Hängematte
Der deutsche Sozialstaat in Zeiten von Bürgergeld (Symbolbild) / dpa

Studie stellt Bürgergeld schlechtes Zeugnis aus - Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück

Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung treten Erwerbsfähige trotz Arbeitskräfteknappheit deutlich seltener als früher in ein Beschäftigungsverhältnis ein. „Bürgergeld“ könnte ein noch größeres Schimpfwort werden, als es „Hartz IV“ je war.

Porträt Mathias Brodkorb

Autoreninfo

Mathias Brodkorb ist Cicero-Autor und war Kultus- und Finanzminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Er gehört der SPD an.

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20 Jahre lang hat sich die SPD erfolgreich eingeredet, ihr politischer Abstieg habe allein oder zumindest vor allem mit den Hartz-Reformen zu tun. Während die Sozialdemokraten bei den Bundestagswahlen des Jahres 2002 noch 38,5 Prozent der Wählerstimmen einfahren konnten, erreichen sie heute in Umfragen nur noch 15 Prozent. Und dazwischen lagen sie eben, die Hartz-Reformen. Wieder einmal soll der „Verrat an der Arbeiterklasse“ schuld an den Problemen sein.

Aber Hartz IV ist mit der Bürgergeld-Reform längst Geschichte. Es müsste nun also wieder aufwärts gehen mit den Umfragewerten. Zu spüren ist davon bisher nichts. Neben verlorenem Vertrauen, das wieder aufzubauen mühselig ist und lange Zeit in Anspruch nehmen kann, liegt das womöglich auch noch an etwas ganz anderem: Die Einführung des Bürgergeldes könnte ein viel größerer Verrat an jenen sein, die in diesem Lande hart arbeiten, als es die Hartz-Reformen jemals waren. Das jedenfalls legen Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung nahe (IAB). Es ist das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit.

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Ernst-Günther Konrad | So., 12. Mai 2024 - 12:18

So sich die UNION über 16 Jahre Merkel komplett entkernt hat, so ging es der SPD nach der Ära Schröder. Anstatt HartzIV weiterzuentwickeln und an den Stellschrauben der Schwachstellen zu drehen, hat man selbst das eigene Produkt schlecht geredet. Und wer die Arbeitersprache nicht beherrscht, wer quasi für das eigenen Klientel nicht ansprechbar ist und sich bis heute so weit entfernt hat, wie der Mond von der Erde, hat eben auch nichts verstanden. Und mit dem Personal ist der Untergang verbindlich gebucht.

Hans Jürgen Wienroth | So., 12. Mai 2024 - 16:53

Antwort auf von Ernst-Günther Konrad

Wer führt denn die SPD, Herr Konrad? Sind das nicht Menschen wie S. Esken und K. Kühnert? Wovon könnten die denn ohne Bundestagsmandat leben? Da versorgt man doch großzügig die eigene Klientel der Bürgergeldempfänger.

Und nicht durch die, ein Klingbeil und andere SPD Minister, sie alle sind gemeint. Und Herr Wienroth, eines ist doch mal klar. Haben die heute kein Amt mehr in Regierung oder Partei, dann eines in einer parteinahen Stiftung oder als Berater in der Wirtschaft, den im wirklichen Berufsleben, fehlt den einen die Ausbildung und den anderen Berufserfahrung.Und nicht durch die, ein Klingbeil und andere SPD Minister, sie alle sind gemeint. Und Herr Wienroth, eines ist doch mal klar. Haben die heute kein Amt mehr in Regierung oder Partei, dann eines in einer parteinahen Stiftung oder als Berater in der Wirtschaft, den im wirklichen Berufsleben.

Marianne Bernstein | So., 12. Mai 2024 - 12:48

Es ist nicht nur das Geld, es geht auch um Wertschätzung. Auf der einen Seite werden gerade ältere Menschen aufgefordert länger zu arbeiten, aber wer stellt einen 60jährigen ein? Wer schätzt die älteren Arbeitnehmer? Wer kommt ihnen entgegen? Oder ist es nicht so, dass sie so schnell wie möglich verschwinden sollen! Wie integrieren wir denn Migranten? Wenn sie so wertvoll sind, dann so schnell wie möglich in Arbeit. Wer Sprache braucht wird die Sprache auch lernen! Anerkennung von Abschlüssen. Was machen wir da? Warten bis sie wieder weg sind, weil es eben keine Anerkennung gibt. Nur wer nichts will, der kann ganz bequem bleiben. So wird das nie funktionieren.

Edwin Gaza | So., 12. Mai 2024 - 13:06

Bürgergeld ist Sozialhilfe Doppelplus.
Es passt einfach nicht in den Rahmen der Sozialgesetzbücher.
Das Justzministerium unter FDP schläft.

Den Eindruck habe ich auch Herr Gaza, aber leider nicht nur in
dieser Sache. Beim Start der Ampel gab Herr Buschmann ein paar
"grundsätzliche" Erklärungen ab, da konnte man noch hoffen,
aber was jetzt alles so in dem FDP-Ministerium durchlief, passt
nicht mehr dazu. Aber es betrift auch fast die gesamte Partei, denn
Herr Kubicki mit seinem "sowohl als auch" ist doch schlimm, für
mich ist die einzige Hoffnung noch Frau Teutenberg, leider wurde
sie wohl von Herrn Lindner kaltgestellt.

Die nächsten Wahlen, EU und drei im Osten, könnten bei dem zu
erwartenden Ergebnis für tüchtige Turbulenzen sorgen. Leider ist
es schade um die liberale Komponente aber wenn man sich zwei
weiter FDP-Ministerien, Bildung und Verkehr, ansieht, da ist ja
ausser viel heißer Luft auch nicht viel gekommen und bei den
Finanzen wird man sehen müssen, ob Herr Lindner das durchhält.

Viel Hoffnung für die nahe Zukunft gibt es wohl kaum für die FDP.

MfG

Albert Schultheis | So., 12. Mai 2024 - 13:42

Das "Bürgergeld" ist kein Geld für Bürger! Es sei denn man münzt den Begriff "Bürger" um in eine neue Semantik, die nichts mit Bürgern zu tun hat, sondern viel mehr mit Asyl-Urlaubern, Lumpenproletariat, Faulenzern und Taugenichtsen. Der Bürger war einmal gedacht als der Statthalter des neuen demokratischen Souveräns! Er war gedacht als gebildet, politisch bestens informiert, eloquent, bereit, für seine eigenen Interessen einzustehen, notfalls dafür zu kandidieren, sie auch als Soldat zu verteidigen - und im Übrigen durchaus wohlhabend genug, um seine Familie eigenverantwortlich zu ernähren und seine Kinder entsprechend auszubilden. Wie sehr die neo-sprachliche Version des Bürgers der RotGelbGrünen Khmer von diesem hergebrachten Verständnis abweicht, ja sie pervertiert, das zu beschreiben, reicht die zulässige Buchstabenanzahl in diesem Forum bei Weitem nicht aus! Also denken Sie sich Ihren Teil, liebe Foristen! Unterm Strich: Bürgergeld ist eine ganz große Vehöhnung von uns allen!

Enka Hein | So., 12. Mai 2024 - 14:28

....egal wie das Kind heißt, es ist nur eine Seite der Medaille.
Was mich und viele im Bekanntenkreis umtreibt (in der Regel: weiß, Ü60, normale Arbeiter, Ingenieure also das haßerzeugende Klientel für linksgrün) ist weniger die Unterstützung für echte Bedürftige und schon länger hier lebende, nein, es sind die Millionen seit Merkel in dieses System ein strömenden und über dieses jetzige "Bürgergeld" den fleißigen Normalbürger u. Steuerzahler aussaugende und uns als Fachkräfte verkaufte Klientel.
Wurde hier konsequent nur bei Grenzübertritt sondiert und direkt wieder zurückgeschickt der keine Chance hat, wir würden die Soziallassen und den Wohnungsmarkt entlasten. Und genau für diejenigen für die die SPD vorgibt einzutreten.
Bei nur echten ca. 5% Asylberechtigten ließe sich viel Steuergeld sparen.
Man muss g halt mal 2 Jahre hart durchgreifen, dann spricht sich das auch rum im Ausland.
Und die daraus folgenden NGO Arbeitslosen führt man dann echten Arbeitsplätzen zu. Win win.

Gerhard Lenz | So., 12. Mai 2024 - 16:52

Der Teufel liegt wie immer im Detail. Allerdings wird aufgebauscht, was es so gar nicht gibt. Denn die Zahl jener, die so gerne als Beispiel herangezogen werden, weil sie - angeblich - anderen auf der Tasche liegen, ist im Verhältnis insignifikant. Und das Geheule über Migranten, die angeblich hierherkommen, um es sich sofort in der sozialen Hängematte bequem zu machen, ist nicht mehr als leeres Geschwätz der immer gleichen Brandstifter von rechtsaussen, die glauben, sie könnten mit dem Thema Migration die Demokratie in ihren Grundzügen erschüttern und irgendein "neues Deutschland" schaffen.

Natürlich gibt es bei Anspruch und Bezug von Bürgergeld offene Fragen. Aber natürlich können Restriktionen für jene, die von den rechten Schreihälsen so gerne als Faulenzer abgewatscht werden, nicht fehlende Arbeitskräfte ersetzen. Denn beim überfälligen Anheuern ausländischer Fachkräfte hat die Politik, wohl aus Angst vor eben jenen Schreihälsen, schlicht versagt.

Wolfgang Borchardt | So., 12. Mai 2024 - 17:47

"das Ruder herumreißen"? Die Politik selbst hat sich mit der von ihr selbst aufgeblähten Bürokratie eine Bremse geschaffen, die als Staat im Staat jegliches Handeln erschwert, wenn nicht aufgrund eigener Interessen ganz verhindert. Herrn Habecks Wirtschaftsministerium hat das erst unlängst - unter Druck von Cicero - aufgezeigt.

Henri Lassalle | So., 12. Mai 2024 - 19:23

die Einstellung über 45/50-jährigen. Bei Mitarbeitern dieser Altersgruppe versucht man zuweilen, von ihren Fertigkeiten noch maximal zu profitieren, indem man sie als "interne Coaches" oder Trainer in Parttime hält. Die vorurteilsbesetzte Personalpolitik ist für Deutschland kein Ruhmesblatt. Andere Länder agieren pragmatischer.
Was hinter den Forderunge nach Revision des Bürgergeldes stecken mag: Wie bei Hartz4 der Zwang, jedes beliebige Stellenangebot unter Androhung von Sanktionen anzunehmen.
Die Arbeitgeber würdes es zu schätzen wissen.

Brigitte Simon | Mo., 13. Mai 2024 - 03:10

Ein Blick zurück in das Jahr 2012.
Der Gewinner der Euro-Krise hieß Gerhard Schröder. Damals begann der damalige Kanzler seine Roßkur für die verkrustete
Republik. Es arbeiteten mehr Menschen den je. Doch während das Ausland nach Schröders Reform giert, hassen die Deutschen sie.
Je mehr die Finanz- und Euro-Krise, das außerdeutsche Europa ökonomisch in Trümmern lag umso höher stieg das Ansehen des Altkanzlers. Der SPD-Mann war weltweit gefragt als Retter in der Not. Deutschland stand in diesen Tagen glänzend da, während es den anderen schlechter ging.
Deutschland war seinerzeit noch kein attraktives Einwanderungsland für die, mittlerweile 3,5 Millionen Flüchtlinge plus Ukraine. Den Start dazu schenkte sich Merkel 2015 und uns ein vernichtetes Deutschland.
Im Auftrag Schröders entwickelte Hartz 2012 das Konjunkturprogramm zur Reform des Arbeitsmarktes.
Zu Unrecht wurde diese als staatlich organisierter Sozialkahlschlag gesehen.
Er war auch die Aufforderung zu arbeiten. Nur war...

Heinz Scholz | Mo., 13. Mai 2024 - 07:56

Die Parteien haben nichts mehr mit dem normalen Bürger zu tun, vielmehr arbeiten sie wie Sekten: zuerst werden Worte "umgedeutet" in der ursprünglichen Bedeutung, damit "aussenstehende" nichts verstehen: der Bürger, der glaubt, im Mittelpunkt zu stehen, wird intern zur Randfigur. Bürgerpflicht gibt es für die anderen, Bürgergeld für die eigene Klientel, und so weiter. Man kann es einfach sagen: Politik lügt, denn das was sie reden, ist lange nicht das, was Bürger meint. So ist es logisch, daß die Umwelt leidet, als Rot-Grün am Ruder war, und wenn ein "Wirtschaftsminister" behauptet, daß Firmen nicht pleite gehen, sondern nur nicht produzieren...dann sagt doch das alles über dessen Qualifikation. Aber: der Bürger bezahlt weiter, weil es auch angebliche Förderungen gibt...die man nach belieben streichen oder abschaffen kann. Wer sich von solchen Lügnern belügen läßt, ist eigentlich selber schuld. Wer es Gaunern leicht macht, dem gehört es wohl so!

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 13. Mai 2024 - 09:08

das halte ich für eine gewagte These.
Aber darüber kann Frau Nahles kompetenter Auskunft geben als ich.

S. Kaiser | Mo., 13. Mai 2024 - 10:20

Das Wahlergebnis von 38,5% war übrigens in 2002. Der Abstieg danach ging erst über 34,2% in 2005, in dem Jahr, in dem die Harz-Reformen in Kraft traten, und der Effekt sich dann bei 23,0% in 2009 manifestierte. Seitdem pendelte die SPD zw. 20% und ~25% (2013: 25,7%; 2017: 20,5 in 2017; 2021: 25,7%).
Nun zu meinen, dass man durch Nivellierung des finanziellen Unterschiedes zwischen Arbeiten und Nicht-Arbeiten, Respekt den prekären Schichten zollt, ist eine Farce, und stößt die hart arbeitenden unteren Einkommen vor den Kopf. Ein Ungerechtigkeitsgefühl stellt sich ein. Wenn unter diesen Umständen die Schwarzarbeit zunimmt, ist das nachvollziehbar und dem Einzelnen nicht zu verdenken. Um es platt zu sagen: das Bürgergeld, wie es praktiziert wird, ist eine Verar**** des "kleinen Mannes", den die SPD eigentlich vertreten sollte. Vom anderen gesellschaftspolitischen Schwachsinn ganz zu schweigen. In die hinterlassene Lücke scheint BSW zu stoßen. Mal sehen, ob es 2025 gelingt.

Danke für die Korrektur.
Gerne sage ich Ihnen, dass die SPD m.E. eine gesamtgesellschaftliche Partei geworden ist über die vielen Jahrzehnte und dass es ihr schon, aber keineswegs ausschliesslich um den "kleinen Mann" gehen darf.
Will sagen, die SPD vertritt nicht die Interessen der Arbeitnehmer hauptsächlich als "kleine Männer", sondern als selbstbewußte Produzenten in dieser Gesellschaft.
Sogesehen kommt es auf die Flankierung des Bürgergeldes an.
Schauen wir also auf die Erhöhung des Mindestlohnes, Tariftreue und Massnahmen gegen Schwarzarbeit.
Wer ist hauptsächlich im Bereich Schwarzarbeit tätig?
Ich kann verstehen, dass die CDU/CSU ihren "kleinen Mann" schützen will, mit evtl. großem Abstand zu ihren "großen Männern".
Ich konnte noch nie nachvollziehen, wie man als "kleiner Mann" oder "kleine Frau" wie ich es bin, CDU wählen konnte, ökonomisch gesehen.
Andererseits fühlen sich auch "Kleine" als Staatsbürger und gewichten breiter.
"Schade," dass es die Alternative BSW gibt.
Respekt