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Rückkehr der 80er - Nicht hipp, sondern einfallslos

Alexander Marguier erinnert sich an die Eighties. Bemerkenswert findet er die Kontinuität von damals bis heute

Alexander Marguier

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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Eigentlich ist Deutschland ein modernes Land. Aber weil man es mit nichts übertreiben soll, erst recht nicht mit der Modernität, halten wir uns so gern an die achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Also an eine Zeit, die für viele mittelalte Erwachsene von heute noch nicht lange genug zurückliegt, um endgültig der nostalgischen Verklärung anheimzu­fallen. Es ist ein bisschen wie mit einem S‑Klasse-Mercedes des Baujahrs 1982: Der darf zwar schon mit dem steuerermäßigten Oldtimer-Kennzeichen als „kraftfahrzeugtechnisches Kulturgut“ herumfahren, wird aber dennoch als „Newtimer“ bezeichnet.

Die meisten Angehörigen der Generation 40 plus, mich eingeschlossen, können sich zwar nicht mehr allzu detailgetreu an die Achtziger erinnern. Doch das Gefühl, damals einen Epochenwandel miterlebt zu haben, ist noch einigermaßen frisch. Allein schon deshalb, weil plötzlich alles digital wurde: die Spiele, die Musik, die Textverarbeitung – bis hin zu Frisuren, die aussahen, als wären sie am Computer entstanden.

Und Schimanski darf immer noch ermitteln
 

Die erfolgreichste deutsche Band dieses Jahrzehnts trug den Modernitätsanspruch sogar im Namen, und es ist kein Zufall, dass der „Modern Talking“-Veteran Dieter Bohlen inzwischen zum alterslosen Inventar der Fernsehcastingunterhaltung geworden ist. Nena übrigens auch.

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Während unsere französischen Nachbarn die Musealisierung ihrer Nation mit aller Konsequenz vorantreiben, halten wir Deutsche immerhin an den Newtimern fest. Aber bekanntlich gibt es nicht nur Alte Nationalgalerien, sondern auch Pinakotheken der Moderne. Und in Deutschland werden eben die Errungenschaften der achtziger Jahre unter besonderen konservatorischen Schutz gestellt. So gilt „Wetten, dass?“ (Erstausstrahlung 1981) dem Staatssender ZDF immer noch als gelungenes Entertainmentformat „für die ganze Familie“, während sich bei der föderalen ARD nach wie vor ein gewisser Horst Schimanski (Erstauftritt ebenfalls 1981) durch Duisburger Industriebrachen ermittelt. Das kann man wohlwollend als „Kontinuität“ bezeichnen, obwohl „Einfallslosigkeit“ treffender wäre.

Auch die Großen Koalitionsverhandlungen anno 2013 atmen den Geist der achtziger Jahre. Da wird von allen Beteiligten ein moderner Gesellschaftsentwurf beschworen, wo es in Wahrheit darum geht, Klientel­politik Kohl’scher Prägung zu betreiben: angefangen bei Rentengeschenken der CDU für die Zuschauerschaft von „Wetten, dass?“ ( Durchschnittsalter über 60 ) bis zur sozialdemokratischen Variante von „Zurück in die Zukunft“, der Rente mit 63. Nur Horst Schimanski muss tapfer weiterermitteln, obwohl er auf die 80 zugeht. Ein Zukunftsversprechen ist das trotzdem nicht.

 

 

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