Tippi Hedren in Alfred Hitchcocks „Die Vögel“ / dpa

60 Jahre „Die Vögel“ - Der Film zu unserer Gegenwart

Im Herbst 1963 kam Alfred Hitchcocks „Die Vögel“ in die Kinos. Ein Film von bedrückender Aktualität. Denn er ist eine geniale Studie über unseren Umgang mit Katastrophen. Angesichts der schweigenden Bedrohung versagt unsere kommunikative Vernunft.

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Auf den ersten Blick ist es eine einfache Geschichte: In einer Vogelhandlung in San Francisco begegnen sich Melanie, Tochter eines Zeitungsmagnaten, und der Anwalt Mitch. Melanie und Mitch flirten miteinander. Unter dem Vorwand, Mitchs Schwester Cathy Vögel schenken zu wollen, fährt Melanie in das Küstenörtchen Bodega Bay, wo Mitch mit seiner Schwester und seiner Mutter wohnt. 

Im Hafen von Bodega Bay wird Melanie das erste Mal von einer Möwe attackiert. Ab dann häufen sich die Angriffe der Vögel, bis schließlich ganze Schwärme über die Menschen herfallen und auch das Haus von Mitch verwüsten. Schließlich müssen Melanie, Mitch, dessen Schwester und Mutter Bodega Bay verlassen: Die Rede ist von Alfred Hitchcocks „Die Vögel“. Vor 60 Jahren kam er in die Kinos. 

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Gerhard Lenz | Sa., 14. Oktober 2023 - 12:23

Das ist nur zum Teil richtig, und bezieht sich lediglich auf Naturphänomene, die ohne Zutun des Menschen auftreten. Wenn der Vesuv ausbricht, sind daran nicht unbedingt die in Rom regierenden Faschisten schuld... Will man den Katastrophenbegriff sehr eng fassen, stimmt die Aussage natürlich, aber dann ginge der Beitrag völlig am Thema vorbei.
Anders ist die Situation beispielsweise bei Kriegen: WK I und II wurden bekanntlich von Deutschen mit- bzw. alleine verursacht. Der Terror des Kommunismus in der UdSSR oder in China, Pinochets Folterregime usw sind von Menschen verursachte Katastrophen. Und auch der menschenverursachte Klimawandel, dessen Auswirkungen sich bereits zeigen, ist ein Produkt menschlichen Versagens.
Insofern muss die Aussage wohl eher lauten: Menschliches Handeln entzieht sich zuweilen jeglicher Rationalistät, ist vielmehr primär emotionsbedingt, was wiederum auf krankes Denken zurückzuführen ist: Blut und Boden-Ideologie, religiöser Wahn, Nationalismus, Gier usw.

Der Mensch ist ein Teil der Biosphäre dieser Erde. Wissenschaft und Philosophie sind erst vor ein paar tausend Jahren entstanden. Die entscheidenden Phasen seiner Entwicklung hat der Mensch geschafft, ohne "Wissenschaft" und "Rationalität" zu kennen. Daher ist es kein Wunder, dass er immer noch "instinktiv" oder "emotional" handelt. Solches Handeln ist daher nicht "krank", und es produziert nicht nur schlimme, sondern überwiegend gute Ergebnisse.
Ein Wunder ist es vielmehr, wie gut sich die menschliche "Rationalität" in der Welt bewährt hat. Die junge Wissenschaft bringt dem Menschen viele Vorteile, auf die man klugerweise heute nicht mehr verzichten darf. Aber wir bleiben ein Teil der Biosphäre und erleiden - ob wir es wollen oder nicht - alle Entwicklungsschübe mit, z. B. Geburt und Tod und eben auch "Katastrophen".

Da der Mensch kein gottgleiches Wesen über der Natur, sondern ein Teil von ihr ist, wie kann sein Handeln da unnatürlich bzw. "menschengemacht" sein?

Nix für ungut!

Tomas Poth | Sa., 14. Oktober 2023 - 12:51

Sehr zutreffend, und die Kakophonie zu den angeführten Konfliktherden wird durch die Medien gefördert. Als Propaganda für die Interessen ihrer jeweiligen Protagonisten und Nutznießer.

Albert Schultheis | Sa., 14. Oktober 2023 - 13:11

Da ist Ihnen eine gute Interpretation eines sehr amerikanischen Topos gelungen, der Einbruch der Katastrophe und der Umgang der Menschen damit und miteinander. Der Topos ist so alt wie Amerika, aber er trifft nur zum Teil auf uns Europäer zu - wenn man einmal von der europäischen und besonders deutschen Sehnsucht nach US-amerikanischen Katastrophe, Verbrechen und Apokalypsen absieht (die alte BRD war ja so langweilig, bieder und viel zu wenig kriminell!). Well, wir haben gründlich aufgeholt, in Ermangelung eigener Phantasie für das Böse (der Holocaust längst Geschichte!) haben wir uns das Böse, die Messermorde, Vergewaltigungen auf offener Straße einfach importiert! Jeden Tag mehrere Messerangriffe! Endlich können wir Kartoffeln mithalten und es ist Bürgerpflicht, das auszuhalten! Das neue Normal! War ja immer schon so - nur etwas mit Firnis drüber, bis es dann wieder ausbrach, bzw hereinbrach! Die Amis haben die erstickende Kommunikation mit Action aufgebrochen! Wir - ... verstummen!

Karl-Heinz Weiß | Sa., 14. Oktober 2023 - 13:37

Der Film passte absolut nicht in die 1963er Aufbruchstimmung (The Times they are a-Changin‘), die erst mit der Ermordung Kennedys endete. Aber auch das Merkelsche "Wir schaffen das" bedurfte erst einer Zeitenwende. Gut in solchen Zeiten, sich an den Skeptiker AH zu erinnern.

Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 14. Oktober 2023 - 14:21

Hitchcock die Vögel als Boten des Schreckens und des Todes, als Alarm betrachtete.
Vor allem Rabenvögel.
Da kann ich nun schon seit langem nicht mehr folgen, da ich mich sogar besonders gerne mit Vögeln unterhalte.
Zu den Katastrophen des Films. Mir scheint die einzige Bedrohung des Meeresortes - Meer als Symbol für Sexualität - das Sperlingpärchen, vielleicht auch als gesittetes (im Käfig).
Sexualität, die alle "lauernden" - nach Hitchcock - als da wären die Mutter und die evtl. homoerotische Lehrerin "auffliegen" lässt?
Die Mutter lässt Hitchcock leben, als Gebrochene, bzw. entschärfte.
Der Film hat eine gewisse Nähe zu "Easy Rider" und zu "La Strada" nur verdeckter?
Katastrophal ist er jedenfalls, aber irrational?
Ich denke nicht.
Der Hauptdarsteller steht für einen potenten, ungebändigten Mann (Meer).
Die Natur übernimmt seine Sehnsüchte und tötet.
Das sind nicht meine Naturfantasien.
Der Käfig ist reine Ablenkung, aber die Protagonistin wird ihn im Griff haben, das wird deutlich!

Dorothee Sehrt-Irrek | So., 15. Oktober 2023 - 15:42

Antwort auf von Dorothee Sehrt-Irrek

Der Käfig auch als Schutz?
Meine Naturfantasien wären die, dass solch ein Schutz nicht mehr nötig wäre, bzw. solche Katastrophen ausblieben.
Bis dahin schütze ich, was ich liebe.
Respect

Rainer Mrochen | Sa., 14. Oktober 2023 - 18:34

Herr Alexander Grau wie kommen sie gerade auf diesen Zusammenhang? Es ist selbstverständlich möglich jegliche Assoziation herzustellen, dennoch wäre ich vorsichtig Zusammenhänge zu konstruieren die tatsächlich keine sind.
Die "Vögel" sind reine Fiktion und dienen in ihrer Shockwirkung lediglich der Unterhaltung. Genau das war die Intention der Produktion, die im übrigen typisches Genre der Zeit war. Ihre Konstruktion, einen Bezug zur Wirklichkeit zu finden, scheitert bereits aus der Vergangenheitsperspektive ihrer Annahme.
Wirklichkeit findet im jetzt statt und ist zugleich Vergangenheit. Das ist das Schöne am analogen Dasein. Wir konstruieren eine Welt die im selben Moment vergänglich ist und offensichtlich doch ihre Wirkung aus der Vergangenheit in die Zukunft projiziert . Was ist zu tun? 5000 tsd. Jahre Menschheitsgeschichte sollten als Erfahrungshorizont ausreichen um zu erkennen, daß sie offensichtlich nicht ausreichen. Nicht ausreichen wofür? Fragen an die Philosophie. Antwort!!

Ronald Lehmann | Sa., 14. Oktober 2023 - 19:23

Und diesen Umgang mit ANGST lernen Piloten am allerbesten. Wenn der Crash kommt, dann kommt er, weil er unausweichlich ist

Oder - Houston, wir haben ein Problem
& dann wird entgegen unserer Regierungsarbeit nach einer Problem-Lösung schnellstmöglich(!!!) & effektiv gesucht (über Ausschluss-Varianten)

Hinzu kommt, das die Masse der Deutschen durch den linksgedrillten Virus keinen Zugang mehr zur Spiritualität hat. Aber auch zu Gottvertrauen & vor allem zur Kraft des Gebetes, welches die meisten als Humbug sehen & wahrnehmen. Eine Verfechterin mit Fakten ist aber fmp. die hervorragende Frau Vera F. Birkenbihl

Lesen wir nur mal richtig die Kommentare unseres Foristen Herrn Lenz. Er hat soviel Begeisterung für dieses Thema wie der Teufel fürs Weihwasser, verdammt aber alle hinterfragende als Verschwörungstheoretiker

Sag ein Schaf zu einen anderen Schaf in der Herde - Du ich glaube, der Hund & der Schäfer machen gemeinsame Sache. Sagt das andere Schaf - Du bist ein Verschwörungstheoretiker

Henri Lassalle | Sa., 14. Oktober 2023 - 19:53

Daphne du Maurier, der Hitchkock als Vorlage diente. Hitchkock machte daraus einen Endzeit-Film, er lässt ja auch einen Endzeitschwafler auftreten. Amerikanische Filme ähnlicher Art sind zahlreich, erinnert sei auch an eine Radiosendung von Orson Wells, der die Öffentlichkeit mit einer fiktiven Bedrohung Teile der Öffentlichkeit in Panik versetzte. Die unverhergesehene Gefahr löst immer Panik aus, siehe die Reaktionen der Menschen zu Beginn der Pandemie - nahezu hysterisch reagierten sie. Eine Erinnerung, die ich nicht vergessen werde: eine Frau auf ihrem Fahrrad mit Bergen von Toilettenapier.