Trump und die CIA - „Die Präsidentschaft ist schon jetzt aufs Äußerste belastet“

Die Beziehung zwischen dem US-amerikanischen Geheimdienst und dem designierten Präsidenten ist schon vor dessen Amtsantritt mehr als gespannt. Der ehemalige CIA-Agent Robert Baer erklärt im Interview, wie der Machtkampf sich entwickeln könnte

Trump und die CIA: „ein persönliches Pearl Harbour"/ picture alliance
Anzeige

Autoreninfo

Ramon Schack ist Journalist und Buchautor mit Sitz in Berlin. Zuletzt erschienen seine Bücher „Neukölln ist nirgendwo“ und „Begegnungen mit Peter Scholl-Latour“.

So erreichen Sie Ramon Schack:

Anzeige

Herr Baer, im vergangenem Jahr sagten Sie mir in einem Interview Lediglich ein Sex-Skandal könnte Trump zum Stolpern bringen. Möglicherweise werden diesbezüglich schon Vorkehrungen dieser Art getroffen.“ War es das, was wir in den vergangenen Tagen erlebten, als angeblich belastendes Material gegen den neu gewählten Präsidenten auftauchte, flankiert von Schmuddelgeschichten?
Trump wurde kürzlich von der CIA gebrieft über das Ausmaß der russischen Einflussnahme beim zurückliegenden Wahlkampf. Dieses Briefing war so etwas wie das persönliche Pearl Harbour Trumps, noch bevor seine Präsidentschaft überhaupt begonnen hat.

Könnten Sie das bitte konkretisieren?
Trump hat begriffen, dass er möglicherweise dem russischen Geheimdienst seinen Wahlsieg und sein Amt zu verdanken hat. Wobei die amerikanischen Nachrichtendienste sich noch bei der Bewertung zurückhalten, wie stark Moskaus Einflussnahme den Wahlausgang beeinflusst hat.

Weshalb sollten die Nachrichtendienste diese Informationen zurückhalten?
Damit es nicht zu einem Machtkampf kommt, in der Öffentlichkeit, zwischen den Spitzen der Geheimdienste und dem Weißen Haus – das wäre ein großes Risiko für die Sicherheit der USA. Außerdem gibt es rechtliche Rahmenbedingungen, die die CIA und das FBI daran hindern, solche Informationen zu veröffentlichen. Die bisherigen Erkenntnisse enthalten aber schon genug Sprengstoff und belasten die Präsidentschaft Trumps auf das Äußerste. Trump ist sich dessen bewusst, deshalb kritisierte er auf seiner Pressekonferenz alle anderen Nationen, vor allem China und Iran, schonte aber Russland und damit sich selbst. Langfristig schadet er sich damit aber.

Donald Trump gilt schon lange als ein großer Kritiker der CIA. Sie gaben ihm neulich auf CNN Recht, was einige seiner Kritikpunkte angeht, obwohl Sie wahrlich nicht als Trump-Anhänger gelten.
Schon 2003 hatte Trump gefordert, die CIA muss total neu organisiert werden und vor allem von der Politik ferngehalten werden. Das war schon damals richtig.

Trump forderte ja auch mehr Agenten vor Ort in den Krisengebieten, also mehr operative Einsätze und weniger Bürokraten im CIA-Hauptquartier. Ihnen, als ehemaliger CIA-Agent im Irak, der damals den Auftrag hatte Saddam Hussein zu liquidieren, gefällt diese Aussage sicherlich?
Ja, ich teile diese Meinung. Ich wurde Mitte der neunziger Jahre in den Irak geschickt, um eine Opposition gegen Saddam Hussein zu organisieren, man könnte auch sagen, eine Revolte. Schon damals aber realisierte ich, dass der Irak ohne Saddam Hussein, ohne sein nationalarabisches Baath-Regime, nur unter großen Schwierigkeiten erhalten werden könnte.

Sie arbeiteten damals überwiegend mit kurdischen Oppositionsgruppen zusammen.
Nicht nur. Ich war damals operativ tätig. Zu meinen Kontakten zählten auch sunnitische Stammesführer, Menschen aus dem schiitischen Widerstand, aber auch aus der Opposition innerhalb der herrschenden Baath-Partei. Aber letztendlich schien der kurdische Widerstand der kompetenteste zu sein, weil es dabei auch um die staatliche Unabhängigkeit ging, die nur ohne Saddam Hussein in die Wege geleitet werden konnte, wenn überhaupt.

Wie muss man sich so eine operative Tätigkeit in einem Land wie dem Irak vorstellen?
Sie haben sicher Verständnis, dass ich darüber keine Auskunft geben kann. Ich kann nur so viel sagen: Es ist nicht immer wie bei James Bond, manchmal aber schon. Spionage ist ein riskantes Unternehmen. Einige Risiken führten zu Erfolgen, andere zu Niederlagen. 

Halten Sie Spionage heute noch für eine wirksame Waffe?
Ja. Wenn die USA ihre Augen und Ohren im Nahen Osten verlieren, würden wir uns von anderen Mächten einseitig abhängig machen. Das kann keine Alternative sein. In diesem Zusammenhang sollte man sich daran erinnern, dass die CIA in der Vergangenheit eine eher unglückliche Rolle in Syrien spielte, wo seit Beginn des Aufstandes kein CIA-Agent vor Ort stationiert war. In den sechziger Jahren wurde ein CIA-Mitarbeiter in Damaskus gehängt, weil er beschuldigt worden war, an der Vorbereitung zu einem Putsch beteiligt gewesen zu sein. Nachdem das dortige Baath-Regime vor 30 Jahren die Revolte in der Stadt Hama blutig niedergeschlagen hatte, fand man in den Trümmern der Stadt die Bestandteile eines Radios, das in den USA hergestellt wurde. Daraufhin beschuldigte man fälschlicherweise die CIA, den dortigen Aufstand unterstützt zu haben. Im amerikanischen Außenministerium, wie auch bei der CIA, kam man zu der Schlussfolgerung, der US-Geheimdienst solle seine Finger von der syrischen Opposition lassen, was man in den vergangenen drei Jahrzehnten auch so beibehalten hat. Aktuell ist die CIA also über den Kampf der Rebellen gegen das Regime nicht im Bilde.

Von Trump gab es bisher keine Aussage zu Saudi-Arabien. Was halten Sie davon, dass Riad vom Westen aufgerüstet wird?
Nun, Trump ist außenpolitisch ungebildet. Die Aufrüstung von Saudi-Arabien ist einer der größten Fehler überhaupt. Jetzt erleben wir doch, dass es eine totale Fehlkalkulation war  Saudi-Arabiens als Frontstaat gegen den Iran hochzurüsten. Der Westen und Iran haben den gleichen, gemeinsamen Feind, nämlich den militanten sunnitischen Extremismus wahhabitischer Prägung – also das, woraus sich Al-Qaida speist oder heute IS. Eine Kooperation des Westens mit dem Iran ist momentan der einzige Weg, die Region wieder zu stabilisieren. Das gilt auch für Afghanistan, wo wirklich nichts geregelt ist. Saudi-Arabien ist übrigens einer der großen Verlierer der Entwicklung.

Noch einmal zurück zu Trump. Wie mächtig ist dieser militärisch-technische Komplex in den USA eigentlich?
Man muss sich diesen Komplex als ein Verband von einflussreichen Lobby-Gruppen vorstellen. Lobby-Gruppen, die sehr stark sind und einiges in Bewegung setzen können.

Zum Beispiel, um noch einmal darauf zurückzukommen, auch eine Kampagne gegen einen gewählten Präsidenten, der dabei ist die Außen- und Verteidigungspolitik der USA radikal zu verändern?
Ja, natürlich. Bei Russlands Einflussnahme handelt es sich aber um eine Kampagne sondern um eine Tatsache. Ich weiß übrigens aus sicheren Quellen, dass es bald zu einem radikalen Aufräumen kommen wird, innerhalb der CIA. Mal schauen wie sich die Dinge dann gestalten.

Robert Baer ist ein ehemaliger Agent des US-Geheimdienstes CIA. Er war während seiner Dienstzeit unter anderem im Irak operativ tätig. Seine Bücher, in denen er über seine Arbeit als Agent schreibt, sorgen in den USA regelmäßig für großes Aufsehen. „See No Evil“ und „Sleeping with the Devil“ lieferten die Vorlage für den 2005 fertiggestellten Film „Syriana“. Die Person des Protagonisten Bob Barnes – gespielt von George Clooney – wurde Robert Baer nachempfunden.

Anzeige