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(picture alliance) Gerade die weiße Mittelschicht hat Obama gegen sich

Geschlechterrollen - Der weiße Mann mag Obama nicht

Mitt Romney kämpft mit Akzeptanzproblemem, eine Wählerklientel aber ist ihm sicher: Die weiße Mittelschicht. Im Wahlkampf 2008 wurde sie bereits verkörpert durch den Klempner Joe, der Obama Steuererhöhungen vorwarf. Die Spaltung verstärkt sich

Noch 40 Tage – und am 6. November wählen die USA ihren Präsidenten: Cicero-Online-Korrespondent Malte Lehming berichtet zu diesem Anlass in einem Countdown über besondere Ereignisse und Kuriositäten während des Wahlkampfs.

 

Schwarze wählen Barack Obama. Latinos wählen Barack Obama. Juden wählen Barack Obama. Frauen wählen Barack Obama. In all diesen Gruppen hat der Herausforderer der Republikaner, Mitt Romney, ein Akzeptanzproblem. Darüber wird viel gesprochen und geschrieben in Amerika.

Doch auch Obama hat ein Akzeptanzproblem. Weiße Männer stimmen mehrheitlich für Romney. Weiße Männer - das sind die, die den Staat gegründet, aufgebaut, regiert und durch ihr hohes Steueraufkommen am Leben erhalten haben. Keine kleine Gruppe also, und keine unwichtige. Doch über Obamas Akzeptanzproblem spricht kaum einer. Denn weiße Männer sind böse.

Sie haben die Indianer ausgerottet, die Schwarzen versklavt, die Frauen unterdrückt, die Religion moralisiert, die Sexualität tabuisiert. Sie halten vernarrt an der Todesstrafe und dem Recht auf Waffenbesitz fest, sind zornig, offen oder latent rassistisch, intolerant und für alle Übel – von Guantanamo bis Abu Ghraib – verantwortlich. Sich von weißen Männern wählen zu lassen, entehrt. Sich nicht von ihnen wählen zu lassen, adelt. So jedenfalls lautet das Narrativ. Und deshalb hat nicht Obama ein Akzeptanzproblem bei weißen Männern, sondern Romney, weil er von zu vielen von ihnen gewählt wird.

Der Kampf gegen die Reputation des weißen Mannes ist alt. Er reicht von der Bürgerrechtsbewegung über die Frauenemanzipation bis zum kulturellen Liberalismus der 68er-Generation. Michael Moore nannte seinen Bestseller „Stupid White Men“. Diesen Begriff übernahm er bewusst von der indianischen Urbevölkerung, die damit die kulturelle Ignoranz der Siedler und Missionare angeprangert hatte.

Seite 2: Der weiße Mittelständler ist Republikaner

Kein Zufall war es auch, dass im Mittelpunkt des Wahlkampfes vor vier Jahren „Joe the Plumber“ stand. Nachdem Joe Wurzelbacher bei einer Veranstaltung in Ohio auf Obama zugegangen war und ihm vorgeworfen hatte, die Steuern erhöhen zu wollen, wurde der Installateur von den Republikanern flugs zum perfekten Symbol für das Leiden des weißen amerikanischen Mittelständlers deklariert.

Ein aktuelles Sachbuch, das soeben in den USA erschienen ist, heißt „The End of Men“ (Das Ende der Männer). Geschrieben wurde es von Hanna Rosin, die im Fokus freilich das Schicksal aller Männer hat. Rosins These lautet: Männer sind Anpassungsversager. Auf neue Umstände reagieren sie mit Ablehnung. Sie sind unflexibel und vergangenheitsfixiert. Nach einer Scheidung etwa geht es ihnen meist schlechter als den Frauen. Denn diese sind Veränderungsbewältigungsmeister.

Weiße Männer wollen Romney statt Obama. Ist das nicht auch eine Art letztes, fast verzweifeltes Aufbäumen gegen die neuen kulturellen und ethnischen Realitäten? Wenn es doch so einfach wäre! Immerhin wurde Obama 2008 auch von vielen weißen Männern zum Präsidenten gewählt. Romney dagegen würde nach einer Umfrage von NBC und „Wall Street Journal“ aus dem August dieses Jahres null Prozent der Stimmen der Schwarzen bekommen. Null Prozent! Ein Verdacht drängt sich auf: Kann es sein, dass Romney aus demselben Grund von einigen Schwarzen nicht gewählt wird wie Obama von einigen Weißen – wegen seiner Hautfarbe?

Und was die Frauen betrifft, die mehrheitlich für Obama sind: Auch dieses Bild bedarf einer genauen Betrachtung. Ja, es gibt den „gender gap“. Allerdings sind es zum großen Teil junge, unverheiratete, alleinerziehende und/oder nicht-weiße Frauen, die den Kandidaten der Demokraten unterstützen. Verheiratete weiße Frauen tendieren mehrheitlich zu den Republikanern.

Zum „gender gap“ gesellt sich also der „marriage gap“. Politisch gehen weiße Männer in Amerika mit verheirateten weißen Frauen immer noch Hand in Hand.

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