Empörung über den Kanzlerkandidaten - Laschet lacht

Weil Armin Laschet während eines gemeinsamen Auftritts mit dem Bundespräsidenten in den Überschwemmungsgebieten kurz gelacht hat, wird ihm jetzt von interessierter Seite die Eignung fürs Kanzleramt abgesprochen. Dass auch Frank-Walter Steinmeier sich bei gleicher Gelegenheit amüsiert zeigte, ist kaum eine Notiz wert.

Ein amüsierter Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen am Samstag in Erftstadt / dpa
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Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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Der Bundespräsident spricht von den Toten der Flutkatastrophe, dem unsäglichen Leid in den Überschwemmungsgebieten. „Wir trauern mit denen, die ihre Familien, Bekannten, Familienangehörige verloren haben. Ihr Schicksal zerreißt uns das Herz.“ Als Frank-Walter Steinmeier dies sagt, sieht man hinter ihm einen lachenden Armin Laschet

Das ist aber nur ein Teil dessen, was sich beim gemeinsamen Auftritt des Staatsoberhaupts mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten in Erftstadt abspielte. Denn einige Momente später redet Laschet in die Mikrofone. Im Hintergrund steht Steinmeier in etwa dort, wo vorher Laschet gestanden hatte. Und plötzlich bricht auch er in ein Lachen aus. Der angebliche Grund für die Heiterkeitsausbrüche: Die beiden Politiker, ihre Begleitungen und auch Rettungskräfte sollen sich über einen auf dem Bauch liegenden und schreibenden Journalisten amüsiert haben.

Völlig unangemessene Reaktion

Man braucht nicht lange darüber zu reden, dass solche Lachanfälle angesichts der Flutkatastrophe völlig unangemessen sind, dass sie auf die leidgeprüften Menschen der Region wie Hohn wirken können. So etwas darf einem Ministerpräsidenten und Kanzlerkandidaten einfach nicht passieren – und einem Staatsoberhaupt auch nicht. 

Aber es ist nun einmal passiert. Und die Empörung ist groß – über Laschet, nicht über Steinmeier. Laschet hat sich kurz darauf entschuldigt. Auf Twitter schrieb er, er bedaure „den Eindruck, der durch eine Gesprächssituation entstanden ist. Dies war unpassend und es tut mir leid.“ 

Gleichwohl brach schon am Samstag in den sogenannten sozialen Medien ein Shitstorm über ihn herein, der auch am Sonntag anhielt. Die Nachrichtensender zeigten immer wieder den lachenden Laschet, nicht jedoch den lachenden Steinmeier. Viele Kommentatoren sprachen Laschet die Kanzlertauglichkeit ab, SPD-Politiker ätzten über die sich hier angeblich offenbarende Charakterlosigkeit. 

Der Tenor des Laschet-Bashings: Wer sich in einer Katastrophensituation aufführe wie bei einer Karnevalsveranstaltung, der disqualifiziere sich selbst für das wichtigste Amt im Land.

Niemand kann permanent Trauer tragen

Bei Laschet bewahrheitet sich die alte Weisheit, wonach nichts schlimmer sei als die Fehler, die man selber mache. Aber es war wohl nicht das erste Mal, dass Politiker nicht sehr aufmerksam zuhören, wenn ein anderer am Mikrofon ist, und sich mit den Umstehenden unterhalten. Das ist unhöflich und unpassend, aber es kommt vor. So wie es vorkommt, das Menschen selbst angesichts von Not und Elend zwischendurch auch mal lachen, weil niemand ununterbrochen Trauer tragen kann. Es ist ja kein Zufall, dass beim Leichenschmaus, dem Zusammensein nach Beerdigungen, nicht nur geweint, sondern auch viel gelacht wird.

Gleichwohl: Es hätte Laschet nicht passieren dürfen – und Steinmeier auch nicht. Aber Steinmeier ist in der glücklichen Situation, dass er nach Ansicht einer sich auf Twitter austobenden Meute zu den „Guten“ zählt, während Laschet seit seiner Kanzlerkandidatur mit Hass und Häme geradezu überschüttet wird. 

Auch wenn es grotesk ist: Die linksgrünen Klimaaktivisten machen Laschet, der in Nordrhein-Westfalen erst seit 2017 regiert, mehr oder weniger direkt für die Flutkatastrohe verantwortlich. So wie Grünen-Abgeordnete Oliver Krischer Laschet kürzlich die Schuld an den Hitzetoten in Kanada gab. Die seit 1991 in Rheinland-Pfalz die Ministerpräsidenten stellende SPD mit ihrem grünen Koalitionspartner scheint dagegen alles richtig gemacht zu haben. Was im einen Bundesland Folge falscher Politik sein soll, ist ein paar Kilometer weiter halt „Schicksal“. Ob diese Schlammschlachtspezialisten gar nicht mehr merken, wie dumm und lächerlich eine solche „Argumentation“ ist?

Ballast für den Wahlkampf

Armin Laschets Fauxpas ist zweifellos ein Ballast für seinen Wahlkampf. Die Art und Weise, wie dieser Fehler vom politischen Gegner wie einem Großteil der Medien ausgeschlachtet wird, zeigt aber auch, dass dieser Wahlkampf umso schmutziger zu werden droht, je schlechter die Umfragewerte der Grünen sind. 

Steinmeier darf hingegen auf Nachsicht und Milde rechnen. Dem Bundespräsidenten, der kürzlich vor einer Schlammschlacht gewarnt hat, stünde es übrigens gut an, ein klärendes Wort zu dem Vorfall zu sagen. Ob das Staatsoberhaupt so viel Überparteilichkeit und Fairness aufbringt?

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