Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier / picture alliance

Wahlrechtsreform der Ampelregierung - Steinmeier nickt Gesetz zu Lasten von CSU und Linke ab

Ein Bundespräsident kann seine Unterschrift unter ein Gesetz nur verweigern, wenn es grundgesetzwidrig ist. Das gilt auch für die umstrittene Wahlrechtsreform, die Steinmeier nun unterzeichnet hat. Nächste Station: Bundesverfassungsgericht.

Hugo Müller-Vogg

Autoreninfo

Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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Die Ampel-Parteien haben ihren Willen bekommen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat das von der rot-grün-gelben Mehrheit im Eiltempo durchgepeitschte Gesetz zur Wahlrechtsreform unterzeichnet. Falls Karlsruhe nicht interveniert, wird der Bundestag von 2025 an nur noch 630 Mitglieder zählen statt der derzeit 763.

Der Preis für die durchaus sinnvolle Begrenzung der Zahl der Abgeordneten ist hoch. Doch diesen Preis zahlen allein die Bürger und die Opposition. Kaum ein Wähler wird verstehen, warum der Kandidat mit dem höchsten Anteil an Erststimmen im Wahlkreis – sagen wir 43 Prozent – nicht nach Berlin darf, dafür ein unterlegener Bewerber mit 4 Prozent der Erststimmen, der aber auf der Landesliste seiner Partei ganz vorne steht. 

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Benno Pluder | Fr., 9. Juni 2023 - 09:43

Der Bundespräsident nickt nicht ab, sondern unterschreibt ein Gesetz. Und selbiges nicht zu Lasten zweier Parteien, sondern zur längst fälligen Verkleinerung des Bundestages. Dass Konsequenz mögliche Härten, in diesem Falle für zwei für Parteien bedeutet, ist Kennzeichen jeder Konsequenz.
Beide betroffenen Parteien haben die Möglichkeit, mit attraktiven Politikangeboten genügend Wähler von ihrer Kompetenz auf Bundesebene zu überzeugen.
Im Übrigen bestätigt der Bundespräsident lediglich den korrekten Verlauf des Zustandekommens eines Gesetzes. Für dessen Rechtssicherheit und Bestand vor dem Grundgesetz ist er nicht zuständig.

besser könnte man die gefühlte Gottgleichheit unserer Regierung bestimmt nicht verkaufen! Und wie könnte man den mangelnden Einsatz des gegenwärtigen Bundespräsidenten für die Demokratie besser rechtfertigen!

Einfach wunderbar, Herr Pluder! Sie wären der ideale Regierungssprecher!

Ob die Regierungsfraktioen es merken würden, dass Sie es nur ironisch meinen? Nein, ich glaube eigentlich nicht. Die freuen sich über jedes Lob, auch wenn es ein wenig vergiftet ist.

Klaus Funke | Fr., 9. Juni 2023 - 10:28

Gemeint sind die amerikanischen "Demokraten", die gerade dabei sind ihren lästigen Kontrahenten um das US-Präsidentenamt, Trump, vermittels fadenscheiniger und uralter Argumente die Teilnahme an der Präsidentenwahl im nächsten Jahr zu verbauen. Kein Mittel ist dem müden Joe zu schäbig, um seine alten Knochen noch einmal auf den Sessel im Oval-Office zu hieven, auch wenn wahrscheinlich ist, dass er das Ende seiner neuerlichen Präsidentschaft gar nicht mehr erlebt. Die Justiz als Vollstrecker der jeweils Herrschenden - so bei uns die Anklage gegen Björn Hoecke oder Steinis kaltschnäuzige Unterzeichnung eines die CSU und die Linke diskreditierenden Gesetzes, weitere Beispiele gibt es zur Genüge. Es zeigt sich, dass sich die (vermeintlich) linken Parteien (ich zähle mal die US-Demokraten dazu, wiewohl sie nicht links sind) den Staat gekapert haben und auf Dauer regieren wollen. Dazu brechen sie Gesetze und Moral sowieso, dass sich die Balken biegen. Aber, ein Glück, nichts ist ewig!!

Bert Dufaux | Fr., 9. Juni 2023 - 11:10

Herr Müller-Vogg, ich als Bürger verstehe das schon. Im Gegenteil, ich habe nicht verstanden, wie eine Regionalpartei (CSU) und die Linken, die unter der 5%-Hürde blieben, ständig per Sonderrecht ihre Sitze im Bundestag erhalten. Es steht der CSU ja frei, sich auch außerhalb Bayerns wählen zu lassen, indem man sich mit der CDU zusammenschließt. Wenn es Ihnen nur um die "Personen" geht, die im Bundestag sitzen sollen, weil sie gewählt wurden, dürfte das doch kein Problem sein. Im übrigen hatte die CSU als Teil der Regierung lange genug Zeit, eine eigene Wahlrechtsreform zu entwerfen. Dass wollten sie aber nicht. Ich persönlich brauche auch keinen Wahlkreisverteter meiner Region im Bundestag, denn meine Interessen vertritt er ohnehin nicht, da er viel zu weit weg und auch abgehoben von seinem Wahlkreis agiert und er überhaupt nicht mehr weiß, welche Sorgen und Wünsche seine Wähler zu Hause haben.

Bayern ist eine Regionalpartei. Auch noch im Zahlen des Landesfinanzausgleiches? Wunderbarerweise entsteht für
Sie aus einer Regionalpartei eine Bundespartei, von der Sie
auch profitieren. Somit arbeite ich auch für Sie. Das wissen
Sie. Wenn nicht -sollten Sie "vor dem Schreiben, Ihr Gehirn
einschalten".
Der beste und klügste Satz im Gymnasium. Er hing dick
und fett geschrieben an der Wand.

Christa Wallau | Fr., 9. Juni 2023 - 11:13

intellektuell überfordert ist, um die Konsequenzen seines Handelns überhaupt nachvollziehen zu können. Deshalb habe ich mit nichts anderem als diesem Procedere gerechnet.
Was das BVG anbetrifft, bei dem die Entscheidung über die Wahlrechtsänderung also landen wird, beschleicht mich allerdings auch da die Befürchtung, daß sich nicht Sachargumente durchsetzen werden, sondern politische Abhängigkeiten.
Im übrigen halte ich die Anzahl von 630 Abgeordneten im Deutschen Bundestag immer noch für viel zu hoch.
Es wurde ein wenig an den Symptomen herumgedoktert, während eine umfassende Reform des Wahlrechtes nötig wäre.
So müßte z. B. unbedingt die Amtszeit eines Kanzlers auf zwei Wahlperioden (à 4 Jahre) begrenzt werden.
Aber was soll's?
Die Lebensumstände vieler Menschen in D dürften demnächst so dramatisch schlecht werden, daß ganz andere Dinge in den Vordergrund treten. Weder Wahlrecht noch Wokeness werden noch eine Rolle für die meisten spielen, sondern alltägliche, schwere Sorgen.

sondern weit entfernt von der im Grundgesetz postulierten Überparteilichkeit. Er ist im Grunde immer ein Sozialist geblieben, und als solcher wird er alles in seiner Macht Stehende tun, um die Ampelkoalition zu bevorzugen. An eine erfolgreiche Klage vor dem Verfassungsgericht glaube ich nicht, denn dessen Konstellation ist ebenfalls linkslastig, dank des "Marsches durch die Institutionen"

Dorothee Sehrt-Irrek | Fr., 9. Juni 2023 - 12:48

vergewissert, Herr Müller-Vogg, Ja, Sie sind Journalist.
Genau so wünsche ich mir Artikel, über die Problem- und Sachlage informierend, wobei meinem Empfinden nach die Präferenz des Autors immer ersichtlich sein kann, ja sollte, durch seine Gewichtung.
Ganz blöde sind Leser und Leserinnen schliesslich auch nicht.
Zwei hohe Güter müssen wohl "gegeneinander" abgewogen werden, die Größe des Bundestages und die Abbildung der politischen Verhältnisse.
Aber Hallo, ist das nicht im Prinzip das Gleiche?
Kurz, ich hätte den Bundestag nicht verkleinert und auf keinen Fall von den Direkt- und Überhangmandaten gelassen.
Je stärker man die parlamentarische Demokratie schrumpft auf das Mindeste, desto stärker könnte der außerparlamentarische oder basisdemokratische Druck werden.
Ich wette um eine Tafel Schokolade, dass Letzteres die Bundesrepublik teurer kommt, so oder so.

Ingo Frank | Fr., 9. Juni 2023 - 13:53

Warum um alles in der Welt hat die vergrünte und sozialdemokratisierte CDU nicht gemeinsam mit den Sozen diese Reform nicht in 12 Jahren gemeinsamer Regierungszeit auf die Reihe bekommen? Angst, dass einige schwarze und rote Genossen die begehrten Fressfutterplätze im Bundestag verlassen müssen ? Neee, im Gegenteil, der Fressnapf ist größer geworden, und die, die sich gesättigt haben, wurde von einer Legislaturperiode zur anderen nominell immer weiter „mehr“. Also warum sollten sie ? ? Winn Winn?
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik

Gunther Freiherr von Künsberg | Fr., 9. Juni 2023 - 14:56

ist das neue Wahlrecht. Er entscheidet eine Mehrheit außerhalb meines Wahlkreises, welcher Direktkandidat meines Wahlkreises Abgeordneter wird. Es geht also um allgemeine und nicht um konkrete Mehrheiten. Das bedeutet, dass nicht etwa Kompetenz oder andere nachgewiesene Fähigkeiten für das Wahlergebnis eines Wahlkreises maßgebend sind. Das wäre deshalb schädlich, weil kompetente Abgeordnete der Regierung im Bundestag lästiger werden würden als inkompetente angepasste Parteigrößen. Demokratienützlich ist die kritiklose Hinnahme gegebenenfalls auch unsinnigen Regierungsverhaltens. Opposition ist demokratiefeindlich, wenn sie von einer anderen als der Regierungspartei kommt. Und wenn dann noch eine Partei die Mehrheit in einem Bundesland hat, das im Länderfinanzausgleich bluten muss, muss dieser Partei der Garaus gemacht werden, denn sie könnten das System des Länderfinanzausgleichs infrage stellen. Daher ist die Wahlrechtsreform Demokratie total.