Merz, Laschet und Röttgen beim Pitch der JU - Kanzler, Konsens oder Kontra?

Schon vergangenes Mal hatte die Junge Union mit den Ausschlag gegeben, als es um die Wahl des CDU-Vorsitzes ging. Jetzt lud man die drei Kandidaten Friedrich Merz, Armin Laschet und Norbert Röttgen zu einem „Pitch“ ein. So lief der Kampf um die Stimmen der JU.

Friedrich Merz, Norbert Röttgen und Armin Laschet pitchten bei der Jungen Union / Screenshot Youtube-Kanal JU
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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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„Der Pitch – wer gewinnt die Stimme der JU?“: Das erste unmittelbare Aufeinandertreffen der drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz an diesem Samstagabend war in jedem Fall ein Erfolg für die Jugendorganisation dieser Partei. Eine Live-Übertragung im Fernsehen, hochkarätige Teilnehmer, Fragen von der Basis, ein bisschen gekünstelte Wohnzimmeratmosphäre, der unverzichtbare Politik-Experte im TV-Rahmenprogramm (in diesem Fall ein Politikprofessor aus Trier). Es war mehr oder weniger alles dabei, was es für moderne Inszenierungen von lebhafter Demokratie im Internet-Zeitalter benötigt. Gratulation also an die Organisatoren. Nur fragt man sich nach dieser Show: Warum braucht es das alles eigentlich, wenn zwischen Armin Laschet, Norbert Röttgen und Friedrich Merz kaum irgendwelche inhaltlichen Unterschiede auszumachen sind?

Die zur Richtungsentscheidung hochgejazzte Wahl des Nachfolgers von Annegret Kramp-Karrenbauer in wenigen Wochen entwickelt sich immer mehr zu einer Harmonieveranstaltung, je näher der Termin rückt. Es geht also eher darum, welcher der drei Männer seine Ansichten sympathischer, eloquenter und verbindlicher rüberbringt als darum, Differenzen zwischen einander deutlich zu machen. Einen klaren Gewinner wird man nach diesem „Pitch“ kaum ausmachen können; es bleibt allenfalls die Feststellung, dass sich Norbert Röttgen in seiner Außenseiterposition sehr gut geschlagen und sich nach den oben genannten Kriterien zumindest als ebenbürtig zu den zwei Konkurrenten gezeigt hat. Merz blieb, offenbar beabsichtigt, ein bisschen untertourig. Laschet fand erst relativ spät überzeugend ins Spiel.

Der Ministerpräsident

Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen durfte nach öffentlicher Auslosung als erster in die Bütt und wirkte während der Vorstellungsrunde nicht allzu locker. Immer wieder griff er auf das Mittel der Gegenüberstellung zurück: Ein Thema leitete er etliche Male mit der Floskel „Dann sagen viele“ ein, um seine eigene Meinung mit „ich sage“ hinterher zu schieben. Was insgesamt etwas umständlich wirkte, wie es eben manchmal so die Art des Aacheners ist. Ansonsten spulte Laschet die unverzichtbaren Versprechungen und Forderungen eines klassischen deutschen Mitte-Politikers ab, als da wären: sozialen Zusammenhalt stärken, Klimaschutz und regenerative Energien ausweiten, Generationengerechtigkeit fördern, keine Toleranz gegenüber Extremisten und Kriminellen. Und natürlich hob er einmal mehr darauf ab, als in Regierungsverantwortung stehender Ministerpräsident ein besonders facettenreiches Kabinett zusammengestellt zu haben.

Der Wirtschaftsprofi

Friedrich Merz, zweiter in der Runde, gab den erfahrenen Wirtschaftsprofi, sprach von einer notwendigen ökologischen Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft und beklagte, Deutschland sei insgesamt „zu träge geworden“. Mit Blick auf die Junge Union, bei der Merz ohnehin einen Stein im Brett hat, forderte der Sauerländer einen „neuen Generationenvertrag“, künftig dürften keine politischen Entscheidungen mehr getroffen werden, die auf Kosten der jungen Menschen gingen. Was sicherlich leichter gesagt als getan ist, aber es handelte sich wie gesagt um eine Wahlkampfveranstaltung. Ansonsten gilt für Merz: Ein klares Bekenntnis zu Europa, ein klares Bekenntnis übrigens auch zur Kontinuität der Kanzlerschaft Angela Merkels. Alle, die in Friedrich Merz bisher mit Begeisterung den Gegenentwurf zur ungeliebten Bundeskanzlerin gesehen haben, dürften finalmente eines besseren belehrt worden sein. Was natürlich auch nicht gerade zur Lebhaftigkeit des Abends beitrug.

Der Weltenerklärer

Norbert Röttgen schließlich, als letzter an der Reihe, brillierte in der Rolle des wissend-mahnenden Weltenerklärers, ohne dabei allzu überlegen zu wirken, wie es eigentlich seinem Naturell entspricht. Insgesamt, so Röttgens Mantra, sei die Bundesrepublik völlig unzureichend auf die kommenden Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vorbereitet. Zwei Mal erwähnte er in diesem Zusammenhang die ehemalige Sowjet-Republik Estland, die Deutschland bei der Digitalisierung längst abgehängt habe. „Wir brauchen ein Programm der Erneuerung und der modernen Mitte“, so Röttgen – und wer wollte ihm da schon widersprechen außer Armin Laschet, der seinem Konkurrenten das Schlechtreden bundesrepublikanischer Verhältnisse dann doch nicht umkommentiert durchgehen lassen wollte. Jedenfalls präsentierte sich Norbert Röttgen wohl am deutlichsten aller drei Kandidaten als Erneuerer. Dass er dabei nicht in die Details ging, lag wahrscheinlich am Format der Sendung, welches ein bisschen nach amerikanischem Fernsehen-Duell gestrickt war.

Konsensveranstaltung statt Kontroversen

Allerdings blieben im Gegensatz zum Amerika dieser Tage bei der CDU die Kontroversen aus. Das mag einerseits beruhigend sein, denn die deutsche Christdemokratie ist eben traditionell eine Konsensveranstaltung und keine Partei für Programmatiker oder gar Ideologen. Aber ein bisschen mehr Auseinandersetzung in der Sache hätte man sich zwischen Laschet, Merz und Röttgen schon gewünscht. Die fand allenfalls in Nuancen statt, wenn etwa Merz mit Blick auf den Bildungssystem- und Corona-Föderalismus eine gewisse Skepsis zeigte, der NRW-Ministerpräsident hingegen darauf beharrte: „Mehr Bundeskompetenz hilft da nicht weiter.“

Auch bei heiklen Themen wie Migration oder dem Umgang mit der AfD waren keine wirklich grundlegenden Differenzen zwischen den drei Kandidaten auszumachen. Laschet sprach davon, dass es keine gesamtdeutsche Antwort auf diese Partei gebe, ihr vielmehr jeweils vor Ort etwas entgegengesetzt werden müsse. Röttgen sagte, man müsse der AfD entschieden entgegentreten, gleichzeitig aber auch die Ursachen für deren Existenz bekämpfen. Und Merz wiederum formulierte, eine Partei wie die CDU dürfe sich nicht an anderen Parteien messen. Das klang vor einigen Monaten zwar noch ein bisschen anders, aber die Zeiten ändern sich eben.

Ansonsten rief Merz seine Union dazu auf, „keine Angst vor Widerspruch“ zu haben. Von diesem Abend jedenfalls ging für keinen der Bewerber die Gefahr aus, sich hinterher heftigen Widerworten aussetzen zu müssen. Es war eher ein familiärer Austausch unter Gleichgesinnten als der angekündigte „Pitch“. Aber dafür kann die Junge Union ja nichts.

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