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Gender - Gleichstellung macht ungleich

Gleichstellung suggeriert Egalität, Freiheit und schafft doch meist das Gegenteil. Warum die Gleichstellungsbürokratie unfrei macht

Alexander Kissler

Autoreninfo

Alexander Kissler ist Redakteur im Berliner Büro der NZZ. Zuvor war er Ressortleiter Salon beim Magazin Cicero. Er verfasste zahlreiche Sachbücher, u.a. „Dummgeglotzt. Wie das Fernsehen uns verblödet“, „Keine Toleranz den Intoleranten. Warum der Westen seine Werte verteidigen muss“ und „Widerworte. Warum mit Phrasen Schluss sein muss“.

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Das Wort klingt so holprig, wie die Sache sich darstellt, die es bezeichnet: Gleichstellung. Es suggeriert Egalität und schafft Strukturen der Ungleichheit, verspricht Freiheit und bringt oft neue Formen der Knechtung. Dennoch kommt kein Dorf in Oberschwaben und keine Metropole am Rhein ohne Gleichstellungsbeautragten aus, der meist eine Gleichstellungsbeauftragte ist. Deutschland soll eine gleichgestellte Republik werden, über deren Reinheitsgrad eine stetig wachsende Gleichstellungsbürokratie wacht.

Gleichberechtigung ist unverhandelbar. Vor dem Gesetz müssen alle Menschen gleich sein. Der Staat darf keinen seiner Bürger diskriminieren, darf niemandem eine bestimmte Weltanschauung abverlangen. Jeder und jede muss nach seinen oder ihren Fähigkeiten und Neigungen ein selbstbestimmtes Leben führen dürfen. Gleichberechtigung meint, dass Menschen ein Recht darauf haben, nach dem beurteilt zu werden, was sie sind und was sie leisten, nicht nach ihrer Herkunft, ihrem Aussehen, ihrem Gedankenhaushalt.

Das alles hat mit Gleichstellung nichts zu tun. Gleichstellung ist ein Zwangsinstrument des Staates, mit dem er der Gesellschaft den Lebenshauch austreiben will. Unterschiede, wie sie jedes menschliche Zusammenleben fruchtbar machen, werden für anrüchig erklärt. Gleichstellung ist die Kopfgeburt einer akademischen Elite, die das eigene Mittelmaß zum Normzustand erklärt. Wer sich nach der Decke streckt, gilt als verdächtig, der gebückte Gang als vorbildlich. Gleichstellung hält die selbsttätige Gemeinschaft der Menschen für defizitär. Darum soll jeder Lebensbereich auf Felder vermeintlicher Ungleichheit durchforstet werden. Damit die Gleichstellungsbürokratie ihre Unverzichtbarkeit dokumentieren kann, findet sie solche Felder zuhauf. So produziert sie, was zu verringern sie vorgibt.

Mit einem Wort: Gleichstellung, einmal verordnet, „bedeutet Ergebnisgleichheit, unter Ignoranz oder gar Missachtung gleicher Chancen.“ So steht es in der von einem Betriebswirtschaftler initiierten „Frankfurter Erklärung“, die derzeit überraschend viele Unterzeichner findet. Gerade an Hochschulen, heißt es weiter, „wird die Diskriminierung von Männern zum Zweck der Privilegierung von Frauen aktiv, planmäßig und bewusst betrieben, und zwar durch den gesetzlichen Gleichstellungsauftrag und durch sogenannte Positive Maßnahmen.“

Ob die Rhetorik der Erklärung angemessen ist, sei dahin gestellt. Fakt ist aber, dass Universitäten und Forschungseinrichtungen Brutstätten geworden sind eines entgrenzten Gleichstellungswahns. Bereits im November 2012 wies die FAZ auf den letzten Schrei der machtvoll bewegten Bürokraten hin, das „Kaskadenmodell“. Bund und Länder verlangen gebieterisch, dass der Frauenanteil auf einer unteren Qualifikationsstufe Zielquote wird auf der nächst höheren Stufe. Übertragen auf Hochschulen hieße das: Der Frauenanteil bei Studienbeginn gibt den Anteil beim Studienabschluss vor, der Anteil an Promovierten muss auf den Anteil an Professorinnen unmittelbar durchschlagen. Der Rechenschieber regiert, Qualifikation ist Nebensache. Die FAZ sprach von „wissenschaftspolitischem Dirigismus“, von einer „einfältigen Konzeption“ und folgerte: „Man erkennt schnell, wie hier im Hintergrund Sanktionswaffen gegen angebliche Gleichstellungsverweigerer geschmiedet werden.“ Von Widerstand ist bis heute nichts bekannt.

Natürlich fühlt sich auch die Europäische Union bemüßigt, im Zuge der Gleichstellungsgebote das öffentliche Leben zu quotieren. Sie fordert zum Beispiel einen starren Anteil von Frauen in sogenannten Führungspositionen – konkret also sollen bei gleicher Qualifikation Frauen bevorzugt werden. Bleibt aber nicht auch positive Diskriminierung Diskriminierung, ist ‚gut‘ nicht oft das Gegenteil von ‚gut gemeint‘? Akademische Freiheit war gestern. Und unbesiegbar ist der schlimme Verdacht, hier kühle eine mit Geld und Gesetz gesegnete Minderheit ihr Mütchen auf Kosten von Freiheit und Vernunft.

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