Daten der Corona-Pandemie - Wie verlässlich die Fallzahlen des RKI wirklich sind

Die Zahlen der Infektionen mit dem Coronavirus steigen in Deutschland stetig. Aber die Datenlage ist nicht sehr transparent – unterschiedliche Quellen veröffentlichen unterschiedliche Zahlen. Der NDR mahnt gar, sie mit Vorsicht zu genießen.

Täglich neue Zahlen, täglich neue Fragen – RKI-Chef Lothar Wieler / picture alliance
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Rixa Rieß hat Germanistik und VWL an der Universität Mannheim studiert und hospitiert derzeit in der Redaktion von CICERO.

 

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Aktuelle Zahlen und vor allem verlässliche Daten sind für das Management der Corona-Krise unabdingbar. Das Robert-Koch-Institut, aber auch die WHO und die Johns-Hopkins-Universität in Baltimore versorgen die Öffentlichkeit mit Daten zur Corona-Pandemie. Dazu zählen auch die neuen Infektionszahlen, Todesfälle und die Anzahl der Genesenen in Deutschland.

Spätestens am vergangenen Wochenende ist aber deutlich geworden, dass die Institutionen sich auf unterschiedliche Quellen berufen. Das Robert-Koch-Institut hatte, gegenläufig zur Johns-Hopkins-Universität, einen Rückgang der Neuinfektionen verzeichnet. Aber die Zahlen, so heißt es, seien nicht vollständig gewesen und die Annahme der sinkenden Infektionsrate in Deutschland somit falsch.

Meldeverzug und Datendiskrepanz

Das Robert-Koch-Institut sammelt die bestätigten Infektionszahlen von den Gesundheitsämtern aus allen Bundesländern täglich. Es gibt die Daten dann unter anderem an die WHO weiter. In einem Artikel nimmt der NDR die Datendifferenz zwischen den Instituten genauer unter die Lupe. Die Unterschiede der Tageswerte von Neuinfizierten erkläre man sich derzeit damit, dass es bis zu zwei Tage brauche, bis ein laborbestätigter Fall beim Robert-Koch-Institut eingehe.

Dieser Meldeverzug erklärt aber nicht, warum verschiedene Institutionen unterschiedliche Zahlen veröffentlichen. Ein wesentlicher Grund seien schwer durchschaubare Informationsketten, so der NDR. Ein Beispiel dafür ist die Datendiskrepanz zwischen der Johns-Hopkins-Universität und dem Robert-Koch-Institut: Die deutschen Fallzahlen der Universität liegen deutlich über denen des Instituts.

Unterschiedliche und unübersichtliche Quellen

Zudem veröffentlichte die Universität Genesungszahlen, die das Robert-Koch-Institut zu dem Zeitpunkt selber noch nicht mitgeteilt hatte. Tatsächlich sei die Anzahl der Menschen, die wieder gesund geworden sei, laut Robert-Koch-Institut deutlich höher – obwohl man ausschließlich milde Verläufe der Krankheit einberechne. Diese Abweichungen bei den Werten ließe sich nur in Teilen nachvollziehen, so der NDR.

Der Sender nennt im Fall der Johns-Hopkins-Universität die unterschiedlichen und unübersichtlichen Datenquellen. Darunter sein auch private und „ohne kommerzielles Interesse“ erstellte Datensammlungen im Internet. „Einige“, so heißt es, „scheinen ihren Weg über Umwege auf das Dashboard der Johns-Hopkins-Universität zu finden“. Auch die WHO hatte höhere Infektionszahlen als das Robert-Koch-Institut in Deutschland angenommen.

Hochrechnungen und amtliche Endergebnisse

Auf die Nachfrage, auf welche Datenquellen sich die WHO berufen habe, bekam der Sender keine Antwort. Auch die Johns-Hopkins-Universität schwieg sich über ihre Quellen zu den Fallzahlen in Deutschland aus. Der NDR appelliert, die kursierenden Daten zur Corona-Pandemie, „mit Vorsicht zu genießen“. Die Situation ist unübersichtlich. Das Robert-Koch-Institut sei die offizielle Stelle für die deutschen Coronavirus-Statistiken.

In der Pressekonferenz am Mittwoch hatte der Chef des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, die Datenlage wie folgt erklärt: „Es gibt Hochrechnungen – das kennen Sie auch von Wahlabenden – und es gibt amtlich festgestellte Endergebnisse. Wir werden Ihnen weiterhin die amtlich festgestellten Endergebnisse vermitteln. Ich kann verstehen, dass viele auf die Zahlen schauen und die sind auch nicht falsch, aber es sind eben nur reine nackte Zahlen ohne Hintergrundinformationen."

Den Artikel des NDR finden Sie hier.

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