AfD-Aussteigerin Verena Hartmann - „Der Flügel will die AfD voll und ganz übernehmen“

Mit Verena Hartmann ist schon die fünfte AfD-Bundestagsabgeordnete seit 2017 aus der Partei ausgetreten. Begründet hat sie diesen Schritt nicht hinter verschlossenen Türen, sondern auf Facebook. Es ist ein Wink an den Verfassungsschutz, den Flügel und die Partei stärker ins Visier zu nehmen

Wink an den Verfassungsschutz: Verena Hartmann hat ihre Abrechnung mit dem Flügel auf Facebook veröffentlicht / picture alliance
Anzeige

Autoreninfo

Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

So erreichen Sie Antje Hildebrandt:

Anzeige

Es ist eine Frage, von der das Überleben der AfD abhängen könnte: Wird die Partei als ganze vom Verfassungsschutz beobachtet? Eine Entscheidung soll in diesem Frühjahr fallen. Der völkisch-nationale Flügel um Thüringens AfD-Chef Björn Höcke gilt schon jetzt als Verdachtsfall. Seine Mitglieder dominieren inzwischen auch den im Dezember neugewählten Bundesvorstand. Sie werfen immer wieder selbst die Frage auf, ob sie noch mit beiden Beinen auf dem Boden der Verfassung stehen. 

Vor diesem Hintergrund wirkt der Rücktritt der Berliner AfD-Bundestagsabgeordneten Verena Hartmann wie ein Signal in Richtung Verfassungsschutz. Denn Hartmann begründet ihren Schritt mit der „wachsenden Macht des rechtsnationalen Flügels.“ „Der Flügel will die AfD voll und ganz übernehmen, da es sich mit diesem „Etikett“ mehr erreichen lässt als mit dem adäquateren NPD-Label“, schreibt sie auf ihrer Facebookseite.

Intrigen und Diffamierungen des rechten Flügels 

Hartmann ist schon die fünfte Bundestagsabgeordnete, die die AfD seit der Bundestagswahl verlässt. Vor ihr hat zuletzt der sächsische Polizist Lars Herrmann sein Parteibuch abgegeben. Auch er galt als Gegner des Flügels. Seine Kritik an Höcke & Co. hätte dazu geführt, dass ihn die Landesgruppe Sachsen im Bundestag ausgeschlossen hat, hat er gesagt. Schon sein Austritt hatte die Partei in Alarmbereitschaft versetzt, ging von ihm doch die Botschaft an alle Beamten mit AfD-Parteibuch aus: „Rettet euch, bevor der Verfassungsschutz die ganze Partei beobachtet und euch die Mitgliedschaft noch euren Job kostet." 

Herrmann und Hartmann gehörten beide zu den Unterzeichnern eines Appells, mit dem 100 AfD-Mandats- und Funktionsträger der AfD im Juli 2019 gegen den Personenkult um Björn Höcke und seinen Flügel demonstriert haben. Dass sie ihre persönliche Abrechnung jetzt auf Facebook für alle öffentlich gemacht hat, statt die Angelegenheit hinter verschlossenen Türen mit dem Vorstand zu klären, ist symptomatisch für das Klima in der AfD. „Der rechte Flügel ist weder fair, noch kämpft er mit offenem Visier“, schreibt Hartmann. „Durch Intrigen und Diffamierungen lässt er nur zwei Optionen zu: Unterwerfung oder politische Demontage.“ Die Schlussfolgerung, die die ehemalige Polizistin daraus zieht, deckt sich mit der Einschätzung von Experten, die die schleichende Radikalisierung der Partei schon seit längerem beobachten: „So zersetzt er (der Flügel) Stück für Stück die Partei, und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis nichts mehr von der AfD übrig ist, die sie noch vor zwei Jahren war.“

Anzeige