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Griechenland - Merkels Europolitik ist krachend gescheitert

Immer mehr Stimmen fordern einen Schuldenschnitt für Griechenland. Jetzt zeigt sich, dass der Euro von Beginn an auf tönernen Füßen stand. Die Bundesregierung versperrt durch das Festhalten an ihrer Euro-Politik den Weg in eine krisenfreie Zukunft

Daniel Stelter

Autoreninfo

Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Zuvor war er bei der Boston Consulting Group (BCG). Zuletzt erschien sein Buch „Ein Traum von einem Land: Deutschland 2040“.

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Griechenland ist wieder auf der Agenda: Wieder einmal braucht das Land frisches Geld, wieder einmal wurden die Reformen nicht umgesetzt und wieder einmal herrscht Uneinigkeit über den Umgang der Geberländer mit der „neuen“ Situation. Neu ist aber nur, dass immer mehr Parteien den Schuldenschnitt fordern – auch der IWF. Wenn nun aber auch die Bundesregierung einem Schuldenschnitt zustimmt, droht ihr ein Verlust an Glaubwürdigkeit; zuletzt erörtert an dieser Stelle vom Cicero-Kolumnisten Wulf Schmiese.

Ihm sei erwidert: Festhalten an falscher Politik vergrößert das Problem von Runde zu Runde!

Dass wir heute wieder dort stehen, wo wir im Sommer 2015 waren, sollte endgültig klar machen, dass die Reform­ver­sprechungen der Griechen wertlos sind. Genauso wertlos wie die Kredite, deren Rückzahlung uns die deutsche Bundesregierung immer noch vorgaukeln will. Im Versuch, dem eigenen Wahlvolk die wahren Dimensionen der Eurokrise und die zu erwartenden Kosten zu verheimlichen, hat sie in den letzten sechs Jahren den Schaden immer weiter vergrößert. Nach sechs Jahren verfehlter Europolitik hat Deutschland keine Vor-, sondern nur Nachteile.

Die Folgen der verfehlten Euro-Politk waren absehbar
 

Bereits 2010 war offensichtlich, dass die Einführung des Euro ein großer ökonomischer Fehler gewesen ist, der zu einem schuldenfinanzierten Konsum- und Investitionsboom geführt hat. Die Schuldenlast von Ländern wie Irland, Portugal, Spanien und Griechenland war bereits damals untragbar. In Italien und Frankreich zeichneten sich die Probleme der Staatsschulden deutlich ab. Schon damals hätte man sich an einen Tisch setzen können und müssen, um diese Schulden in einem geordneten Prozess zu bereinigen und zugleich die Frage zu klären, ob das Korsett des Euro, das jegliche Anpassung innerhalb Europas nur noch über einen langjährigen, schmerzhaften Prozess der „internen Abwertung“ verbunden mit hoher Arbeitslosigkeit zulässt, wirklich für alle passt. Dies hat man nicht getan. Stattdessen hat man auf Zeit gespielt.

2010 hätten wir jedoch noch die Möglichkeit gehabt, den finanziellen Schaden zu begrenzen. Dazu hätten wir:

– Uns eingestehen müssen, dass wir in einer Schuldenunion leben, in der ein immer größerer Teil der Schulden nicht mehr bedient werden kann, was zwangsläufig zu Verlusten bei den Gläubigern – also uns! – führt.

– Eine Strategie, wie im Rahmen einer normalen Unternehmensinsolvenz, verfolgen müssen. Die Schulden restrukturieren, um damit wenigstens einen guten Teil der Forderungen zu retten.

– Einen Schuldentilgungsfonds schaffen müssen, wie bereits vom Sachverständigenrat der Bundesregierung angeregt. Allerdings ergänzt um die faulen privaten Schulden, die eine Rekapitalisierung des europäischen Bankensystems erforderlich machen. Dieser Schuldenpool hätte eine Größenordnung von rund drei Billionen Euro gehabt, mit gemeinsamer Haftung aller Euroländer, einer gemeinsamen Finanzierung und solidarischer Tilgung. Die Kosten für Deutschland hätten dann realistisch bei 500 Milliarden Euro gelegen.

– Auf prozyklisches Sparen verzichten müssen. In einer Überschuldungssituation verschärft man so nur die Wirtschaftskrise und unterminiert die Schuldentragfähigkeit nur noch mehr.

– Im Gegenzug für unsere Solidarität Reformen der EU-Institutionen einfordern müssen, statt Reformen in den jeweiligen Ländern, die immer als Einmischung von Außen verstanden werden.

Der Charme einer solchen Lösung ist offensichtlich: Man beschränkt sich auf die Bereinigung der Altlasten und eine Reform der Institutionen. Mit Letzterem hätte man eine Wiederholung der Krise weitgehend ausschließen können. Vor allem hätte man keinen Freibrief und keine Haftungsgemeinschaft für die Zukunft etabliert. Zugleich hätten die anderen Länder selbst über den Reformweg entscheiden können und müssen, ohne Einmischung von außen. Deutschland wäre der großzügige und konstruktive Partner gewesen, der die Eurokrise gelöst hätte. Mit diesem Pfund hätten wir wuchern können.

Die Flüchtlingskrise verstärkt das Dilemma


Bekanntlich haben wir das nicht getan. Stattdessen haben wir im großen Stil private Gläubiger durch staatliche Gläubiger ersetzt, auf drastische Sparmaßnahmen in den Krisenländern bestanden und uns in die Ausgestaltung derselben eingemischt. Statt es den dortigen Politikern zu überlassen, ihre Länder wieder auf Kurs zu bringen, haben wir uns als Sündenböcke angeboten, mit denen und gegen die sich bestens Politik machen lässt.

Diese Spannungen werden in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen. Mit dem EU-Türkei-Abkommen hat sich die Bundesregierung ja nicht nur vom türkischen Präsidenten Erdogan abhängig gemacht. Sie bleibt auch auf die Kooperationsbereitschaft der griechischen Regierung angewiesen. Auf ihr Wohlwollen in der Flüchtlingskrise kann sie nicht verzichten. Angela Merkel hat uns in eine Sackgasse manövriert: Den Weg nach vorne versperrt durch den fehlenden Mut zur Wahrheit, den Weg zurück versperrt durch ein Festhalten an falscher Politik.

Doch nicht nur die politischen Sympathien haben wir verspielt. Wir haben auch die Kosten des Euro für uns maximiert. So sind die Schulden seit 2010 in allen Krisenländern deutlich gestiegen. Würden wir heute einen Schuldentilgungsfonds auflegen, dürfte die Größenordnung eher bei fünf Billionen Euro liegen. Wir haben auch keine Möglichkeit mehr, eine Sozialisierung nicht nur der vergangenen, sondern auch der künftigen Schulden zu verhindern. Die EZB soll die Finanzierung übernehmen und ein Europarlament, in dem die Transferempfänger zwangsläufig die Mehrheit haben, die Ausgaben bestimmen. Die geplante europäische Einlagensicherung ist ebenfalls nichts anderes als eine verkappte Umverteilung von faulen Schulden zu Lasten der deutschen Sparer.

Deutsche Exportwirtschaft: Die Kosten trägt der Steuerzahler
 

Damit sind wir auf dem Weg in eine massive Umverteilung auf europäischer Ebene. Unser angeblicher Nutzen durch Exporte entpuppt sich nun als das, was es ist: Ein Subventionsprogramm für die Exportwirtschaft, welches wir letztlich selbst bezahlen. Alle Versuche, die Wirtschaftspolitik in den anderen Ländern hin zu mehr Solidität zu verändern, werden zu noch mehr politischen Abwehrreaktionen führen. Hohe finanzielle Kosten und maximaler politischer Schaden sind also das Ergebnis der deutschen Europolitik.

Natürlich kann so nur ein rationaler Bürger argumentieren, kein Politiker. Für die Politiker sind die Kosten offensichtlich zweitrangig. Die politische Denke ist eine andere: Die eine Dimension ist die Minimierung des kurzfristigen politischen Schadens für den agierenden Politiker, die andere die größtmögliche Verzögerung des langfristigen politischen Schadens. Mindestens so lange, bis der Nachfolger sich um das Problem kümmern muss.

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Klaus Memmel | Mo., 20. März 2017 - 12:12

Tentendziös und nur von eingenen Zielen geleitet Beschreibung, ein wirkliches tragfähiges Szenario wird nicht aufgezeigt, schade für Zeit zum schreiben.
Bezüglich der Flüchtlinge nicht von längerfristigem Wissen geküßt, nur Klientel sog. Mietfeder.