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Die sicherste Bank

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau und ihr Chef Ulrich Schröder haben mit zinsgünstigen Überbrückungsdarlehen in der Krise Hunderttausenden ihren Arbeitsplatz gerettet – zugleich auch den Ruf des staatseigenen Geldinstituts

Ulrich Schröder! Die Vorstellung fällt etwas zu laut aus. Sie soll Präsenz signalisieren – und: Ich bin hier der Chef. Doch dann, wenn das Gespräch in Fahrt kommt, fällt das Aufgesetzte von ihm ab. Der drahtige Endfünfziger, dessen Gesichtszüge ein wenig markanter hervortreten als auf den gut ausgeleuchteten Fotos, entpuppt sich schnell als intellektueller Kopf, der sich in der Finanzwelt ebenso gut auskennt wie in gesellschaftspoltischen Debatten. Das also ist der Mann, der in den letzten Monaten Hunderttausende Arbeitsplätze gerettet hat. So würde der Vorstandsvorsitzende der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) seine Rolle nie beschreiben. So steht es aber am nächsten Tag in der Zeitung: Mit „Krediten aus dem KfW-Sonderprogramm wurde ein Beitrag zum Erhalt von etwa 789600 Arbeitsplätzen geleistet“. Dass sein Institut heute mit so viel Wohlwollen betrachtet wird, hätte sich der promovierte Jurist vor 18 Monaten wohl nicht träumen lassen. Als Schröder sein Amt im September 2008 antrat, war die KfW eine von der IKB-Krise durchgeschüttelte Bank. Kurz danach „passierte“ die unrühmliche 300-Millionen-Euro-Überweisung an die bereits insolvente Investmentbank Lehman Brothers. Wie man mit solchen Krisen umgeht oder besser nicht umgeht, konnte Schröder bei seinem früheren Arbeitgeber studieren, bei der WestLB, in deren Vorstand er saß. Wenn es Ende der neunziger Jahre um Fehlspekulationen, Skandale und Affären ging dauerte es nie lange, bis der Name WestLB auftauchte. Erst die Flugaffäre, dann das Boxclever-Desaster. Bevor es dann richtig bergab ging, schaffte Schröder mit reiner Weste den Absprung in den Vorstand der NRWBank, der aus der WestLB herausgelösten Förderbank des Landes Nordrhein-Westfalen. Anfang 2006 übernahm er hier den Vorstandsvorsitz. Nun sitzt er an den Hebeln einer der bedeutendsten Finanzschaltstellen der Republik. Und deren wichtigste Aufgabe besteht jetzt in der Wirtschaftskrise darin, kleinen und großen Unternehmen mit Krediten über krisenbedingte Liquiditätsengpässe hinwegzuhelfen – mit Geld, das die Unternehmen von Banken und Sparkassen derzeit nicht oder nicht so günstig bekommen. Schröders Auftrag: Seine Bank soll helfen, die Konjunktur wieder zum Laufen zu bringen. „Wir haben zwar schon wieder ein wenig Wachstum, die Volkswirte aber würden sagen: Das ist noch kein sich selbst tragender Aufschwung.“ Dass sein Institut dabei in neue Geschäftsfelder vorstoßen und sich größere und zum Teil auch neuartige Risiken aufladen muss, nimmt er sehr gelassen. „Das Geschäftsmodell der KfW ist von ihren Gründern so erdacht, dass es eigentlich unkaputtbar ist.“ Das Geld, das die KfW am Finanzmarkt zur Refinanzierung ihres Geschäfts aufnimmt, wird durch den Staat garantiert. Dies macht es der Bank möglich, Anleihen zu günstigsten Konditionen zu platzieren. Die Kredite wiederum, die sie als Förderbank zur Verfügung stellt, vergibt die KfW nicht direkt an die Unternehmen, sondern stets über deren Hausbank. „Fällt der Schuldner aus“, sagt Schröder, „haben wir immer noch die Bank als unseren Kreditkunden.“ Und wo die KfW zusätzliche Ausfallrisiken übernimmt, prüft sie diese genauso wie andere Banken auch. Zusätzlich werden diese dann – wie beim KfW-Sonderprogramm – meist durch den Staat, also den Steuerzahler abgesichert. Denn bei fast allem, was die KfW treibt, handelt sie im Auftrag der Politik. Bund (80 Prozent) und Ländern (20 Prozent) gehört die KfW. Sie bestimmen – innerhalb der Grenzen des europäischen Beihilferechts –, wo die KfW tätig werden darf und wo nicht. Ihre Vertreter sitzen im Verwaltungsrat. Sie unterliegt der Aufsicht durch den Bundesfinanzminister. „Wir sind ja eine ‚Anstalt‘ und keine Bank im Sinne des Kreditwesengesetzes“, erläutert Schröder. Er sähe sein Institut trotzdem gern stärker als Bank wahrgenommen und kontrolliert. „Wir unterstützen sehr, dass dieses Anliegen auch so im Koalitionsvertrag steht.“ Denn: Eine gute Aufsicht „kreiert Disziplin“. Die zweite große Sorge, die den KfW-Chef umtreibt, betrifft die Staatsverschuldung: „Griechenland ist ja nur ein – wenn auch extremes – Beispiel dessen, was auch auf andere Länder zukommen könnte.“ Im Hintergrund laufe in der Gesellschaft bereits eine Gerechtigkeitsdebatte. Es müssten glaubwürdige Lösungen gefunden werden, die von den Menschen mitgetragen werden können. „Wir wollen uns die freiheitliche Gesellschaft doch erhalten.“ Dazu gehört aus seiner Sicht auch eine stärkere Regulierung und effizientere Aufsicht der Geldinstitute. „Vor allem brauchen wir international abgestimmte Regeln, sonst gehen die Banken sofort an Standorte mit für sie günstigeren Regulierungen.“ Das werde nicht einfach sein, wie die aktuellen Debatten zeigen. „Die Öffentlichkeit wird da genau hinschauen.“ Man muss ja nicht gleich ein striktes Trennbankensystem einführen, wie Ex-Notenbankpräsident Paul Volcker es für die USA fordert. Aber es geht auch nicht an, meint er, dass eine Bank mit Steuergeld gerettet werden muss, bloß weil ein paar Zocker deren Kapital verwettet haben. Schröder: „Man muss das Feld kleinhalten, auf dem der Staat im Notfall intervenieren muss.“

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