FDP im Bundestag - Liberale Gesäßpolitik

Die FDP will partout nicht neben der AfD im Bundestag sitzen und ist offenbar bereit, daraus eine kleine Staatsaffäre zu machen. Soll so wirklich der von den Liberalen geforderte Neustart aussehen?

Wer sitzt neben wem im Bundestag? Die FDP streitet um die Sitzordnung / picture alliance
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Autoreninfo

Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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„Parlamentarischer Kindergarten“ überschrieb die Süddeutsche Zeitung einen Bericht über Streitereien um die Sitzordnung im Bundestag. Der Kern der Kontroverse: Die FDP will – vom Bundestagspräsidenten aus gesehen – partout nicht halbrechts zwischen AfD und CDU/CSU sitzen, sondern links von der Union und damit in der Mitte neben den Grünen. Dass SPD und Linke halblinks und ganz links platziert werden, findet allgemeine Zustimmung.

Für die Zukunft des Landes sind solche gesäßpolitischen Rangeleien nicht weiter wichtig. Doch sind die Freien Demokraten im Vollgefühl ihrer 10,7 Prozent offenbar bereit, daraus eine kleine Staatsaffäre zu machen. Sie wollen nicht auf Tuchfühlung mit den Rechtspopulisten sitzen, was man nachvollziehen kann. Aber ihr eigentliches Ziel ist ein anderes. So wie das Magenta auf den Plakaten signalisieren soll, dass es sich um eine neue FDP handelt, so soll der Platz links von der Union die Freien Demokraten als neue Kraft der Mitte positionieren. Um das im FDP-Deutsch zu formulieren: show first, substance second.

Krach im Kindergarten 

Der Krach im Kindergarten entbehrt nicht einer gewissen Komik. 64 Jahre lang, von 1949 bis 2013, saß die FDP im Bundestagsplenum ganz rechts neben CDU/CSU. Auch Parteichef Christian Lindner hatte dort bis 2013 seinen Platz. Und wenn die Liberalen vor vier Jahren nicht an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert wären, säßen sie noch immer dort. Gleichwohl würde sie niemand als „Rechtspartei“ bezeichnen.

Man muss aber gar nicht so weit zurückgehen wie ins ferne Jahr 2013. Im Februar dieses Jahres, die FDP war da schon auf Magenta umgestylt, saßen ihre Wahlmänner rechts hinter (!) der Union, rechtsaußen flankiert von der AfD. In der Bundesversammlung ging es darum, den neuen Bundespräsidenten zu küren. Die Wahl Frank-Walter Steinmeiers wurde gleichwohl nicht angefochten. Allerdings hatte sich die FDP schon damals beim Bundestagspräsidenten über die Sitzordnung beschwert. Aber für den großen Krach fühlten sich die Außerparlamentarischen damals noch zu schwach.

Ungeachtet der neuen FDP-Werbeagentur, von Magenta und schlipslosen FDP-Heroen: Der Kampf um die Plätze links von der Union entbehrt jeder Logik. Karikieren die FDP und Lindner nicht bei jeder Gelegenheit CDU/CSU und SPD als „zwei sozialdemokratische Parteien“? An dem Vorwurf ist ja sogar etwas dran. Aber müsste die FDP dann nicht erst recht Wert darauf legen, dass sie rechts von der Union sitzt? Denn eine Platzierung links von der „linken“ CDU/CSU bedeutete ja, dass die Freien Demokraten sich noch linker sehen und setzen als die „sozialdemokratisierte“ CDU.

Christian Lindner und die neue FDP operieren gerne mit Begriffen wie „update“ und „restart“. Beides wäre im „Kindergarten“ angebracht. Wie wär’s mit „denken first, schimpfen second“?

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