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Drohnen-Debatte - Ursula von der Leyen kopiert Merkels Machtstrategie

Wie Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sich für die Anschaffung von Drohnen durchgerungen hat, zeugt von einer neuen Machtpolitik: Erstmals geht die CDU-Politikerin bei einem Thema nicht mehr mit dem Kopf durch die Wand. Stattdessen setzte sie auf die erfolgreiche Merkel-Taktik. Sie will Kanzlerin werden. Ein Kommentar

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Constantin Magnis war bis 2017 Chefreporter bei Cicero.

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Wer wissen möchte, wohin die Reise der Ursula von der Leyen geht, der sollte sich ihren momentanen Politikstil genau anschauen.

Bisher hatte die Ministerin vor allem die Angewohnheit, sich aus den verfügbaren Themen ihrer Ämter öffentlichkeitswirksam Rosinen herauszupicken und gegen alle Widerstände durchzudrücken, mit Wucht und oft im Alleingang. Der Krippenausbau als Familienministerin, Rentenreform oder Frauenquote als Arbeitsministerin – das alles waren harte, laute Aufschläge, die ihr in den eigenen Reihen oft Groll, beim Wahlvolk aber Punkte eingebracht haben.

Ähnlich agierte sie anfangs im Verteidigungsministerium. Ihr medienwirksamer Apell für den Umbau der Bundeswehr in ein „familienfreundliches Unternehmen“ war so ein Aufschlag, sympathisch nach außen, auch wenn man sich intern vor dem „Image von Weicheiern und Warmduschern“ (Harald Kujat) fürchtete.

Doch das Verteidigungsressort ist für Politikerkarrieren auch deshalb ein gefährliches Gewässer, weil man unpopulären Themen nicht ausweichen kann. Rosinenpickerei ist hier nicht mehr möglich. Kaum ein Thema ist so unsympathisch und gefährlich wie die Drohne, bewaffnete zumal. Es kostete Thomas de Maizière den Ruf, und hätte auch Ursula von der Leyen früher oder später von selber eingeholt.

Ursula von der Leyen verweist Drohnen-Zuständigkeit ans Parlament


Stattdessen hat sie sich nun positioniert. Sie sei, erklärte die Ministerin, grundsätzlich dafür, die Bundeswehr mit neuen, bewaffneten Drohnen auszurüsten. Abgesehen von ihrer Bereitschaft, aus der Deckung zu kommen, ist wenig an von der Leyens Erklärungen zum Thema entschlossen. Und das ist sehr ungewöhnlich für die Ministerin.

Drohnen für die Bundeswehr sollen vorerst nur geleast werden, erklärte sie. Jedenfalls bis die europäische Rüstungsindustrie ihre eigene Kampfdrohne entwickelt habe – ein Projekt, mit dessen Abschluss nicht vor 2020 zu rechnen sein dürfte. Von der Leyen möchte außerdem, dass jeder Drohneneinsatz vom Parlament als Mandat genehmigt wird. Auch über die Bewaffnung der Flugkörper soll der Bundestag im Einzelfall entscheiden.

Ein äußerst geschicktes Vorgehen der Ministerin. Sie hat so den Ball zurück ans Parlament gespielt, und ist gleichzeitig bis auf weiteres der heiklen Frage ausgewichen, ob die Bundeswehr sich eine eigene Kampfdrohne anschaffen soll.

Sie hat das heiße Eisen scheinbar angepackt, ohne zu viel Ärger mit der SPD zu riskieren, die mehrheitlich gegen den Kauf einer deutschen Kampfdrohne ist. Und ohne ein Land zu überfordern, das in der Drohne vor allem einen fliegenden Killerdroiden sieht.

Die vorsichtige Absicherung und taktierende Risikominimierung bei gleichzeitiger Simulation von größtem Handlungswillen – das war bisher nicht der Stil von Ursula von der Leyen. Offenbar hat sie ihn gelernt, mit dem Eifer der Einser-Schülerin, die sie immer war. Es ist der Stil der Kanzlerin, die hohe Schule Merkelscher Machtpolitik. Es ist die Taktik der Frau, deren Erbin Ursula von der Leyen werden möchte.

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