Würde eigentlich gerne mit Markus Söder (r.) im Bund regieren: Hubert Aiwanger (l.) / dpa

Bundestagswahlrecht - Ampels Werk und Aiwangers (möglicher) Beitrag

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt an diesem Dienstag erstmals über das von den Ampel-Parteien beschlossene neue Wahlrecht. Dieses könnte die CSU ihre bundespolitische Existenz kosten – und Aiwangers Freie Wähler könnten dabei unfreiwillig helfen.

Hugo Müller-Vogg

Autoreninfo

Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

So erreichen Sie Hugo Müller-Vogg:

Werden die Wähler die nächste Bundestagswahl entscheiden? Oder wird das Bundesverfassungsgericht das neue rot-grün-gelbe Wahlsystem passieren lassen? Dann könnten viele bayerische Wähler faktisch von ihrem Recht zur Mitbestimmung ausgeschlossen werden. Das Ampel-Wahlrecht verfolgt nämlich ein löbliches und ein höchst undemokratisches Ziel: Die Begrenzung der Zahl der Abgeordneten auf 630. Und nebenbei die Eliminierung von CSU und Linkspartei aus dem Bundestag.

Dieses neue Wahlrecht enthält mancherlei Merkwürdigkeiten. Dazu zählt, dass Abgeordnete, die in ihrem Wahlkreis die meisten Stimmen erhalten, gleichwohl bei der Mandatsverteilung leer ausgehen können. Viel gravierender ist jedoch der Wegfall der sogenannten Grundmandatsklausel. Die hebt die Fünfprozenthürde auf, falls eine Partei mindestens drei Wahlkreise direkt gewinnt. Das hat der Linken 2021 trotz lediglich 4,9 Prozent Zweitstimmen den Einzug ins Parlament gesichert, und zwar in Fraktionsstärke.

Cicero Plus weiterlesen

  • Monatsabo
    0,00 €
    Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQs
    Alle Artikel und das E-Paper lesen
    • 4 Wochen gratis
    • danach 9,80 €
    • E-Paper, App
    • alle Plus-Inhalte
    • mtl. kündbar

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Hans Jürgen Wienroth | Di., 23. April 2024 - 13:03

Es wurde sehr viel darüber geschrieben, dass die CSU bei Unterschreitung der 5%-Hürde nicht in den Bundestag einziehen könnte. Nur ist das Bundestagswahlrecht eines mit L a n d e s -listen. Wie werden die Stimmen auf die anderen Parteien aufgeteilt? Bekommen die Bayern entsprechend ihrem Wähleranteil Sitze im neugewählten Bundestag und wenn ja, wie werden die bayerischen Stimmen auf die anderen Parteien aufgeteilt? Nach dem Ergebnis in Bayern oder dem im Bund? Oder werden die Stimmen möglicherweise auch auf andere Bundesländer verteilt?

Wenn das Wahlrecht keine Bundeslisten, sondern nur Landeslisten kennt, diese der Grund für den aufgeblähten Bundestag sind (weil die Mandate auf Landesebene ausgeglichen werden müssen!), dann kann es keine 5%-Hürde für den Bund geben.

Es scheint mir, das BVerfG hat hier eine schwierige Aufgabe, wenn das Gericht gleiches Recht für alle sicherstellen will.

Heidemarie Heim | Di., 23. April 2024 - 13:34

Heißt das, das man in Bayern wie bisher nicht machbar seine Kreuze bei einer dann auf den Listen auftauchenden CDU machen kann? Was einem Passauer Ehepaar 2017 verweigert wurde, welches mit der CSU-Politik Seehofers nicht konform ging, sondern explizit Frau Merkel und die CDU wählen wollte und deshalb die Wahlleitung verklagte. In dem Fall wählen die Bayern dann also die Union auch wenn sie CSU meinen oder wollen. Ups! Geht ja gar nicht wenn hinter dem Namen ein eingetragenes CSU-Mitglied steckt? Wie wäre es dann mit der Methode die Gott steh uns bei-Partei zu verhindern, und alle CSU-Wähler dazu aufzufordern ihre Stimmen 1+2 den FW`s zu geben, die CSU tritt in die Freie Wählervereinigung ein und man teilt sich nach Absprache gegebenenfalls hinterher brüderlich die Mandate für Berlin? Denn ich bin mir nicht sicher ob sie beim Hubsi nicht besser aufgehoben wären als bei einer vielleicht demnächst gründominierten Merkel-Rest-CDU unter einem BK Merz. Natürlich nur, wenn der Maggus nicht doch wieder Ambitionen bezüglich dieses Posten pflegt;). Dann wäre, 😛"Ätsch Du Ampel!!!", Bayern doch noch nicht verloren? GSD wähle ich in RLP😇! LG

Ernst-Günther Konrad | Di., 23. April 2024 - 14:49

Ich habe es noch nie für richtig gefunden, das wir einen solchen aufgeblähten Bundestag haben und ein solch merkwürdiges Wahlsystem. Ich bin inzwischen bei allen möglichen Optionen, die schon diskutiert wurden dafür, dass diejenigen, die direkt gewählt werden, auch in den BT kommen, egal ob 5% Hürde hin oder her. Un nicht einer mehr oder weniger. Bei Stimmengleichheit erfolgt eine Stichwahl. Dann wäre die Anzahl automatisch auf die der Wahlkreise begrenzt und aus die Maus. Was die Ampel da macht ist unfair und durchsichtig. Die wollen mit einem eigentlich richtigen Grundgedanken, das Parlament zu reduzieren, auf eine "linke" Tour sich selbst einen Vorteil verschaffen, indem sie die Konkurrenz ausschalten bzw. verhindern. Anderseits ist es aber auch so, wenn genügend Bayern als Zweitstimme die Union wählen, dann klappt es auch mit dem Einzug den BT. Mal sehen was Karlsruhe sagt. Urteilen sie nur oder machen sie auch wieder Politik und schreiben vor, wie es zu gehen hat?

Hans Jürgen Wienroth | Di., 23. April 2024 - 16:07

Antwort auf von Ernst-Günther Konrad

Das, was Sie vorschlagen, Herr Konrad, ist der Umstieg auf das Mehrheitswahlrecht nach englischem Muster. Das hieße für unser aktuelles Parlament: 1 – 2 AfD-Abgeordnete, 3 der Linken, geschätzt 40 – 50 der Grünen und der Rest der 358 von SPD, CDU und CSU (genaue Zahlen habe ich nicht). Das wäre praktisch ein 2-Parteien-Parlament.

Kann das bei unserer Parteiendemokratie das Ziel sein? Da legt die Partei den Wahlkreiskandidaten fest und wir dürfen ihn wählen. Da die „Sonstigen“ (incl. der Grünen, sofern nicht in einer Koalition benötigt) nicht mitregieren dürfen, werden sie über kurz oder lang verschwinden.

Wir sollten bei allem nicht vergessen: Das unser Parlament heute so groß ist, ruht auf einem Urteil der BVerfG. Das legte fest, dass die Mandate nicht Bundesweit ausgeglichen werden dürfen, sondern nach Bundesländern auszugleichen sind, wie ich in meinem Kommentar schon andeutete.

Reinhard Benditte | Di., 23. April 2024 - 15:14

Das neue Wahlrecht der Ampel ist an Absurdität nicht zu überbieten. Bereits das jetzige Wahlrecht, das in den 50er Jahren verabschiedet wurde, ist ein Hohn und als Mittel zur Verfestigung der Parteienoligarchie geschaffen und gegen die mündigen Bürger gerichtet. Wie heißt es in Art 38, Satz 1 des GG? Zitat: „ Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt.“ Listenwahlen haben diesen Grundsatz bereits unterlaufen und das neue Wahlrecht setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Allerdings wundert es mich nicht. Eine Demokratie zeichnet sich durch Gewaltenteilung aus! Auch dieser Grundsatz, das Einmaleins des Demokratieverständnisses, ist in Deutschland nicht existent. Die Exekutive ist Teil der Legislative, die Judikative ist einerseits abhängig von der Exekutive und andererseits weisungsgebunden. Es ist ein reines Machtspiel der politischen Elite und ein Mittel der Konkurrenz den größtmöglichen Schaden zu zufügen!

Bert Dufaux | Di., 23. April 2024 - 17:54

Die CSU will eine eigenständige Partei sein, die im Bund und im Land antritt, gleichzeitig hält sie sich in Bayern eine ebenfalls konservative Partei, die CDU, als Konkurrenten von Leib und kann dadurch in diesem Bundesland ungefährdet seit Jahrzehnten Wahlsiege einfahren. Wenn man das will, muss man aber auch akzeptieren, dass man als Regionalpartei im Bund entsprechend riskiert, nicht in den Bundestag einziehen zu können. Man kann sich eben nicht im Bundesland u n d im Bund Privilegien sichern, die andere Parteien nicht haben, sonst würde der Wettbewerb verfälscht (was ja mittlerweile jahrzehntelang passiert ist).

Ingofrank | Di., 23. April 2024 - 21:03

Schon mal darüber nachgedacht, dass nicht die Freien Wähler und oder die AFD Schuld an dem Verlust von Stimmen bei der Union ist?
Auf die Idee, dass beide Parteien „schlechte
Politik“ an den Bedürfnissen des Souverän vorbei in 16 Jahren Merkel machten, kommen weder Sie Herr Dr. Müller- Vogg, noch die Unionsoberen. Und da liegt der Hase im Pfeffer.
Hätte sich nicht die Union nach grün links modernisiert, gäbe es Werder die AfD in dieser heutigen Stärke noch die FW als zweitstärkste Kraft in Bayern.
Mit besten Grüßen aus der Erfurter Republik