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Lenbachhaus eröffnet - Energieeffiziente Gebäudekunst

Das neue Münchner Lenbachhaus ist seit Mai eröffnet. Sein Architekt, Norman Foster, gehört zu den renommiertesten Architekten weltweit. Im Cicero-Interview spricht der Lord über Bilder, Licht und Ökologie

Autoreninfo

Clewing, Ulrich

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Dieser Text erschien zunächst in der Printausgabe des Cicero (Mai). Wenn Sie das monatlich erscheinende Magazin für politische Kultur kennenlernen wollen, können Sie hier ein Probeabo bestellen.

 

 

Lord Foster, Sie sind bekannt dafür, sich auf Aufträge intensiv vorzubereiten. Nun haben Sie einen Anbau an die berühmte Städtische Galerie im Lenbachhaus konzipiert. Was war das Besondere an der Situation in München?

Ursprünglich war das Museum 1891 als Wohn- und Atelierhaus für den Maler Franz von Lenbach gebaut worden. Aber die verschiedenen Umbauten im vergangenen Jahrhundert haben daraus eine komplexe Abfolge von Räumen aus unterschiedlichen Zeiten gemacht. Wir haben viel mit den Kuratoren geredet, über die Sammlung, das historische Ensemble und seine Lage im städtebaulichen Zusammenhang.

Ihr Anbau steht in scharfem Kontrast zu den übrigen Gebäuden am Königsplatz, den viele für einen der schönsten Plätze Deutschlands halten – und das in München, wo jeder mittelhohe Neubau Bürgerproteste hervorruft. Sind Sie Masochist?

Der Umbau des Lenbachhauses ging völlig ohne Kontroversen über die Bühne. Wir haben von Anfang an nicht nur sehr eng mit den Behörden zusammengearbeitet, sondern auch mit den Konservatoren und der Öffentlichkeit. Ich finde, dass unsere zeitgenössische Ergänzung mit dem Altbau in Farbe, Textur und Maßstab gut harmoniert.

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Haben Sie je mit dem Gedanken gespielt, den Neubau historisch oder wenigstens neutral aussehen zu lassen?

Nein, nie. Architektur sollte die Zeit reflektieren, in der sie errichtet wurde, anstatt sich in Nachahmungen zu flüchten. Jedes Gebäude war zu seiner Entstehungszeit ein moderner Bau in einer historischen Umgebung. Außerdem bestand ein Großteil unserer Arbeit am Lenbachhaus in der Erhaltung und Bewahrung.Wir haben viel Mühe darauf verwendet, die alten Strukturen der Villa wiederherzustellen, die Anbauten aus den siebziger Jahren zu entfernen und die unterschiedlichen Gebäudeteile an der Richard-Wagner-Straße durch einen neuen Flügel zu vereinen. Selbst die goldfarbenen Metallstäbe an der Fassade des Neubaus sind als zeitgenössische Variation von Farbe und Bauschmuck des Altbaus gedacht.

Das Museum beherbergt eine heterogene Sammlung, vom Symbolismus des 19. Jahrhunderts bis Beuys, von Kandinsky bis zu Dan Flavins Neonarbeiten. Wie muss eine Architektur aussehen, die keinen dieser Bereiche vernachlässigt?

Als Architekten ist es nicht unsere Aufgabe, die kuratorische Strategie zu diktieren. Wir müssen einem solchen Haus Freiheit und räumliche Flexibilität geben. Das bedeutete, die Räume in einer gewissen Vielfalt zu gestalten, in der sowohl die Zeitgenossen als auch die älteren Meister zur Geltung kommen. Wir haben bewegliche Wände eingezogen, um Galerien bei Bedarf vergrößern zu können. Auch die Beleuchtung erlaubt eine Reihe von unterschiedlichen Szenarios, von reinem Tageslicht bis zu dunklen Kabinetten für Videos.
 

Im Lenbachhaus haben Sie erstmals mit LED-Licht gearbeitet. Warum?

LED ist kompakt und präzise zu steuern, wirkt natürlich und verbraucht wenig Energie. Dadurch wird die Beleuchtung sehr gleichmäßig, auch in Räumen, die dem Tageslicht ausgesetzt sind. Und LED-Licht ist für ältere und neuere Kunst gleichermaßen geeignet. Dieses System wurde von der Stadt München in Auftrag gegeben. Das Lenbachhaus ist das erste Museum weltweit, in dem es zur Anwendung kommt.

Das Lenbachhaus war immer das schönste Museum Münchens, zumindest von außen. Drinnen war die Raumsituation allerdings verwirrend. Jetzt gibt es dort nur 500 Quadratmeter mehr an Ausstellungsfläche – war das den Aufwand wert?

Wir wollten nicht nur den Raum für Ausstellungen vergrößern. Die Wege, die Sie durch das Museum gehen, sind jetzt ganz andere. Da haben wir versucht, mehr Klarheit zu erreichen. Der neue gläserne Eingangsbereich schließt die Lücke zwischen Atrium und Villa, wo das Alte und das Neue in einer ziemlich dramatischen Geste aufeinandertreffen. Und dass wir den Altbau als „Gebäude im Gebäude“ akzentuiert haben, erleichtert die Orientierung und macht ihn im Ganzen viel besser lesbar als früher.

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Sie haben schon öfter in Deutschland gebaut. Wie unterscheidet sich die Arbeit hier von anderen Ländern?

Die Deutschen sind besonders aufgeschlossen, was Ökologie und Energiefragen angeht. Es ist kein Zufall, dass wir einige unserer avanciertesten Lösungen auf dem Gebiet zusammen mit deutschen Bauherren entwickelt haben, etwa beim Reichstag oder bei der Umgestaltung des Binnenhafens in Duisburg.

Haben Architekten eigentlich eine besondere soziale Verantwortung, weil ihre Werke im Alltag so präsent sind?

Unsere Entwürfe sind von der Überzeugung geleitet, dass die Qualität der Umgebung direkte Auswirkungen auf die Lebensqualität hat. Deshalb haben Architekten eine doppelte Verantwortung – einmal dem Bauherrn und zum anderen der Öffentlichkeit gegenüber. Und wenn Sie sich vor Augen halten, dass Wohnen, Arbeiten und Verkehr heute 70 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs beanspruchen, dann stehen Architekten auch in der Pflicht, energieeffizient zu bauen und Transportwege durch stadtplanerische Eingriffe zu verkürzen

Das Gespräch führte Ulrich Clewing.

 

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