Neuer US-Präsident - „Trump weiß nichts über Außenpolitik”

Die außenpolitischen Aufgaben der USA sind groß, doch keiner weiß, wie sich Präsident Donald Trump verhalten wird. Karin von Hippel, Direktorin eines angesehenen britischen Thinktanks, empfiehlt: Wenn Trump wirklich schwierig wird, müssen die Alliierten Druck ausüben

Bis jetzt wurde die Außenpolitik von Washington bestimmt, dies könnte sich unter Trump ändern / picture alliance
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Tessa Szyszkowitz ist Londoner Korrespondentin des österreichischen Wochenmagazins Profil. Im September 2018 erschien „Echte Engländer – Britannien und der Brexit“. Foto: Alex Schlacher

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Frau von Hippel, Donald Trump hat keinerlei außenpolitische Erfahrung. Es ist vielleicht zu früh, mögliche Namen für seinen Außenminister zu diskutieren, aber einer, der jetzt genannt wird, ist Newt Gingrich. Wie würde die US-Außenpolitik unter dem umstrittenen ehemaligen Sprecher des Repräsentantenhauses aussehen?

Newt Gingrich ist kein außenpolitischer Experte. Er spricht zwar sehr selbstbewusst über alles, aber ich habe noch nie etwas Konkretes zur Außenpolitik von ihm gehört. Er bekommt sicher einen wichtigen Job in der neuen Administration, aber ich bezweifle, dass man ihm die Außenpolitik anvertraut. Auf der Seite der Republikaner gibt es drei Leute mit außenpolitischer Erfahrung: Bob Corker, John McCain und Lindsey Graham. Letzter wird es nicht werden, denn er hat Donald Trump live im Fernsehen einen „Blödmann” genannt. Aber Senator Bob Corker könnte eine vernünftige Wahl sein, er ist heute Vorsitzender des außenpolitischen Rates im Senat. Er ist ein überlegter und erfahrener Mann.

Dr. Karin von Hippel

Würde Donald Trump ihm zuhören?

Die Außenpolitik ist in letzter Zeit immer vom Weißen Haus bestimmt worden. Das könnte sich mit Donald Trump ändern. Wir haben oft genug von den Leuten, die mit ihm arbeiten gehört, dass Trump sich nicht lange konzentrieren kann. Er langweilt sich sehr schnell und er interessiert sich nicht für Details. Außerdem mag er keine Leute, die ihm die Wahrheit sagen. Er schätzt mehr den unterwürfigen Typ. Ich bin mir nicht sicher, wie lange jemand mit einer eigenen Meinung es in seiner Nähe aushalten wird können.

Trump muss jetzt sehr viele Positionen besetzen, hat er überhaupt genug loyale Vertraute?

Im Außenministerium könnten sie viele kompetente Karrierediplomaten bestellen, um deren Expertise zu nutzen. Diese könnten dann dem neuen Präsidenten erklären, was US-Außenpolitik eigentlich ist. Wenn er dann sagt: „Oh, lasst uns doch einfach dieses oder jenes machen!” Dann könnten die Experten ihn stoppen und sagen: „Nun, Sir, dann würden wir aber das Gesetz brechen.” Wir alle können jetzt nur hoffen, dass er diesen Leuten zuhört.

Brandgefährlich könnte das in Syrien werden. Fürchten Sie, dass Präsident Trump gemeinsam mit dem russischen Präsidenten Putin sich ganz offen militärisch engagiert?

Wenn er die amerikanische Armee dazu auffordert, Zivilisten zu töten, dann werden sich die Generäle weigern. Das Militär wird nicht einfach das Gesetz brechen. Ich kenne genug Leute, die ihn mit großer Nervosität beobachten, die werden sehr genau aufpassen, was er macht. Die USA haben ein sehr robustes Programm in Syrien laufen. Amerika arbeitet mit den Kurden in Rakka, sie werden ausgebildet und ausgerüstet. Trump weiß das alles natürlich nicht. Er weiß überhaupt nichts über die US-Außenpolitik. Es ist fraglich, ob er überhaupt die amerikanische Verfassung kennt. Entweder er lernt jetzt etwas oder er verlässt sich auf die Experten.

Wenn nicht, dann bricht die Weltordnung, so wie wir sie bisher kennen, zusammen?

Präsident Barack Obama verstand sehr gut, was im Nahen Osten los war. Und trotzdem konnte er die Probleme dort nicht lösen. Er gab Putin inoffiziell die Erlaubnis, sich in Syrien zu engagieren. Doch heute ist die Gefahr viel größer geworden, dass Trump einfach zu Putin in einem Gespräch sagt: „Mach mal, vor mir aus kannst du Aleppo in Schutt und Asche legen!” Putin wäre damit ganz zufrieden, er macht es sowieso jetzt schon mehr oder weniger. Trump würde dann kein Gesetz brechen, und Putin schert sich nicht um das Gesetz. Aleppo könnte dem Erdboden gleichgemacht werden. Für die Zivilisten wäre das eine Katastrophe. Und das Vakuum würde mit Dchihadisten gefüllt werden, denn ich glaube nicht, dass das syrische Regime stark genug ist.

Was können andere Regierungen, zum Beispiel die deutsche, jetzt tun?

Wenn Trump wirklich schwierig wird, dann müssen die Alliierten Druck ausüben, damit das internationale Recht nicht ausgehebelt wird. Die Rolle der UNO wird wichtig sein, dort haben wir dankenswerterweise jetzt mit António Guterres einen starken neuen Generalsekretär.

Donald Trump hat auch schon über das militärische Bündnis Nato gesagt, man sollte keine Länder verteidigen, die ihre Mitgliedsbeiträge nicht zahlen. Wird Putin das nicht als Wink sehen, dass er machen kann, was er will?

Experten wie John McCain werden ihm erklären, warum es sehr wohl vernünftig und im Interesse Amerikas ist, diese Politik weiterzuführen. Sollte Trump sich also mit gescheiten Republikanern umgeben, dann haben wir eine Chance. Zumindest für eine gewisse Zeit.

Trump hat einmal gesagt, dass Japan und Südkorea die Erlaubnis bekommen sollten, ebenfalls Atomwaffen zu haben.

Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass er diese Idee weiter verfolgen wird. Er wird eben seine Meinung ändern, ihn interessiert das alles ja nicht so richtig. Ich glaube, dass er eigentlich am liebsten herumreisen und auftreten wird wollen. Präsident der Vereinigten Staaten zu sein ist ein wirklich ernsthafter Job, da arbeitet man 24 Stunden sieben Tage in der Woche. Da kann man nicht einfach am Wochenende an den Strand gehen.

Karin von Hippel wurde 2015 als erste Frau und Amerikanerin als Direktorin des britischen Think-Tanks „The Royal United Services Institute” (RUSI) in London ernannt. Davor arbeitete die US-Diplomatin als Kabinettchefin von John Allen, dem „Präsidentschaftlichen Gesandten für die Globale Koalition für den Kampf gegen ISIL”. Jahrelang war sie im US-Außenministerium in den Abteilungen für Konfliktlösung und Terrorismusbekämpfung tätig, darunter als „Deputy Assistant Secretary in the Bureau of Conflict and Stabilization Operations”.

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