Trump-Rede vor der Uno - Was, wenn Trump jetzt handeln muss?

Die Rede des US-Präsidenten vor den Vereinten Nationen war ein außenpolitischer Paukenschlag. Er drohte Nordkorea mit der „völligen Zerstörung“ und dem Iran mit der Aufkündigung des Atom-Deals. Das schafft eine Dynamik, aus der sich Trump und die Welt nicht mehr befreien könnten

Bei seiner Rede drohte US-Präsident Donald Trump Nordkorea mit „völliger Zerstörung“ / picture alliance
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Werner Sonne, langjähriger ARD-Korrespondent in Washington, ist der Autor mehrerer Bücher zu diesem Thema, u.a.  „Leben mit der Bombe“, sowie des jüngst erschienenen Romans „Die Rache des Falken“. 

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Es gibt Donald Trump zwei Mal: einen, der gerne per Twitter aus der Hüfte schießt, und dann den Teleprompter-Trump, also einen, der eine sorgfältig formulierte Rede abliest. Vor den Vereinten Nationen war es der Teleprompter-Trump. Deshalb ist diese Rede vor der gesamten Weltöffentlichkeit sicherlich die wichtigste, die er bisher zur Außenpolitik gehalten hat, eine Rede, die man ernst nehmen muss. 

Nimmt man sie ernst, muss einem Angst und Bange werden. Beispiel Nordkorea: Wie ist es zu verstehen, wenn er das Land bedroht, total zu zerstören? Der „Raketenmann“ Kim Jong-un befinde sich auf einer Selbstmörder-Mission, sagt Trump. Sicher, der Präsident hat hinzugefügt, er hoffe, dass das nicht nötig sein werde. Aber was heißt das, wenn der Machthaber in Pjöngjang nicht einlenkt? Unterstellen wir einmal zu Trumps Gunsten, dass er nur den Druck extrem erhöhen wollte – vor allem auch auf China und Russland – um so durch noch schärfere Wirtschaftssanktionen und andere Druckmittel Nordkorea zum Einlenken zu bringen. Aber was, wenn auch das nichts nutzt? Hat Trump dann die USA nicht so unter Zugzwang gesetzt, dass er am Ende handeln muss, wenn Amerika nicht als stark im Ankündigen, aber als schwach im Umsetzen dastehen will? 

Erinnerungen an fatale Rede von George Bush

Man fühlt sich an seinen Amtsvorgänger George Bush Junior erinnert. Der sprach einst von der „Achse des Bösen“, und er meinte vor allem Saddam Hussein. Bald darauf ließ er den kriegerischen Worten Taten folgen. Er begann den Irak-Krieg, unter dessen Folgen die Welt bis heute leidet. Dadurch wurden radikale Terrororganisationen wie der Islamische Staat erst groß gemacht, dessen Unterstützer ganz wesentlich von den unterlegenen sunnitischen Anhängern Husseins stammen.

Die Gefahr jedenfalls besteht, dass auch Trump sich nun durch seine drastische New Yorker UN-Rede nicht mehr aus seiner selbst geschaffenen Dynamik befreien kann. Da tröstet es kaum, dass Heather Nauert, die Sprecherin des US-Außenministeriums, im Fernsehsender CNN noch kurz vor Trumps Auftritt bekräftigte, bei der Lösung des Nordkorea-Problems müsse die Diplomatie Vorrang haben.

Nuklearabkommen mit Iran in Gefahr

Trumps verbale Drohgebärde gegen Nordkorea ist gefährlich genug. Das Nuklearabkommen mit dem Iran neu bewerten zu wollen, ist aber noch gefährlicher. Nicht nur die USA, auch die übrigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates und auch Deutschland haben diesen Deal mit den Machthabern in Teheran nach vielen Jahren mühsamster Gespräche erfolgreich ausgehandelt. Es sei eines der schlimmsten und einseitigsten Abkommen, das die USA je unterzeichnet haben, so sieht es jetzt Donald Trump. Es sei eine Schande für Amerika gewesen.

„Wir haben das Letzte noch nicht gesehen“, sagte er, und was der damit meinte, wird immer klarer: Er will offenbar aus diesem Abkommen aussteigen, das immerhin den Iran verpflichtet, für zehn Jahre sein Programm für die Entwicklung einer eigenen Atombombe stillzulegen. Bisher hat sich der Iran an alle eingegangenen Verpflichtungen gehalten. Das ist nicht nur eine Ohrfeige für die Mullahs in Teheran, die Trump für die Beförderer des Terrorismus schlechthin hält, sondern auch für alle, die diesen historischen Deal mit ausgehandelt haben. Der US-Präsident stellt sich hier gegen alle anderen wichtigen Atomstaaten, und auch gegen die Merkel-Regierung in Berlin, deren SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier einer der treibenden Kräfte bei diesem diplomatischen Kraftakt war.

Wie weit will Trump noch gehen?

Was würde das für Folgen haben? Wenn der Deal platzt, könnte Teheran frei sein, seine Zentrifugen wieder anzuwerfen und sein Atomprogramm wieder aufzunehmen. Wird Trump, wie jetzt mit Nordkorea, dann auch damit drohen, den Iran vollends zu zerstören? Wie weit will er gehen? Er steuert hier auf eine erneute diplomatische Konfrontation mit einem großen Teil der Welt zu. Russland und China, die bei dem Deal mitgemacht haben, werden sich das gewiss nicht bieten lassen und ihre eigenen Interessen mit dem Iran weiter verfolgen.

Einerseits verlangt Trump, dass die Welt zusammenstehen solle, um Nordkorea in seine Schranken zu weisen, andererseits droht er mit einem Alleingang auch gegen seine wichtigsten Verbündeten, wenn es um den Iran geht. Es wird schwer werden, sich hierbei solidarisch zu verhalten. Auf den letzten Metern im Bundestagswahlkampf kann die Frage noch spannend werden: Wie werden die Politiker auf diese provozierende Rede reagieren?

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