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() Eric Lefkofsky lehnte das Angebot von Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page ab
Sechs Milliarden von Google für mein Unternehmen? Nein, danke.

Sechs Milliarden Dollar wollte Google für die Firma Groupon zahlen – ein Angebot, das man nicht abschlagen kann, meint man. Besitzer Eric Lefkofsky, der das Start-up erst vor zwei Jahren gegründet hat, hat genau das getan.

Einen Namen hatte er sich in der amerikanischen Start-up-Szene schon vorher gemacht. Aber im Dezember avancierte Eric Lefkofsky zu ihrem Helden, als er Googles Sechs-Milliarden-Dollar-Offerte für die von ihm gegründete Gutscheinplattform Groupon ablehnte. Der 41-Jährige ist aber kein Held. Er ist ein Zocker. Lefkofsky hat in seinem Leben schon oft hoch gepokert und meistens gewonnen. Nicht immer setzt er dabei die feinsten Methoden ein, findet das selbst aber normal: „Im Geschäftsleben geht es doch darum, sich Vorteile gegenüber anderen zu verschaffen.“ Groupon ist sein bisher größtes Spiel. Er selbst bezeichnet sich gerne als „Unternehmer und Professor“. Mit Dreitagebart, sechseckiger Brille und seinem ironischen Blick wirkt der Jurist eher wie ein Student. An der Chicago Booth School of Business unterrichtet Lefkofsky immer denselben Kurs: „Risiko, Erfolg und Scheitern beim Aufbau von Internet-Start-ups“. Darin hat er in der Tat Erfahrung. „Abgebrannte Geldgeber und Betrugsvorwürfe pflastern seinen Weg“, urteilte das Anlegermagazin Barron’s 2007. Mit 24 Jahren, direkt nach dem Jurastudium, kauft Lefkofsky zusammen mit seinem Schulfreund Brad Keywell den Bekleidungshersteller Brandon Apparel in Wisconsin. Sechs Jahre später ist die Firma pleite – und die beiden Jungunternehmer werden wegen Veruntreuung von Krediten verklagt, unter anderem von ihrer Hausbank und der Stadt Columbus, die ihnen 750000 Dollar gegeben hatte für die Zusage, Arbeitsplätze zu schaffen. Während die Gläubiger ihm Betrug unterstellen, spricht Lefkofsky von einem „Fehler“, aus dem er gelernt habe. Amerikaner verzeihen Existenzgründern ein Scheitern schnell. Und Lefkofsky hat schon damals starke Nerven. Während Brandon Apparel untergeht, gründen er und Keywell ein Start-up namens Starbelly. Das verkauft Werbemittel übers Internet mithilfe einer neuen Software. Im Jahr 2000 verkaufen sie Starbelly für 240 Millionen Dollar an Ha-Lo Industries in Niles (Illinois). Ein Jahr später ist die Internetblase geplatzt, Ha-Lo hat Konkurs angemeldet, und gegen Lefkofsky und Keywell rollt die nächste Klagewelle wegen Betrugs – der Vorwurf: Die Software war wohl nicht ganz so neu. Unbeirrt gründet Lefkofsky weitere Firmen, darunter Inner Workings, das für andere Unternehmen Druckaufträge abwickelt. Wieder wirbt er mit einer einzigartigen Software, die möglicherweise gar nicht existiert – das jedenfalls behaupten ehemalige Angestellte. Da aber ist das Unternehmen bereits gut im Geschäft. Software hin oder her: Der wahre Erfolg von Inner Workings besteht darin, die Preise der Druckereien zu drücken. Die Ersparnis wird zwischen der Firma und ihren Kunden geteilt. Es ist genau dieses Prinzip, an das sich Lefkofsky bei der Gründung von Groupon erinnert. Das Unternehmen, das Google unbedingt kaufen wollte, handelt mit Firmen, Läden und Restaurants Mengenrabatte aus. Die Hälfte des Nachlasses bleibt bei Groupon, die andere Hälfte gibt es weiter. Ein typisches Angebot sieht so aus: Wenn 20 Familien bei der Firma „Take me to the water“ eine private Schwimmstunde für ihr Kind buchen, kostet sie statt 80 nur 40 Dollar. Groupon stellt es online und verschickt es per Mail. Im Zeitalter von Facebook und Twitter verbreitet sich die Nachricht von dem Rabatt rasend schnell. Der Erfolg ist umwerfend – zwei Jahre nach seiner Gründung hat Groupon in den USA über 23 Millionen registrierte Nutzer und schreibt schwarze Zahlen. Offiziell wird die Firma von Andrew Mason geführt, einem 30-jährigen Schulabbrecher. Doch die Fäden zieht Lefkofsky, der auch das Startkapital von einer Million Dollar zur Verfügung gestellt hat. „Ohne ihn könnte ich nicht mal einen Limonadenstand betreiben“, gibt Mason zu. In Interviews heizt Lefkofsky den Rummel um den sogenannten „Social Commerce“ weiter an. „Er wird alle Branchen erfassen – Reisen, Heimwerken, Gesundheitswesen. Damit kann man unglaublich viel Geld machen.“ Mit Groupon muss er sich allerdings beeilen. Die Idee ist leicht zu kopieren, da sie keine spezielle Technik erfordert. Lefkofsky selbst schätzt, dass weltweit bereits mehr als 2000 Nachahmer am Start sind. In Deutschland haben mal wieder die Samwer-Brüder das Rennen gemacht, die schon mit Kopien von Ebay und asiatischen Klingeltonanbietern Millionen verdient haben. Ihren Groupon-Klon Citydeal übernahm das amerikanische Original im Mai 2010 für einen dreistelligen Millionenbetrag. Und die Amerikaner sind weiter auf Expansionskurs. Gerade hat sich das Unternehmen 950 Millionen Dollar besorgt, um seine Stellung als Platzhirsch auszubauen. Auf dem Höhepunkt des Erfolgs kommt dann der Börsengang – so zumindest dürfte die Planung aussehen. Dann wird aus Lefkofsky doch noch ein Multimilliardär. Ganz ohne Googles Hilfe. Dabei ist Groupon keineswegs sein einziges Projekt. Der Unruhegeist engagiert sich in seiner Heimatstadt sozial, sitzt im Verwaltungsrat des Children’s Memorial Hospital und des Museum of Contemporary Art. Mit seiner Frau Liz betreibt er eine Stiftung für die Erforschung von Kinderkrankheiten. Geschickt nutzt Lefkofsky Groupon, um Reklame für Chicago zu machen. Firmengründer beschafften sich ihr Kapital bisher lieber im Silicon Valley. Das will Lefkofsky ändern. „Wir können hier die innovativste Gründerszene der USA aufbauen“, sagt er nicht ohne eigennützige Hintergedanken. Vor einem Jahr hat er mit Brad Keywell die LightBank gegründet, einen Fonds für Existenzgründer.

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