war als Polizist dabei. Er gehörte zu den Tausenden zusätzlicher Polizisten aus ganz Deutschland, die Hamburg wegen der Lage erbeten hatte. Seine Hundertschaft war für „Beweisführung und Festnahme“ zuständig. Der junge Mann stand Auge in Auge mit den oft gleichaltrigen Demonstranten.

Erschöpft, völlig übermüdet und ausgelaugt auf der Rückfahrt von Hamburg in seine ferne Heimat hat er per Whatsapp seine Sicht an Freunde und Verwandte getippt. Und er stimmte zu, dass seine Nachricht hier unverändert, bis auf ein paar Kommata veröffentlicht werden darf – sofern sein Name nicht genannt wird, weil dazu der Dienstherr hätte zustimmen müssen.

Die Whatsapp-Nachricht

„Hallo ihr Lieben,

Der Einsatz ist für uns beendet. Ich möchte euch für euren Zuspruch danken und allen, die an mich gedacht haben.

Meine Einheit ist fast unbeschadet aus der ganzen Sache raus gekommen. Mehr als Prellungen hat keiner von uns im Vergleich zu vielen anderen. Wir werden mehrere Tage brauchen, um das ganze körperlich und auch geistig zu verarbeiten.

Ich würde hier ganz gerne noch ein, zwei Takte schreiben.

Extremismus ist scheiße. Ob rechts, links oder religiös.

Das, was wir hier erlebt haben, ist aber leider ein Ausfluss aus verblendeter Meinungsmache, die lange Zeit toleriert wurde und traurigerweise auch nach diesem Ereignis weiterhin in den meisten Köpfen herumschwirren wird.

So toll die alternativen Viertel und Szenetreffs auch sind und man wirklich sagen muss, dass 60 Prozent der Randalierer besoffene Schaulustige waren, so ging die ursprüngliche Gewalt, insbesondere die brennenden Autos am Freitagmorgen, doch von der extremen Linken aus, die ausdrücklich von der Roten Flora eingeladen wurde und deren Gewalt und Straftaten die Organisatoren offen dulden.

Selbst nach der extremen Gewalt die wir Dienstag, Donnerstag und Freitag erlebt haben, haben die Demonstranten am Samstag immer noch nicht verstanden, dass Flaschen werfen, Pyro-Technik und Vermummung in einer Demo Straftaten darstellen, die wir nicht tolerieren können in einem Rechtsstaat.

Wir haben auch positives erlebt, viel Zuspruch.

Aber trotzdem ‚hasst ganz Hamburg die Polizei‘ und Leute rufen: ‚Wir sind friedlich, was seid ihr?‘ während aus zweiter Reihe Flaschen fliegen, wir bedrängt werden und nach uns getreten wird, während eine Armada von Pressevertretern in erster Reihe steht und fragliche Presseausweise in der Hand hält und somit die Straftäter schützt, weil wir nicht vorbei kommen.

Und dass die Gewalt von der Polizei ausging, ist eine absolute Frechheit. Die Vorbereitungen, die von Links getroffen wurden und die wir auch so aufgefunden haben, zeugen ganz klar davon, dass militante Linke weit geplant hatten.

Gott sei Dank ist der Polizeiführer ein entschlussbereiter Mensch – ansonsten wäre nämlich wirklich jemand gestorben.

So. Nochmals vielen Dank!

Ich habe jetzt ein paar Tage frei, die ich auf der Couch verbringen werde und mir überlege, ob ich jemals wieder auf die Schanze möchte. Drei Tage am Stück waren jetzt erstmal genug.“

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