Pressekonferenz des US-Präsidenten - Being Donald Trump

Aggressiv, ehrkäsig, unsouverän, trotzig und infantil – so präsentiert sich der amerikanische Präsident. Donald Trump scheint seinem Amt nicht gewachsen zu sein. Man mag sich kaum vorstellen, wie er in einer brenzligen Situation reagieren wird

Donald Trump: Ein Bulldozer, der über alles und jedes hinwegfährt, was seinem Ego im Weg steht / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Gut zwei Jahre muss das jetzt her sein, da kam es zu einer denkwürdigen Begebenheit in der traditionellen Jahrespressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ein Kollege meldete sich, der sich höflich als chinesischer Korrespondent vorstellte. Erst pries er Merkel und fragte sie dann, wie sie es vor dem Hintergrund ihrer guten Politik eigentlich aushalte, ständig von der Presse so schlecht behandelt zu werden und ob sie da nicht regelnd eingreifen wolle. Merkel lächelte belustigt und milde und erklärte dem Kollegen, wie es sich verhält in einer Demokratie mit der Meinungsfreiheit, dass Kritik dazugehöre, dass das auch gut so sei und dass sie sich persönlich unterm Strich nicht zu beklagen habe.

Vielleicht sollte Angela Merkel bei Gelegenheit dem amerikanischen Präsidenten ein ähnliches Privatissimum in dieser Sache zuteil werden lassen wie dem staunenden Kollegen aus dem Reich der Mitte. Nach der surreal anmutenden Pressekonferenz von Donald Trump am Donnerstag erschiene dies wie ein Dienst an der amerikanischen Demokratie.  

Dreiste Verdrehungen, bizarres Eigenlob 

Es geht in der mentalen Verarbeitung dieser Pressekonferenz jetzt gar nicht so sehr um einzelne kurios erscheinenden Behauptungen wie etwa jene, die neue Regierung arbeite wie ein geölte Maschine – nachdem es innerhalb von wenigen Tagen erst den Sicherheitsberater Michael Flynn aus der Kurve getragen hatte und dann der designierte Arbeitsminister sein Amt nicht antreten wollte. Es geht gar nicht um das armselige Vokabular von Trump, das offenbar nach dem binären System eines Computers funktioniert: Entweder etwas ist großartig oder fürchterlich. Dazwischen ist nichts. Es geht auch nicht um das bizarre Ausmaß an Eigenlob, das sich Donald Trump für seinen ersten Monat im Weißen Haus beimaß. Nebst Ruhm und Preis für die First Lady.

Es geht um alles auf einmal. Um einen Mann in einem Modus, in dem man sich den mächtigsten Mann der Welt nicht wünscht. Aggressiv, ehrkäsig, unsouverän, trotzig und infantil.

Jede Hoffnung, dass sein Gebaren im Wahlkampf mit dem Dasein im Amt ein Ende haben würde, darf die Welt nach diesem Fernsehabend begraben. Donald Trump wird bleiben, was er ist: ein Bulldozer, der über alles und jedes hinwegfährt, was auch nur ansatzweise so aussieht, als stünde es seinem Ego im Weg.

Einschub: Journalisten sollten kein Glaskinn haben. Sie teilen aus, also müssen Sie auch einstecken. In dieser Fähigkeit kann unsere Zunft kollektiv besser werden, viel besser werden und auch jeder einzelne. Mit einiger Sicherheit gilt das auch für das White House Press Corps.

Der Twitter-Präsident

Aber wie Donald Trump begann, kleinteilig und grobschlächtig zugleich, einzelne Front Page Storys der Washington Post und der New York Times zu zerpflücken, wie er Noten an die jeweiligen Reporter und deren Medien verteilte, das lässt schweren Zweifel daran zu, dass Donald Trump diesem Amt gewachsen ist. Denn was passiert, wenn ihn in einer brenzligen Situation, an denen die Welt gerade nicht arm ist, ihn nicht ein Korrespondent einer Zeitung, sondern ein Regierungschef einer anderen Atommacht in diesen obsessiven und irrationalen Modus verfallen lässt?

Bei vielen Diskutanten in den sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook fragt man sich oft, ob diese Individuen im Netz ein zweites Wesen sind, eine zweite Natur an den Tag legen, die Gott sei Dank wenig mit der Person im realen Leben zu tun hat, die physisch diese Einträge tätigt. Der Film, „Being John Malkovich“ hat dieses Vexierspiel zweier Naturen ein und derselben Person in der fiktiven und der realen Welt einmal grandios-irritierend thematisiert. 

Bei Donald Trump hat dieser Fernsehabend leider ergeben: „The Real Donald Trump“ auf Twitter und der amtierende Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sind ein und dieselbe Person. Don‘t fool yourself. Machen wir uns da nichts mehr vor.  

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