Islamistischer Terror in Nizza - Wie die „taz“ Erdogan in die Hände spielt

Die Berichterstattung über die grausamen Morde von Nizza hat ein grundsätzliches Problem linker Medien offen gelegt: Islamistischer Terror wird verharmlost, um Rechtspopulisten keine Steilvorlage zu geben. Damit bleibt das eigentliche Problem aber ungelöst.

Wie berichtet man über den Terror von Nizza, ohne rassistische Propaganda zu befeuern? / dpa
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Autoreninfo

Judith Sevinç Basad ist Journalistin und lebt in Berlin. Sie studierte Philosophie und Germanistik und volontierte im Feuilleton der NZZ. Als freie Autorin schrieb sie u.a. für FAZ, NZZ und Welt. Sie bloggt mit dem Autoren-Kollektiv „Salonkolumnisten“. 

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Vor einiger Zeit sorgte ein Twitter-Video für Aufsehen, in dem der ARD-Journalist Kai Gniffke zu sehen war. Zuerst wurde Gniffke in einem Tagesthemen-Kommentar gezeigt, wo er beteuerte: „Wir jubeln Ihnen keine Meinung unter!“ „Wir wollen informieren, nicht missionieren“, sagte er in pathetischem Ton damals in die Kamera.

Dann folgt ein Videoausschnitt von der Republica, der größten Medienmesse in Deutschland. Dort erzählt Gniffke, dass „wir“„gerade während des AfD-Großwerdens und der Pegida-Phase schon einen missionarischen Eifer“ gehabt hätten. Die Texte wären alle „irgendwie unangreifbar“, aber zwischen den Zeilen wäre „es schon aus jeder Pore gekommen“: „Ihr sollt die bitte doof finden“. Wie „ein Stigma“ hätten die Journalisten  dann an jeden Beitrag dann noch einmal drangehängt, dass die AfD „rechtspopulistisch“ sei.

Angst vor der Reaktion der Rechtsextremen 

Den missionarische Eifer von Journalisten, den Gniffke hier beschreibt, konnte man auch in den letzten Tagen erkennen, als über die grausamen Morde in Nizza und den Konflikt zwischen Erdogan und Macron berichtet wurde.

Die Motivation fürs Missionieren hat sich seitdem nicht geändert: Viele Journalisten haben Angst, dass sie Rechtsextreme bei ihrer rassistischen Propaganda befeuert könnten, wenn sie schlecht über muslimische Gewalttäter oder den Islam berichten. Die Lösung: Man berichtet gar nicht.

Täter-Opfer-Umkehr 

Oder: Man betreibt eine Täter-Opfer-Umkehr, damit kein Schandfleck auf dem Islam klebt, der den dummen Normalbürger am Ende noch dazu anstacheln könnte, gegen Muslime zu hetzen.

Doch der Reihe nach.

Nach dem Mord an Samuel Paty verteidigte Macron mit Nachdruck die Meinungsfreiheit und mit ihr das Recht, Mohammed-Karikaturen zu veröffentlichen. Zudem beteuerte er, dass sich der Islam in einer Krise befindet. Eine selbstverständliche Aussage, könnte man meinen. Nicht für den türkischen Präsidenten Erdogan. Seine Reaktion: Er unterstellte Macron eine psychische Störung und rief zum Boykott französischer Waren auf.

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Erdogan als Dosenbier-Prolet  

Die Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo veröffentlichte daraufhin eine Karikatur, auf der Erdogan in Unterhose und – in prolliger Manier mit einer Dose in der Hand – den Rock einer verschleierten Frau entblößt, sodass man ihr nacktes Hinterteil sehen kann. Die Frau sagt lachend: „Ohhh! Der Prophet!“. Die  Überschrift der Karikatur: „Im Privaten ist Erdogan eigentlich ganz witzig“.

Charlie Hebdo hat hier gezeigt, wie man mit einem Despoten umgehen sollte, der sich nicht nur respektlos gegenüber den Opfern der Terror-Attacken zeigt, sondern auch die demokratischen Werte des Westen mit Füßen tritt: Man schießt mit aller Härte zurück, indem man einen oben drauf setzt.

Liefert Macron rechten Populisten eine Steilvorlage?  

Das missfiel nicht nur Erdogan, sondern auch einigen deutschen Zeitungen. So teaserte die taz auf Twitter einen Text über Macron mit der Behauptung an, dass der Franzose den islamistischen Mord „zu einer Grundsatzfrage“ aufbausche.

Der Französische Präsident hätte aus dem islamistischen Attentat einen „Staatsakt“ gemacht, warf der Autor dem Präsidenten vor, und würde Erdogan somit eine „Steilvorlage für Populismus“ liefern. Ergo: Man solle lieber nicht zu laut gegen den türkischen Präsidenten aufbegehren, weil man sonst islamistische Terroristen zu sehr anstacheln könnte.

Die Angst vor Rassismus versperrt den Blick  

Wenn man den Artikel weiterliest, sieht man, um was es dem Autor eigentlich geht: Man riskiere mit einem zu harten Kurs gegen islamistischen Terror, alle Muslime zu Extremisten zu degradieren, heißt es dort.

Hier sieht man, wie tief die Angst vor Rassismus den nüchternen Blick auf Politik versperrt: Die Angst davor, Muslime in Deutschland auszugrenzen, ist so stark, dass Journalisten die Propaganda eines Despoten übernehmen, der Macrons Widerstand gegen den Terror als eine „anti-muslimische Agenda“, „Feindseligkeit gegenüber Türken und dem Islam“, als „kulturellen Rassismus“, ja sogar als eine „Neuauflage der Kreuzzüge“ verteufelt. Letzteres ist übrigens ein Argument, mit dem islamistische Fundamentalisten ihre grausamen Attacken auf Frankreich rechtfertigen.

Deutschlandfunk schweigt zum Attentat von Nizza 

Einen halben Tag nach diesem Post wurden in Nizza drei Menschen in einer katholischen Kirche von einem islamistischen Tunesier brutal ermordet. Der beschwichtigenden Post der taz steht indes immer noch auf Twitter, während der Deutschlandfunk selbst mehrere Stunden nach dem Verbrechen es nicht für nötig erachtete, die Meldung in die halbstündigen Nachrichten mit aufzunehmen.

Doch das war nicht der einzige mediale Ausrutscher. Auch Spiegel Online bezeichnete Macron vor dem zweiten Attentat in Nizza als „Verlierer des Tages“. Der Franzose hätte sich „etwas ungeschickt in einen Konflikt mit mehrheitlich muslimischen Staaten begeben“ und „auch im eigenen Land Wunden aufgerissen“, prangerte man hier an. Selbst der Twitter-Account von WDR aktuell postete einen Beitrag, in dem behauptet wurde, dass das durch blutigen Terror gezeichnete Satiremagazin Charlie Hebdo die Spannung zwischen der Türkei und Frankreich „anheizen“ würde.

Shitstorm gegen Macron 

Es ist erschreckend, wie Erdogans Propaganda vor allem im Netz Gehör findet. Dort gibt es nicht nur die vom Verfassungsschutz beobachtete Organisation „Generation Islam“, die unter dem Hastag #StopMacron zu einem Shitstorm gegen Akteure in Politik und Medien aufruft, die Macrons Kurs verteidigen und sich dabei auf die Verteidigung der Ehre von Allah beziehen.

Auch Journalisten, die in anerkannten Talkshows auftreten, arbeiten hart daran, den Islamismus in Deutschland zu beschwichtigen. So echauffierte sich der Journalist Stephan Anpalagan auf Twitter darüber, dass man den Islam für den Terror verantwortlich mache. Die Attentäter, die in den letzten zwei Wochen vier Menschen enthaupteten – oder es versuchten – und einer betenden Rentnerin die Kehle durchschnitten, dürfe man zudem nicht als „Bestien“ bezeichnen. 

Wird der Islam als Terror-Religion abgestempelt  

Denn: Es wären vor allem Welt-Journalisten und die „Axel Springer-Agenda“, die mit solchen Aussagen jetzt Muslime entmenschlichten und gegen den Islam Stimmung machten, so liest man hier. „Medien und Politik“ würden nicht zwischen friedliebenden Muslimen und Extremisten unterschieden, heißt es weiter, sondern lieber „den 50 Millionen Muslimen“ in Europa das Leben „zur Hölle machen“, indem man unentwegt den gesamten Islam als eine Terror-Religion abstempelte.

Hier fragt man sich, in was für einer Welt Anpalagan lebt. Fakt ist: Der Bund gibt jährlich Millionen für die Prävention von Rechtsextremismus und Rassismus aus, Artikel über „Weiße Privilegien“ sind seit dem Tod von George Floyd zum absoluten Klickbait geworden, während Parteien über Antirassismus-Ministerien beraten und die politische Linke immer noch ihre Willkommenskultur feiert. 

Der Islam, das wahre Problem

Fakt ist auch: Außer der extrem Rechten gibt es in Deutschland nur wenige Menschen, die Muslime pauschal zu Terroristen degradieren. Nicht alle Deutschen sind Idioten, die unfähig sind, zu differenzieren. Das Problem ist im Moment nicht der Rassismus in Deutschland, sondern die journalistischen Aktivisten, die behaupten, dass Rassismus in Deutschland das Problem ist.

Denn ihre panische Angst davor, den Rechten in die Hände zu spielen, führt nicht nur dazu, dass sie den Opfer-Populismus eines radikal-islamischen Despoten übernimmt. Sie verhindert auch, dass wir uns mit dem wahren Problem beschäftigen: dem Islam.

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