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(picture alliance) Hat er sich mit seinen Griechenland-Plänen verzockt?

Schuldenkrise in Europa - Mit dem Rücken zur Wand

Die Schuldenkrise in Euroland spitzt sich zu - nicht zuletzt wegen des deutschen Alleingangs in Sachen Umschuldung. Finanzminister Schäuble wählte die falsche Strategie und der Krisengipfel in Brüssel bleibt Antworten schuldig.

Die Eurogruppe ist einigen Ärger gewöhnt. Seit dem Beginn der Schuldenkrise in Griechenland vor einem Jahr haben die 17 Euro-Finanzminister gelernt, mit Milliarden zu jonglieren und für jede noch so ernste Krise eine Lösung zu finden.

Doch beim Krisentreffen am Dienstag in Brüssel blieb der erhoffte Durchbruch aus. Die Lage sei ungewöhnlich ernst und kompliziert, Entscheidungen würden erst nächste Woche zum EU-Gipfel erwartet, hieß es in EU-Kreisen.

Zwar versuchte Währungskommissar Olli Rehn zu beschwichtigen: „Wir sind nicht so weit von einer gemeinsamen Lösung entfernt, wie manche glauben“, sagte der Finne. Danach könne Griechenland neue Hilfen erhalten - die Rede ist von bis zu 120 Mrd. Euro, die zu den bereits 2010 gewährten 110 Mrd. Euro hinzukämen.

Doch in Wahrheit steht die Eurogruppe mit dem Rücken zur Wand. Die Finanzminister der Euro-Zone müssen gleich zwei gefährliche Brandherde löschen: Zum einen streiten Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und der Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, um die richtige Antwort auf die Krise.

Schäuble will die privaten Gläubiger an den Kosten eines neuen Hilfsprogramms für Griechenland beteiligen. Trichet will dies nur zulassen, wenn es freiwillig ist und die EZB nicht belastet. Die Zentralbank hält massenhaft griechische Staatsanleihen und fürchtet, darauf sitzen zu bleiben.

Zum anderen haben die Märkte offenbar endgültig das Vertrauen in Griechenland und in die Rettungsprogramme der EU verloren. Am Montag stufte die Ratingagentur Standard & Poor‘s die Bonität griechischer Staatsanleihen überraschend auf einen Schlag um drei Stufen herab.

Mit einem „Triple C“ hat Griechenland nun das schlechteste Rating der Welt; selbst chronisch klamme und völlig auf sich allein gestellte Staaten wie Jamaika oder Granada bekommen bessere Noten als das kleine EU-Land am Mittelmeer.

Beide Probleme sind miteinander verknüpft. S&P begründet seine Herabstufung nämlich just mit der von Schäuble geforderten Umschuldung. Die Ratingagentur droht sogar offen damit, Griechenland für zahlungsunfähig zu erklären, falls Schäubles Pläne in die Tat umgesetzt werden.

Sollte es so weit kommen, könnte dies auch andere Euro-Krisenländer wie Irland und Portugal in die Tiefe ziehen und Schockwellen um die Welt senden.

Pessimisten malen schon ein globales Debakel wie nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers an die Wand. Der amerikanische Starökonom Nouriel Roubini, der bereits die Lehman-Finanzkrise vorhergesagt hatte, rechnet fest mit einer Pleite Griechenlands und einem Auseinanderbrechen der Eurozone.

In Berlin hält man das für ausgemachten Unsinn. Griechenland müsse auf jeden Fall gerettet werden, eine Pleite sei ausgeschlossen. Dabei werde man auch nichts gegen den Willen der EZB unternehmen, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzminister, Steffen Kampeter (CDU). Seitdem haben sich die Wogen zwischen Berlin und Frankfurt wieder geglättet.

Doch neben der EZB muss die Bundesregierung auch noch ihre Partner in der Eurogruppe überzeugen. Bisher haben nur die Niederlande und Finnland Zustimmung zu Schäubles Plänen signalisiert, Griechenland und Frankreich leisten hingegen noch Widerstand.

Nun will Bundeskanzlerin Angela Merkel versuchen, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy zu überzeugen. Bei einem Treffen in Berlin am Freitag dieser Woche wollen sie eine gemeinsame Linie formulieren.

Leicht wird das nicht, denn nun ist auch noch Frankreich unter Druck geraten. Die Ratingagentur Moody‘s erwägt, die Bonität dreier französischer Großbanken herabzustufen, weil diese stark in Griechenland exponiert seien.

Sollte Moody‘s diese Ankündigung wahr machen, würde dies die französische Neigung sicherlich nicht erhöhen auf die deutsche Linie einzuschwenken - eher im Gegenteil. Schließlich warnt Paris seit Wochen davor, eine Umschuldung könne die Schuldenkrise weiter verschärfen.

Nun rächt es sich, dass Schäuble seine Pläne nicht erst mit Frankreich und der EZB abgestimmt hat, sondern einen Alleingang wagte. Seine Pläne für eine „sanfte“ Umschuldung präsentierte er zuerst im Berliner Bundestag, nicht aber in Paris, Brüssel oder Frankfurt.

Offenbar wollte er erst einmal die Griechenland-Kritiker und Euro-Skeptiker in den eigenen Reihen überzeugen, bevor er in die Verhandlungen mit seinen EU-Partnern ging.

Der deutschen Glaubwürdigkeit hat dies nicht gut getan, im Gegenteil. Und ob so die Schuldenkrise gelöst wird, bleibt auch fraglich. Angesichts des Streits in der Eurogruppe sind die Risikoprämien für Griechenland, aber auch für Irland, Portugal und Spanien erneut in die Höhe gegangen.

Damit wird es noch schwieriger, die Schulden zurückzahlen. Und teurer wird es auch - nicht zuletzt für den deutschen Steuerzahler, der ja wieder einmal für das nächste Rettungspaket bürgen soll.

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