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(picture alliance) Merkel und Sarkozy gehen bei der Euro-Krise in entgegengesetzte Richtungen

Angela Merkel - Madame Gegenteil

In der Euro-Krise fährt Kanzlerin Angela Merkel einen klaren Kurs: Sie macht immer das Gegenteil von dem, was sie ankündigt. Letztlich wird auch der Haircut kommen – als Ultima Ratio. Ein Kommentar.

Eigentlich ist es gar nicht so schwer, vorherzusagen, wie sich die Eurokrise weiterentwickeln wird. Man muss nur verfolgen, was Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Situation in Athen, Lissabon oder Dublin an Maßnahmen vorschlägt, und kann sich sicher sein, dass am Ende das Gegenteil davon eintreten wird.

Vor dem ersten Rettungspaket für Griechenland erhielt Merkel Spitznamen wie "eiserne" Kanzlerin und "Madame Non", weil sie vehement dafür eintrat, dass es keine Haushaltsmittel für Griechenland und andere Krisenstaaten geben werde. Am Wochenende haben sich die Finanzminister der Eurogruppe über die letzten Details des permanenten Europäischen Rettungsschirms ESM geeinigt, in den Deutschland 22 Milliarden Euro einzahlen wird.

Bezüglich des aktuellen Rettungsschirms EFSF verkündete die Kanzlerin, dessen Einrichtung sei eine reine Vorsichtsmaßnahme. Niemand müsse sich Sorgen machen, weil der Ernstfall nicht eintreten und das Geld des EFSF gar nicht in Anspruch genommen werde. Wenig später schlüpften Irland und Portugal unter den Rettungsschirm. Die Kanzlerin vergaß im Zusammenhang mit dem EFSF auch nicht zu erwähnen, dass ein solcher Rettungsschirm zeitlich begrenzt sei. Aber wie bereits erwähnt, einigten sich am vergangenen Wochenende die Finanzminister der Eurogruppe über die letzten Details des permanenten Europäischen Rettungsschirms.

Bei der Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts, die zukünftige Krisen verhindern sollte, trat Angela Merkel für einen automatischen Sanktionsmechanismus ein. Nach ihrer Vorstellung sollte gegen Staaten, die gegen die Maastrichtkriterien verstoßen, automatisch ein Defizitverfahren eingeleitet werden. Diese Idee blieb nach einem gemeinsamen Spaziergang mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy irgendwo am Strand des französischen Badeortes Deauville liegen.

Mal mehr, mal weniger forsch tritt die Bundesregierung außerdem für eine Beteiligung der Gläubiger zur Rettung der Krisenstaaten in der Eurozone ein, weil es nicht sein dürfe, dass die Banken Gewinne selbst einstreichen und Verluste auf die Steuerzahler abwälzen. Selbst wenn sich die Deutschen in diesem Punkt ausnahmsweise durchsetzen sollten und die Banken sich bereit erklären, ihre griechischen Anleihen in neue griechische Staatspapiere mit längeren Laufzeiten umzutauschen, kommt die Umsetzung dieser an sich richtigen Idee wohl zu spät. Denn die meisten institutionellen Anleger in Deutschland haben sich ohnehin bereits von diesen Papieren getrennt. Die Finanzinstitute, die noch welche haben, sind verstaatlicht oder gehören dem öffentlichen Bankensektor an. Insofern wird am Ende doch der Steuerzahler die Zeche zahlen.

Wie geht es in Griechenland also weiter? In Brüssel und in der Bundesregierung will man den Griechen die nächste Tranche des Rettungspakets nur dann überweisen, wenn das Parlament in Athen vorher eine weitere Spar- und Privatisierungsmaßnahmen beschließt. Ein echter Haircut, also ein partieller Schuldenerlass, der die Griechen wirklich entlasten würde, wird weiter ausgeschlossen. Hält das Gesetz der Serie, wird Griechenland also weiteres Geld bekommen, ohne vorher weitere Spar- und Privatisierungsmaßnahmen beschlossen zu haben. In nicht allzu ferner Zukunft wird man sich dann auf eine Haircut verständigen und Angela Merkel heißt dann vielleicht "Madame Gegenteil". Merkels ehemaliger Finanzminister Per Steinbrück hat das schon im März prophezeit. Im Bundestag sagte er damals: „Wenn Sie sagen: ‚Es ist etwas ganz klar’, dann gehen bei mir inzwischen die Warnblinkanlagen an.“

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