Dieses Bild ist leider nicht mehr verfügbar
(picture alliance) Der "Warrior robot" für den Einsatz in Kriegs- und Krisengebieten half auch in Fukushima

i-Robot-Gründer Colin Angle - Bomben entschärfen und Küche wischen

Colin Angle ist der Gründer und Vorstandsvorsitzende der millionenschweren US-Firma iRobot. Seine Roboter können alles Mögliche - es hat aber eine Weile gedauert, bis er damit Geld verdiente

Es kommt vor, dass seine Erfindungen Colin Angle zu Hause manchmal vor pädagogische Probleme stellen. Als seine Tochter noch klein war und regelmäßig mit großer Freude ihre Cornflakes vom Tisch wischte, strahlte sie ihn jedes Mal lächelnd an und erstickte jedweden väterlichen Erziehungsversuch mit den Worten: „Keine Sorge, Dad, das macht der Roomba gleich weg.“ Roomba ist nicht etwa der Hund im Hause Angle, sondern der automatische Staubsaugerroboter der Firma iRobot, die Colin Angle Mitte der neunziger Jahre gründete und deren Vorstandschef er seitdem ist. Der Roboterentwickler in ihm ist dann sehr stolz darauf, wie selbstverständlich seine Tochter die Funktion des Geräts erfasst hat, der Vater in ihm wirkt etwas hilflos.

Angle selbst war als Dreijähriger etwas weniger destruktiv als seine Tochter. Er baute Dinge lieber zusammen – am liebsten, wenn er sie vorher kaputtgemacht hatte. Als Beleg dafür erzählt der heute 44-Jährige gerne die Geschichte von der kaputten Toilette. „Meine Mutter wollte damals sofort einen Klempner rufen“, sagt Angle. Der damals Dreijährige holte stattdessen eines seiner Lieblingsbilderbücher, in dem ein Querschnitt eines Einfamilienhauses abgebildet war. Die darin enthaltenen Informationen reichten Klein-Colin angeblich, um die defekte Spülung zu reparieren. Auch wenn die Geschichte fast zu gut klingt, um wahr zu sein, verrät sie doch einiges über die Stärken und Schwächen des späteren Unternehmensgründers.

Angle ist eher ein Tüftler- und Ingenieurstyp. Finanzierung, Marketing und Strategie waren ihm dagegen nicht in die Wiege gelegt. In seinem blauen Sakko und der grauen Hose wirkt Angle oft wie ein großes Kind. „In den ersten Jahren wussten wir zu Beginn des Monats häufig nicht, wie wir vier Wochen später die Gehälter zahlen sollten“, erzählt Angle freimütig.Insofern passte es auch, dass der Roomba erst durch einen glücklichen Zufall von außen zum Verkaufsschlager wurde.

In einem Pepsi-Werbespot fütterte US-Comedian Dave Chappelle einen Roomba-ähnlichen Roboter mit Chips, verweigerte ihm aber anschließend einen Schluck Cola. Aus Rache frisst der Staubsauger seine Jeans, und Chappelle steht in Unterhose da, genau in dem Moment, als seine Verabredung aus dem Bad kommt. „Der Spot hat eine viel breitere Käuferschaft angesprochen als unsere eigene techniklastige Werbung“, sagt Angle. Indirekt rettete Pepsi ihm so das Weihnachtsgeschäft und dem finanziell noch immer recht klammen Unternehmen iRobot das Überleben. Inzwischen wurden die verschiedenen Modelle weltweit mehr als sechs Millionen Mal verkauft.

Heute gehört iRobot zu den wichtigsten Unternehmen in der noch jungen Robotikbranche. Seit 2005 ist das Unternehmen an der Technologiebörse Nasdaq in New York gelistet. Der Börsengang machte aus Angle einen Multimillionär. Sein Anteil von 3,7 Prozent ist derzeit etwa 25 Millionen Dollar wert. Der Umsatz von iRobot lag 2010 bei 400 Millionen Dollar. Die Haushaltsgeräte, zu denen neben dem Roomba auch der vollautomatische Wischroboter Scooba gehört, haben im vergangenen Jahr 60 Prozent des Umsatzes beigesteuert.

Lesen Sie weiter auf der nächsten Seite, warum das US-Verteidigungsministerium der größte Kunde von iRobot ist, und wie Angle die Altenpflege revolutionieren möchte 

Die restlichen 40 Prozent kommen aus dem sogenannten Regierungsgeschäft. Dabei handelt es sich in erster Linie um Aufträge des US-Verteidigungsministeriums. Das Pentagon hat seit 2002 etwa 4000 PacBots in der iRobot-Zentrale in Boston bestellt. Die ferngesteuerten Roboter werden vor allem für Bombenentschärfung eingesetzt. Wie viele davon im Kampfeinsatz ihr Leben ließen, weiß Angle nicht. Er ist aber ohnehin dagegen, Roboter zu vermenschlichen. „Es geht mir darum, zuverlässige Geräte zu bauen, die das Leben der Menschen erleichtern“, sagt Angle und erwähnt nicht ohne Stolz, dass seine Roboter auch bei den Aufräumarbeiten in Fukushima und bei der Bekämpfung der Ölpest im Golf von Mexiko im Einsatz waren.

Die beiden Großbereiche des Unternehmens profitieren dabei gegenseitig voneinander, weil es eine regelmäßige Rotation unter den Mitarbeitern gibt. „So kam es, dass wir für den Roomba eine abgespeckte Version eines Sensors aus der Landminensuche nutzen konnten“, nennt Angle als Beispiel. Der Techniktransfer aus den verschiedenen Abteilungen spart häufig Entwicklungskosten, weil die Teams so nicht immer bei null anfangen müssen.

Als weiteres großes Geschäft hat Angle inzwischen das Gesundheitswesen und hier besonders die Altenpflege identifiziert. Bei Präsentationen holt er an dieser Stelle eine Pappfigur seiner Mutter in Originalgröße heraus. Verschiedene Prototypen von Robotern helfen der Papp-Mami dann bei der Medikamenteneinnahme, tragen sie sicher die Treppe rauf und ermöglichen ihrem Arzt oder der Familie, einen kurzen Besuch abzustatten, ohne tatsächlich vor Ort sein zu müssen. „Es ist eine Ergänzung zu den echten Besuchen, kein Ersatz dafür“, ergänzt Angle schnell.

Am Ende schließt er dann wieder den Bogen zu seiner Tochter. Haushaltsroboter machten Kinder nicht zu faulen, verwöhnten Gören, die nicht im Haushalt mithelfen, sagt er; „Scooba und Roomba sind so leicht zu bedienen, da kann man selbst Kleinkindern die Putzverantwortung übertragen.“ Inzwischen kann er auch verkaufen. 

 

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.