Dieses Bild ist leider nicht mehr verfügbar
(Walter Spies Archiv der Walter Spies Gesellschaft, Rautenstrauch-Joest-Museum, Köln) Auf die Rückseite diese Fotos schrieb Spies handschriftlich: "Icke und Frau Wülfften-Palthe im Schwimmteich - Juni 35 - die Affen tun mit.

Das Leben des Walter Spies - Malen im irdischen Paradies

Auf seinem Anwesen in Bali schlürfte Charlie Chaplin Schildkrötensuppe. Er brachte währenddessen den Surrealismus in den Dschungel, entwarf Bilder eines irdischen Paradieses, wie es heute in Reisebroschüren zum Träumen verleitet. Die wundersame und tragische Geschichte des Walter Spies

Charlie Chaplin lernte den „hübschen jungen Mann in Khaki-Shorts und einem offenen Hemd“ Anfang der dreißiger Jahre kennen. „Sein Teint war bronzefarben“, erinnerte er sich, „und ich hatte den Eindruck blonden Haars. Was mich am meis­ten beeindruckt hat, waren das feine, empfindsame, klar geschnittene Gesicht und die ruhige Art – typisch, dachte ich, für einen deutschen Aristokraten.“

Bei dem hübschen jungen Mann handelte es sich um Walter Spies, der damals in Bali auf einem malerischen Anwesen lebte, das die internationale Hautevolee anzog wie ein Magnet. Obwohl der Künstler wunderbare Bilder geschaffen hat, kennen nur wenige seinen Namen. Wenn allerdings eines seiner wenigen Werke auf den Markt kommt, erzielt es einen sechs- oder siebenstelligen Dollarpreis.

1895 in Moskau als Sohn deutscher Kaufleute geboren, wuchs Walter Spies in einem musischen Umfeld auf: Seine Schwester wurde Tänzerin, sein Bruder Komponist. Als junger Mann bewunderte er die berühmte Sammlung Schtschukin und dabei besonders die naiven Urwaldfantasien von Rousseau: „Eine Offenbarung!“, sollte er später sagen. „Endlich etwas, was mir ganz offen, ehrlich und geradeaus zu sein schien.“

Nach dem Ersten Weltkrieg und der damit verbundenen Internierung zog die Familie nach Hellerau in die Nähe von Dresden. Hier verbrachte Spies „viele unvergessliche und lehrsame Stunden mit Oskar Kokoschka, den ich als Mensch ganz ungewöhnlich schätze, der aber zu meinem größten Kummer und Ärgernis meine Malerei niemals recht ernst nehmen wollte! Aber von Otto Dix, dem Merkwürdigen, wurde ich dagegen sehr angespornt.“

Spies malte nie mehr als fünf Bilder im Jahr, denn er hatte „immer tausend andere Interessen“ – Musik, Tanz, Film, Botanik, Literatur und Sprachen. In Berlin studierte er für kurze Zeit Altägyptisch und Koptisch. Anfang der zwanziger Jahre hatte Spies eine Beziehung mit dem Stummfilm-Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau und arbeitete an dessen Klassiker „Nosferatu“ mit. „Aber bald darauf, von der ganzen Filmatmosphäre, in die ich hineingeraten war, angeekelt, beschloss ich ganz plötzlich wegzufahren, irgendwohin in die weite Welt.“ Und so kam er als Matrose „ganz zufällig“ nach Java. Dort wurde er Kapellmeister des Sultans von Jogyakarta und begann, die traditionelle Gamelanmusik zu erforschen.

Auf der Suche nach dem urwüchsigen Indonesien zog er 1927 weiter auf die Insel Bali, wo die holländische Kolonialmacht noch nicht so tief in die Kultur eingegriffen hatte wie andernorts. Spies baute auf einem verwunschenen Gelände eine Residenz im einheimischen Stil, die aus verschiedenen kleinen Häusern bestand. Nicht nur Charlie Chaplin durfte bei Dinners in seinem Garten Schildkrötensuppe schlürfen, auch die Woolworth-Erbin Barbara Hutton und die Anthropologin Margaret Mead gehörten zu seinen Gästen.

Die wenigen Bilder, die Spies malte, sind eine einzigartige Melange von Einflüssen aus russischer Folklore, Neuer Sachlichkeit, Surrealismus und dem exotischen Ambiente seiner selbst gewählten Heimat. Mit seinen Motiven entwarf er das Bild eines irdischen Paradieses, wie es heute noch in Reisebroschüren zum Träumen verleitet.

Doch bald wurde Spies aus seinem Paradies vertrieben. Erst musste er aufgrund seiner Homosexualität eine Gefängnisstrafe von acht Monaten absitzen. Dann marschierten 1940 die deutschen Truppen in Holland ein, und die Holländer verhafteten ihn diesmal, weil er Deutscher war. 20 Monate verbrachte er in Internierungslagern auf Java und Sumatra und sollte dann 1942 mit einem Frachtschiff nach Ceylon gebracht werden.

Doch als sich das holländische Schiff vor der Insel Nias befand, geriet es unter Beschuss eines japanischen Militärflugzeugs. Die Besatzung rettete sich, aber mehr als 400 deutsche Gefangene ertranken. So endete das Leben des musischen Weltbürgers Walter Spies in der unermesslichen Sinnlosigkeit des Krieges.

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.