Studie über PCR-Tests - Die Belastungsgrenze der Infektionszahlen

Im Fachmagazin „Journal of Infection“ stellen Wissenschaftler dar, warum positive PCR-Testergebnisse nicht hinreichend beweisen können, dass Infizierte andere Menschen mit dem Corona-Virus ansteckten. Ihr Fazit: Die errechnete Zahl von positiv Getesteten sollte nicht als Grundlage für Pandemiebekämpfungsmaßnahmen benutzt werden.

PCR-Test mit Gurgeln: Wie aussagekräftig ist das Testergebnis wirklich? / dpa
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Autoreninfo

Ralf Hanselle ist stellvertretender Chefredakteur von Cicero. Im Verlag zu Klampen erschien von ihm zuletzt das Buch „Homo digitalis. Obdachlose im Cyberspace“.

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Wissenschaftler liefern Modelle. Sie zeigen nicht die Welt wie sie ist, sie zeigen sie, wie sie sich mit dem Besteck der Wissenschaft darstellen lässt. Das gilt auch und gerade für die Covid-19-Diagnostik. Der Goldstandard ist hier bereits seit Januar 2010 die real-time quantitative Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion, kurz: PCR. Als Covid-Infizierter wird seither beim Robert Koch-Institut geführt, wer einen positiven PCR-Test hat. Krankheitssymptome sind nebensächlich.

Immer wieder hat es Kritik an diesem Vorgehen gegeben. Nun weist auch ein Forscherteam der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE) darauf hin, dass die Ergebnisse von PCR-Tests alleine eine zu geringe Aussagekraft hätten, als dass man mit ihnen weitreichende Interventionen wie etwa Lockdowns oder Quarantänemaßnahmen rechtfertigen könnte.

Das Problem mit dem Ct-Wert

Im Fachmagazin „Journal of Infection“ legen die Wissenschaftler unter Leitung des UDE-Epidemiologen und Medizininformatikers Andreas Stang dar, warum positive Testergebnisse alleine nicht hinreichend beweisen können, dass mit SARS-CoV-2 Infizierte andere Menschen mit dem Corona-Virus ansteckten. Besonders der sogenannte Ct-Wert, also jener Wert, der aussagt, wie lange ein Virus braucht, um sich zu vervielfältigen und wie hoch somit am Ende die Konzentration im Körper ist, sei ein Problem.

Liege dieser bei positiv Getesteten bei über 25, so müsse man derzeit davon ausgehen, dass diese Menschen aufgrund einer zu geringen Viruslast nicht ansteckend sind. Bei durchschnittlich etwa 60 Prozent der Getesteten mit Covid-19-Symptomen, berichtet Stang nach Untersuchung von gut 190.000 Testergebnissen, seien derart hohe Ct-Werte nachgewiesen worden; in den Wochen zehn bis 19 seien es sogar 78 Prozent gewesen.

Geraten die Zahlen an ihre Belastungsgrenze?

Stangs Folgerung: „Die am Ende errechnete Zahl von SARS-CoV-2 positiv Getesteten sollte nicht als Grundlage für Pandemiebekämpfungsmaßnahmen wie Quarantäne, Isolation oder Lockdown benutzt werden.“ Die Autoren raten, Daten aus anderen Bereichen zur Bewertung der Pandemielage zu nutzen. „Geeigneter wären zum Beispiel verlässliche Angaben zur Intensivbetten-Belegung sowie zur Mortalität, also zu der jeweiligen Zahl der Todesfälle in Zusammenhang mit Covid-19“, sagt Stang.

Und genau hier beginnt sich der Hund in den Schwanz zu beißen, hatte doch erst jüngst der Bundesrechnungshof den Verdacht geäußert, dass die Zahl der gemeldeten Intensivbetten möglicherweise manipuliert gewesen sei. Und auch die Mortalität ist nicht zu hundert Prozent belastbar. Schon im Frühjahr des vorigen Jahres hatten Forscher des Hamburger UKE nachweisen können, dass viele der mit SARS-CoV-2 assoziierten Todesfälle Komorbiditäten hatten, darunter etwa kardiovaskuläre, neurologische und maligne Erkrankungen sowie Adipositas. Es scheint, als gerieten immer mehr Zahlen an ihre Belastungsgrenze. Am Ende droht die Gefahr, dass das wissenschaftliche Modell nicht mehr die real-pandemische Lage beschreibt.

Die ganze Studie lesen Sie hier.

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