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Ukraine - Volker Rühe auf die Krim

Der ehemalige Verteidigungsminister Volker Rühe hat sich in der Krimkrise zu Wort gemeldet. Angela Merkel täte gut daran, Rühe als Vermittler einzusetzen

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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Das Verhältnis von Angela Merkel und Volker Rühe darf man getrost als, nun ja, komplex bezeichnen. Ihre Karrieren kreuzen sich an einer markanten Stelle, an einem Wendepunkt in der Geschichte der Partei, der sie angehören.

Rühe machte sich gerade aussichtsreich auf, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein zu werden, was eine gute Ausgangsposition für weitere Karriereschritte eines Mannes gewesen wäre, der alle Voraussetzungen mitbrachte, die ein Ausnahmepolitiker braucht: Intelligenz und Instinkt, Härte und Einfühlungsvermögen. Ehrgeiz sowieso. Rühe war kanzlerfähig.

Dann kam am 4. November 1999 die Parteispendenaffäre über die CDU wie eine biblische Plage, und eine andere Person, die damalige Generalsekretärin Angela Merkel stand erst unter höchstem Druck - und befreite sich dann mit einem ungeheurem Schlag. In einem Artikel vom 22. Dezember 1999 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte sie sich von Altkanzler Helmut Kohl los, bezichtigte ihn öffentlich, der Partei Schaden zugefügt zu haben.

Diese Aktion begründete ihren Weg ins Kanzleramt. Rühe, vom Spendenskandal geschwächt, verlor die Wahl. Für Merkel wurde so der Parteiskandal ein großer Anfang, für Rühe das Ende. Rühe könnte heute Kanzler sein und Merkel Ministerin unter ihm. Es kam anders. Sie ist seit acht Jahren Kanzlerin, und er ist raus. So erbarmungslos ist Politik.

Angela Merkel sollte Rühe als Vermittler einsetzen
 

Die politischen Gaben aber hat Rühe nie verloren. Dazu gehört übrigens neben den oben genannten auch die Gabe des strategischen Denkens. Über Jahre hat er sich als Transatlantiker und ehemaliger Verteidigungsminister dafür eingesetzt, Russland in die Nato aufzunehmen. Von vielen wurde das belächelt, manche tippten sich auch an die Stirn.

Nun hat er sich in der Krim-Krise zu Wort gemeldet. Putin habe die Entwicklung der Zivilgesellschaft in seinem eigenen Land unterschätzt, sagt er in einem Interview mit Spiegel Online. Was folgt, ist eine kluge Analyse der Lage, in die sich der Westen auf der einen und Wladimir Putin auf der anderen Seite bugsiert haben.

Vor kurzem hat Angela Merkel ihren einstigen Kontrahenten ums Kanzleramt damit betrauen lassen, den Parlamentsvorbehalt für Einsätze der Bundeswehr im Ausland zu prüfen. Eine wichtige Sache, aber nicht die akuteste im Augenblick. Sie sollte darüber nachdenken, Rühe als Vermittler in der Krim-Krise einzusetzen. Als Kopf einer Kontaktgruppe, die sie selbst ins Spiel gebracht hat. Rühe hat die Erfahrung, er hat das Wissen, er hat immer noch die nötige politische Triebkraft. Und er ist nicht einschlägig vorbelastet wie Altkanzler Gerhard Schröder, der allen Ernstes für so eine Aufgabe schon ins Gespräch gebracht wurde.  

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