AfD - Alle gegen alle, jeder gegen jeden

Die Spaltung der AfD in Baden-Württemberg hat die Partei bundesweit in ihre zweite tiefe Krise gestürzt. Diesmal hat das aber nichts mit Grundsätzen oder Inhalten zu tun

Jörg Meuthen steigt aus der AfD aus und gründet die AfB, Alternative für Baden-Württemberg / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Also, wie ist das jetzt nochmal gerade bei der Alternative für Deutschland? Der Gauland ist zusammen mit dem Meuthen gegen die Petry und gegen den Gedeon, den wiederum aber der Höcke in Schutz nimmt, an dessen Seite sich der Gauland stellt, nur eben nicht in der Gedeon-Sache. Der Landes- und Bundesparteichef Meuthen macht eine neue Fraktion im Stuttgarter Landtag auf, die eine Mehrheit des Bundesvorstandes stützt, nur eben nicht die andere Bundesvorsitzende Petry.

Mit einem Wort: Das hier ist die offene Saalschlacht, ein wilder Haufen, kreuz und quer ineinander verbissen. Und das ist der Unterschied zur ersten Existenzkrise dieser jungen Partei, in der es im Kern um einen Machtkampf zwischen dem früheren Vorsitzenden Bernd Lucke und der heutigen Vorsitzenden Petry ging. Und um eine inhaltliche Neuausrichtung: Weg vom eurokritischen Kurs, hin zu einem nationalkonservativen und antiislamischen Kurs.

Jetzt aber sind nicht nur keine Frontverläufe zu erkennen, sondern auch kein grundsätzlicher Streit über den programmatischen Kurs. Zu erleben ist eine Partei, die ihre ganze Aggression, die sich sonst gegen andere wendet, an sich selbst auslässt. Eine Art Auto-Immun-Störung. Die AfD ist dieses Mal nicht dabei, sich neu zu erfinden. Sie ist dabei, sich selbst zu demolieren. Ihre chronisch schlechte Laune an sich selbst auszuleben.

Dünnes programmatisches Fundament

Es gibt viel Anlass für Kritik an einer politischen Situation, in der seit vielen, vielen Jahren eine faktische Größtkoalition aus CDU, SPD und Grünen im lagerübergreifenden Verbund regiert. Die AfD ist die logische Konsequenz dieser Größtkoalition, die in jenen Teilen der Bevölkerung, die andere Haltungen hat, ein Gefühl der Ohnmacht ausgelöst hat.

Aus dem Gefühl der Ohnmacht speisen Zuspruch und Zulauf, den die AfD erlebt. Aber aus einem amorphen Ohnmachtsgefühl und einer damit einhergehenden Wut und Aggression formt sich noch lange kein kongruentes Ganzes. Die AfD hat inzwischen zwar ein Grundsatzprogramm, auf das sie sich unter Qualen verständigt hat. Aber es ist das dünnste und unvollständigste Programm, das derzeit im demokratischen Spektrum im Angebot ist.

Und so dünn ist dann eben auch das Fundament, auf dem die ganze Partei steht. Bricht das Flüchtlingsthema weg, dann hält diese Partei im Innern nichts zusammen. Sie bleibt nur solange zusammen, wie das Thema Zuwanderung sie zusammenhält. Fehlt dieser Außendruck, dann atomisiert sie sich, wie gerade zu beobachten ist. Es zeigt sich coram publico: Die AfD ist mehr ein Haufen als eine Partei.

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