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Vorschlag der Grünen: - Diesel muss teurer werden

Der Ölpreis ist, rechnet man die Geldentwertung mit, so niedrig wie zuletzt 1981. Die Grünen im Bundestag wollen diesen Trend nutzen: Sie fordern, Steuervorteile bei Diesel abzuschaffen und Kerosin zu besteuern. Die Energiepreise müssten „die ökologische Wahrheit“ sagen. Ein Gastbeitrag

Autoreninfo

Dr. Julia Verlinden ist energiepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

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Lisa Paus ist steuerpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion; Dr. Julia Verlinden deren energiepolitische Sprecherin.

Wir wollen nicht länger auf Kosten nachfolgender Generationen leben und wir wollen unsere Nachkommen besser vor hohen Klimarisiken schützen. Doch klimafreundliches Wirtschaften ist schwer, wenn Anreize zum Energiesparen fehlen – und der Staat Energieverschwendung geradezu belohnt. Nutzen wir deshalb den niedrigen Ölpreis als gute Gelegenheit, um umweltschädliche Steuerprivilegien abzubauen. So hat der Staat mehr Mittel zur Förderung von Investitionen in effiziente Autos, Gebäude und Maschinen. Denn die sind die beste Versicherung gegen schwankende Energiepreise.

Ölpreis bildet die Umweltkosten nicht ab
 

Bei der Atomkraft sowie bei der Energieerzeugung aus Kohle, Öl und Erdgas spiegeln sich die Kosten, die die Gesellschaft für Schäden an Umwelt und Gesundheit zu tragen hat, nicht im Preis wider. Die Schere zwischen Preissignal und nachhaltigem Handeln klafft noch weiter auseinander, wenn der Ölpreis wie derzeit regelrecht abstürzt. Kostete ein Barrel Rohöl zwischen 2010 und 2014 meist über 100 Dollar, ist der Preis inzwischen auf die Hälfte gefallen.

Dies birgt nicht nur Gefahren für den Klimaschutz, sondern auch handfeste ökonomische Risiken. Derzeit erleben wir beim Öl einen Kampf um Marktanteile. Saudi-Arabien flutet den Weltmarkt mit Öl, um seine Wettbewerber mit niedrigen Preisen in die Knie zu zwingen. Wie lange das so weitergeht, ist kaum abzuschätzen.

Fest steht jedoch: Von Dauer werden die niedrigen Preise nicht sein. Und viel spricht dafür, dass der Preis weiter stark schwanken wird. Unternehmen neigen dazu, in solch einem unsicheren Markt Investitionen auf die lange Bank zu schieben. Dies gilt auch für Investitionen in effiziente Technik. Doch das beste Mittel gegen volatile Energiepreise haben Unternehmen mit einer sparsamen Flotte und einem effizienten Maschinenpark.

Fixer Steuersatz auf Brennstoffe
 

Je weniger heute investiert wird, desto mehr ächzt die Wirtschaft unter dem nächsten Ölpreisanstieg. Deshalb bleibt es wichtig, dass der Staat die richtigen Anreize zum Energiesparen setzt. Eine Möglichkeit ist dabei, fossile Brennstoffe mit einem fixen Steuersatz zu belegen, der Investitionen in Effizienztechnik rentabel macht und gegen Preisschwankungen wie ein Puffer wirkt. Auf der anderen Seite können Förderprogramme aufgelegt werden, die Energiesparmaßnahmen bezuschussen.

Die Regierungen von Indien und Malaysia haben bereits gehandelt. Sie nutzen den niedrigen Ölpreis, um Subventionen auf Erdölprodukte abzuschaffen und stecken Geld in den Aufbau einer modernen Infrastruktur. Es verdient Anerkennung, wie diese aufstrebenden Volkswirtschaften die Chance für mehr Klimaschutz beherzt ergreifen. Spielraum gibt es auch bei uns: Die Industrie- und Handelskammer schätzt die Einsparungen durch den gesunkenen Ölpreis in diesem Jahr auf mindestens 20 Milliarden Euro. Währenddessen gewährt der Staat laut Umweltbundesamt weiterhin jährlich 50 Milliarden Euro an umweltschädlichen Subventionen.

Steuerprivilegien abschaffen – wann, wenn nicht jetzt?
 

Wann, wenn nicht jetzt ist der wirtschaftlich richtige Zeitpunkt, die einst aus Wettbewerbsgründen eingeführten Steuerprivilegien abzubauen? Erste Schritte in diese Richtung wären etwa eine Absenkung der Energiesteuerermäßigungen für das produzierende Gewerbe und die Landwirtschaft. Erhebliches Potenzial besteht auch im Verkehrssektor. So zahlen Autofahrer für einen Liter Dieselkraftstoff 18 Cent weniger Steuern als für einen Liter Benzin. Und das, obwohl bei der Verbrennung von Diesel mehr klimaschädliches CO2 entsteht. Ein weiteres Beispiel ist der Luftverkehr, der vollständig von der Kerosinsteuer befreit ist. Auch wenn es mittlerweile eine Luftverkehrsteuer gibt, profitiert die Luftverkehrsbranche noch immer von Steuerprivilegien in Milliardenhöhe.

Mehreinnahmen des Staates wollen wir gezielt für ein Investitionsprogramm zur Förderung von Energieeffizienz mit einem Volumen von sechs Milliarden Euro nutzen. Wir schlagen zum Beispiel die energetische Sanierung von solchen Stadtquartieren vor, in denen Menschen mit geringem Einkommen leben. Auch wettbewerbliche Ausschreibungen für Effizienzmaßnahmen wollen wir fördern. Darauf könnten sich Akteure wie Technologieanbieter, Ingenieurbüros oder Stadtwerke bewerben, z.B. um Produktionsprozesse in Unternehmen energiesparender zu gestalten. Wer die größte Einsparung mit den geringsten Finanzmitteln erreicht, erhält den Zuschlag. Außerdem könnten einkommensschwache Haushalte einen Zuschuss für den Austausch von stromfressenden Geräten wie Kühlschränken erhalten.

Mit einem Abbau umweltschädlicher Steuerprivilegien stellen wir jetzt die richtigen Weichen für dauerhaft erfolgreiches Wirtschaften. Preise, die die ökologische Wahrheit sagen, sind Teil des Vorsorgeprinzips. Investitionen ins Energiesparen sind die beste Versicherung für Unternehmen und Haushalte vor künftigen Preissprüngen bei fossilen Energieträgern. Geld, das wir heute in energiesparende Häuser, Autos und Maschinen lenken, schützt und nutzt nachfolgenden Generationen.

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