Gedenken an den in einem Terroranschlag ermordeten Priester im französischen Saint-Etienne-du-Rouvray nahe Rouen
Auch der jüngste Anschlag auf einen Priester im französischen Saint-Etienne-du-Rouvray hat bei Vielen das Bedrohungsgefühl verstärkt / picture alliance

30 Jahre Risikogesellschaft - Die Gefahr ist unsere Droge

Kolumne Grauzone: Vor dreißig Jahren erschien das Buch „Risikogesellschaft“ des Soziologen Ulrich Beck. Angesichts der jüngsten Terrorserie ist es relevanter denn je. Erklärt es doch, warum wir uns nicht den wirklichen Problemen zuwenden

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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„Risiko!“ dräute einst Wim Theolke, wenn einer seiner drei Kandidaten zufällig eine Risiko-Frage gewählt hatte. Dann erscholl eine Fanfare und die Multifunktionswand blinkte bunt.

Was waren das für selige Zeiten. „Risiko“ war der Begriff einer Quizsendung, und das einzige, was man riskierte, war Geld, das einem sowieso noch nicht gehörte. Man wird nostalgisch. Inzwischen flirrt die Medienmaschine hysterisch im Dauerzustand und schreit uns permanent „Alarm!“ ins Ohr.

Risikogewissheit wird zum Lebensgefühl

1986, „Der große Preis“ lief schon seit zwölf Jahren, veröffentlichte der inzwischen verstorbene Soziologe Ulrich Beck sein berühmtes Buch „Risikogesellschaft“. Zu dessen Erfolg trug – neben der Katastrophe von Tschernobyl im selben Jahr – sicher bei, dass der Münchner Soziologe ein Lebensgefühl auf den Punkt brachte. Waldsterben, saurer Regen, Atomkraft, Nachrüstung, Pershing 2: das waren die bestimmenden Themen jener Jahre.

In diese Kerbe schlug nun Beck. Seine These: Die Moderne sei in eine neue Phase getreten, sie produziere zunehmend Risiken. Zugleich sei sie reflexiv geworden, was bedeute, dass sie diese verstärkt produzierten Risiken problematisiere und sich ihrer bewusst werde. Risikogewissheit werde zum Lebensgefühl.

Becks Diagnose passte so gut in den Zeitgeist, dass zunächst kaum jemandem auffiel, wie banal sie war. Denn Risiken haben Menschen immer produziert. Schon die Idee, auf zwei Beinen zu laufen, war risikobehaftet – Bandscheibenvorfall inklusive.

Der Kult ums Risiko

Sehr viel spannender war jedoch der zweite Teil von Becks These. Denn tatsächlich bilden sich spätindustrielle Gesellschaften ein, Risiken explizit zu benennen und nicht wie vormoderne Gesellschaften – etwa über religiöse Erzählungen – nur symbolisch zu verarbeiten.

Dieser Fortschritt hat allerdings einen Preis: Das Risikobewusstsein selbst wird zu einer sinnstiftenden Institution, der Kult ums Risiko dient der Kontingenzbewältigung. Der in jeder Hinsicht durchflexibilisierte, also bindungslos gewordene Mensch der Spätmoderne fühlt sich erst angesichts der Bedrohung verortet. Wo es keine Mitte mehr gibt, kein Halt und kein Zentrum, gibt allein das Bewusstsein der Gefahr Orientierung und Sinn.

Doch das Sinnstiftungspoteztial des Risikobewusstseins ist janusköpfig. Denn Risiken sind Risiken – also bedrohlich. Überhöht zur Orientierungsgebung, können sie Menschen beherrschen und paralysieren. Angsterkrankungen gehören daher zu den charakteristischen Pathologien moderner Gesellschaften.

Wir sind Risikojunkies

Also versucht der Mensch der Moderne, die Risiken zu beseitigen, von denen er sich bedroht sieht. Doch da allein das Risikobewusstsein ihm Halt und Sinn gibt, werden Risiken, kaum hat man sie halbwegs im Griff, durch neue, noch bedrohlichere Risiken ersetzt. Dem Sterben der Flüsse folgt die Atomkraft, dann Aids, schließlich das Ozonloch, BSE, die Vogelgrippe, die Finanzkrise, der internationale Terrorismus. Und wem das alles nicht reicht, der fürchtet sich vor Elektrosmog, Handystrahlung oder Aliens.

Wir sind Junkies, süchtig nach Risiken, die Ordnung in ein Leben bringen, das seine Ordnung verloren hat. Allein das Bewusstsein der Bedrohung verspricht Übersicht in einer Lebenswelt, die uns zunehmend überkomplex erscheint.

Das bedeutet zugleich, dass in Risikogesellschaften nicht das Risiko selbst reflektiert wird, so wie Ulrich Beck das noch vor 30 Jahren festzustellen glaubte, sondern das Risiko als Allegorie, als Bild für das Bedrohliche schlechthin. Gegenüber voraufklärerischen Gesellschaften ist der Fortschritt der Moderne hinsichtlich ihres Risikomanagements sehr viel geringer, als er uns selbstverliebten Bürgern der digitalen Wissensgesellschaft erscheint. Noch immer starren wir entsetzt auf die Apokalyptischen Reiter – und vergessen darüber mitunter die tatsächlichen Probleme.

Risiken müssen gesondert erlebbar sein

Und so kaprizieren wir uns auf Gefahren, deren tatsächliches Bedrohungspotenzial statistisch gesehen gering ist. Unser aller Wohlstand und Alltagsleben ist etwa durch die aktuelle Bankenkrise in Italien und die wirtschaftliche Gesamtsituation in Südeuropa sehr viel bedrohter als durch irgendwelche selbsternannten Gotteskrieger. Und auch Frankreich hat, bei Lichte betrachtet, sehr viel fatalere Probleme als die sicher fürchterlichen Terroranschläge.

Um zum Symbol für Bedrohung schlechthin zu werden, müssen Risiken gesondert erlebbar sein. Die faktischen Herausforderungen für unsere westlichen Gesellschaften sind aber weder punktuell noch sinnlich fassbar. Terror und Migration sind lediglich Symptome, die tatsächlichen Probleme liegen woanders. Dass insbesondere so genannte Risikogesellschaften unfähig sind, diese anzugehen, muss allerdings nachdenklich stimmen.

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Christa Wallau | Sa., 30. Juli 2016 - 11:19

Was unsere Gesellschaft inklusive der Politiker
p r ä g t , ist n i c h t Risikobewußtsein, sondern ein AUREGUNGSKULT um momentane Ereignisse, der sich in einer Art Dauer-Hysterie bzw. (als Antwort darauf ) in einer Dauerbeschwichtigungs-Welle äußert.
Dabei lösen die Anlässe sich permanent ab.
Neue große und kleinere Katastrophen verdrängen die Bilder der vorherigen.

Realistisches Risikobewußtsein? - Fehlanzeige.
Im Gegenteil.
Wenn unsere Regierenden und der Großteil der Bevölkerung, die sie in Gestalt der Teflon-Kanzlerin immer wieder fröhlich gewählt hat, auch nur einen Funken Risikobewußtsein gehabt hätten, dann wären die Deutschen niemals im Euro-Raum verblieben, nachdem hier die gemeinschaftliche Haftung schleichend eingeführt wurde. Erst recht wären nicht Zig-Tausende Wildfremde wahllos ins Land gelassen worden.
RISIKOBEWUSSTSEIN ist gut und nützlich,
Dauer-Aufregung lähmt das Denken.

Paul Reuter | Sa., 30. Juli 2016 - 12:04

Die meisten Menschen haben diffuse Ängste vor Dingen die sie nicht kontrollieren können. Die echten Probleme hingegen werden meist verdrängt weil ihre Bewältigung mit Mühe und Arbeit verbunden ist.
Dass wir aber "Risikojunkies" sind, halte ich für Unsinn. Nie war das Volk ängstlicher. Es ist ja auch ein Zeichen von Wohlstand wenn man sich um Dinge wie Handystrahlen und Glyphosat Sorgen machen kann. In Somalia zB gibt es diese Ängste nicht.

Verstehe ich nicht.
In Somalia sterben die Menschen noch an Krankheiten, die wir hier wunderbar kurieren können.
Und Glyphosat wird dort und anderswo einfach so aufs Land gesprüht, gestreut, gerade wie es kommt. Wie viele Menschen in diesen Ländern an Vergiftungen sterben und nicht einmal das 60 Lebensjahr erreichen..... Von der Säuglingssterblichkeit ganz abgesehen...
Wohlstand bedeutet auch Aufgeklärtheit, gesellschaftliche Teilhabe, Schule und lernen...das Alles wird diesen Menschen verwehrt und zwar mit Absicht.

Wie wahr, wir haben doch wirklich nur ein Luxus- und Überinformatiosproblem.

Ein Leben ohne Risiko, was soll denn das sein ? Ängste haben schon Kinder : vor dem bösen Wolf oder einfach vor der Dunkelheit. Also bedarf es Einsicht in ein Leben wie ist und immer schon war.(Philosophieren heist eben auch Sterben lernen, was uns heute aber so "ab-ver-geht")

Johann Prossliner | Sa., 30. Juli 2016 - 12:43

"Spätmoderne" und "spätindustrielle Gesellschaften" -- wie kommt einer unserer kompetensten Köpfe wohl zu solchen faden Begriffen?
Zum eigentlichen Thema "Gefahr" empfehle ich übrigens Nietzsches "Fröhliche Wissenscahft" : darin den sehr überraschenden Text "Die größte Gefahr" und das epigrammatische Gedicht
"Der Wanderer"
»Kein Pfad mehr! Abgrund rings und Totenstille!« –
So wolltest dus! Vom Pfade wich dein Wille!
Nun, Wandrer, gilts! Nun blicke kalt und klar!
Verloren bist du, glaubst du – an Gefahr.

Thomas Bonsack | Sa., 30. Juli 2016 - 12:59

Man könnte annehmen, dass Sie das Buch nicht gelesen haben. Sie springen auf, auf den Zug der Unbedennklichkeits-Experten, die zu Realativierern und damit zu Verharmlosern der giftbedingten Schäden täglich wahrnehmbar sind. Genau, dass was sie als Ihre Erleuchtung verkaufen wollen, beschreibt steht nachlesbar in dem Buch und zwar, dass Menschen immer Risiken eingegangen sind, bei diesen Risiken handelt es sich um Risiken die von einzelenen eingeganegen werden. Ein Vergleich mit Risiken die uns als Fortschritt verkauft werden und die uns alle betreffen, sozusagen internationalisierte Risiken, mit reinem Profithintergrund sind etwas völlig anderes. Hier werden Risiken eingegangen die zu irreversibelen Schäden bei den Menschen und der belebten Umwelt geführt haben. Alterntiven wurden stets abgelehnt, mit dem Verweis, sie seien zu kostenintensiv. Erst mit der Industrialiesierung begann das Zeitalter der produzierten (persistenten) Umweltgiften, deren Schäden umumkehrbar sind.

Thomas Bonsack | Sa., 30. Juli 2016 - 13:14

In dieser Zeit empfinden viele Bürger eine diffuse Risikoeintrittsangst, die aber berechtigt ist. Sie ist mehr als berechtigt, denn wir haben uns schon lange aufgemacht von der Risikogesellschaft zur Suizidgesellschaft. Die ubiquitäre Verbreitung von Giftstoffen, die für den Menschen in der Regel nicht wahrnehmbar sind, sind der Ausgangspunkt vielgestaltiger Erkrankungen (Allergien, AIK´s, Antriebslosigkei und psychischen Erkrankungen). Jeder Giftstoff hat letztendlich verschiedene Wirkziele, die Psyche ist jedoch immer mit davon betroffen. Von daher ist es absolut falsch die Angsterkrankungen, wie Sie es tun als Folge der Angst vor Umweltgiften zu sehen. Hier greifen sie auf ein altbewährtes probates Mittel zurück, nämlich die Psychatrisierung der Opfer. Der in den 80er Jahren geprägte Begriff "Ökochonder" (Hypochonder auf Umweltgifte) passt zu Ihrer Argumentation.

Arndt Reichstätter | Sa., 30. Juli 2016 - 14:21

Die derzeit relativ geringe Gefahr durch Terrorismus ist kein Argument, in der Migrationskrise nicht sofort den Kurs zu ändern, die Grenzen zu sichern, illegale sowie asylmissbrauchende Einwanderer des Landes zu verweisen und uns bei unseren Nachbarn zu entschuldigen).

Thor von Waldstein weist daraufhin, dass es hierzu eines selbstbewussten Volkes bedarf, welches, anstatt weißen Ethnomasochismus zu betreiben, eine politische Klasse wählt, welche der militärisch-amerikanischen Vorherrschaft ebenso beendet. Friedlich. Aber Alternativlos. Die (seit 26 Jahren sinnnlose) NATO nervt. Und es ist nicht so, als gäbe es in den USA keine massenhafte Unterstützung dafür. Schließlich sind diese überschuldet, kriegsmüde und häufig höflich genug erzogen, kein Neokolonialist sein zu wollen.

Auch der schlaue Kopf Rolf Hochhuth schreibt „Ausstieg aus der NATO oder Finis Germaniae“.

Mir ist, als Libertärem, lediglich wichtig, im Zuge dessen keinen Polizeistaat errichtet wird.

Rainer Hoenig | Sa., 30. Juli 2016 - 14:51

"Und auch Frankreich hat, bei Lichte betrachtet, sehr viel fatalere Probleme als die sicher fürchterlichen Terroranschläge."

"Terror und Migration sind lediglich Symptome, die tatsächlichen Probleme liegen woanders"

Leider auch wieder nur ein weiterer in der endlosen Reihe der Relativierungsartikel. Eine wirklich tiefgründige Analyse des Risikos in der entwickelten westlichen Gesellschaft findet man unter:
http://www.achgut.com/artikel/ein_geistiger_vorhang_zieht_sich_durch_eu…

Petra Wilhelmi | Sa., 30. Juli 2016 - 15:35

Es ist für mich kaum auszuhalten, irgendwelche erfundene Risiken, die eigentlich zum normalen Leben dazugehören, mit Terrorrisiken zu vergleichen. Schön für Sie, wenn Sie genau wissen, dass ein Rudel junger moslemischer Männer, welches Ihnen neuerdings immer im Stadtviertel entgegenkommt, friedlich gesonnen ist. Ich kenne deren Gedanken nicht. DAS Risiko gehört nicht in unser Leben. Das Risiko wurde handstreichartig unter Verletzung von Gesetzen uns vor die Nase gesetzt, ob wir es haben wollten oder nicht. Richtig wäre es zu sagen, dass Merkel und Co. damit nicht umgehen können, weil sie das Risiko als solches nicht erkennen wollen und es ihnen schlichtweg egal ist -lt.Merkel- da die illegal eingewanderten nun einmal da wären. Und sie vermindern nachweislich den Wohlstand DE in Milliardenhöhe ohne Gegenleistung, denn woher soll denn das Geld für deren Leben herkommen? Aus dem Automaten?

Barbara Kröger | Sa., 30. Juli 2016 - 15:46

Herr Grau, wenn Sie sich für einen Risikojunkie halten, ist Ihnen das unbenommen. Dabei aber von wir zu sprechen, halte ich für kühn. BK Merkel scheint das Risiko zu lieben, aber bei der Bevölkerung kann ich diese Begeisterung eigentlich nicht feststellen. Was also sollen solche Sätze wie: „Doch da allein das Risikobewußtsein ihm (dem Mensch der Moderne) Halt und Sinn gibt, werden Risiken, kaum hat man sie halbwegs im Griff, durch neue, noch bedrohlichere Risiken ersetzt.“ Tut mir leid Herr Grau, aber das ist blühender Blödsinn! - Langweilen Sie sich eigentlich sehr?

Danke ! Da muss klarerweise eine Frau kommen um deutlich zu sagen, was Sache ist.
Sie wissen schon, das Kind das sich im Märchen sagen traut, dass der Kaiser nackt ist.
Ich lese die Kommentare immer gern, weil ich mich köstlich amüsieren kann über das was Männer so daher schwafeln können und sich dabei soooo gescheit vorkommen.

peter hauser | Fr., 5. August 2016 - 13:54

Antwort auf von Caroline Schwarz

Na, na, ich bin ein zumindest physisch erkennbar mänliches Wesen und hoffe nicht unter der Art, die sie als < Männer > bezeichnen, einfach subsumiert zu werden.
Ich glaube Symphatie für Sie zu haben, allerdings bin ich wohl nicht sooooo gescheit wie Sie..:-)

Klaus Dittrich | Sa., 30. Juli 2016 - 17:08

Nein - wir sind süchtig nach Sicherheit! Wir möchten in Bequemlichkeit leben. Aber diese Sucht nach Sicherheit lässt uns permanent auf Risiken stoßen.

Bernd Fischer | Sa., 30. Juli 2016 - 19:58

Wieso soll ich persönlich als ein Teil dieser Gesellschaft die im Promillebereich von 0,001 ‰
( oder sogar weniger ) liegt , Schuld an den Problemen haben?

Warum schreiben Sie nicht das die angestauten Probleme ( die auch Ihnen bekannt sein müssten ) schon vor der "Migration" einen Riss in der Gesellschaft verursacht haben, die von der Politik ( Parteiübergreifend ) eindeutig verursacht worden ist.

Was soll eine Gesellschaft schon lösen wenn sie gespalten ist , ist ein unhaltbarer Vorwurf von Ihnen.

Karola Schramm | Sa., 30. Juli 2016 - 21:38

Falsche Fährte, Hr. Grau.
Wenn eine Bevölkerung gefragt wird, "wollt ihr den totalen Krieg ?" & alle brüllen "Ja", dann haben wir es mit einer Risikogesellschaft zu tun. Sie wusste um die Gefahr & nahm sie billigend in Kauf.

Die Bevölkerung wurde weder bei Atomkraft, noch den Ursachen des Waldsterbens ect. gefragt. Auch die Nachrüstung & Pershing 2 geschah gegen den Willen der Bevölkerung. Proteste hat es massenhaft gegeben.

Wenn Politiker Risiken eingehen, die nachweislich schlimme Folgen haben können, wenn sie mehr als 2 Mill. Menschen unregistriert ins Land lassen, kann man nicht auf Glück hoffen, im Sinne von "Wird schon gut gehen" oder "Wir schaffen das."
So etwas ist leichtfertig, leichtsinnig. Verhält sich jemand so im Straßenverkehr mit entsprechenden neg. Folgen, gibt es Führerscheinentzug und Strafen.
Es sind die politisch Verantwortlichen, die ohne Rück-sicht auf Risiko gehen & sich wagen, das friedliche Zusammenleben der Bevölkerung zu zerstören.

Christoph Kuhlmann | So., 31. Juli 2016 - 10:29

Der moderne Menswch ist durchaus bereit Risiken ohne jede Dramatisierung einzugehen. Nämlich dann, wenn er einen Vorteil dadurch hat. Die Toleranz gegenüber Risiken, die keinen persönlichen Vorteil bieten tendiert allerdings gegen null. Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit radioaktiv verstrahlt zu werden erheblich geringer ist als bei einem Verkehrsunfall umzukommen, sinkt die Akzeptanz von KKW, während der Individualverkehr wächst und gedeiht. Im medizinischen Bereich besteht eine ganz selbstverständlich Akzeptanz gegenüber radioaktiver Strahlung, denn Röntgenaufnahmen und Anderes sind wertvolle Hilfsmittel bei der medizinischen Diagnose. Wer das Risiko eib´ngeht hat selbst einen Nutzen. Anders bei Gewalt und Terror durch Migranten. Die Toleranz geht gegen null, weil viele Menschen auf diese Migration verzichten möchten und kausal nicht den geringsten Vorteil für sich selbst entdecken können. Diese Erklärung ist naheliegender als kollektive, psychische Dysfunktionen zu unterstellen.

Dimitri Gales | So., 31. Juli 2016 - 15:26

In früheren Jahrhunderten waren die Risiken weitaus grösser und fataler. Man denke an die Pest, an Kriege wie den Dreissigjährigen Krieg und andere. Das Leben früher war kein honigschlecken. Dagegen leben wir heute relativ sicher und auf jeden sehr komfortabel. Das Problem heute ist anders. Wir sind an eine lange Friedens-und Wohlstandgesellschaft gewohnt - und dabei intellektuell bequehm und arglos geworden. Die heutigen Bedrohungen kommen schleichend, entwickelt über einen längeren Zeitraum, sie sind auch sozialer Art (infolge der Globalisierung).

Ulrich Baare | So., 31. Juli 2016 - 22:22

Wenn ich sie richtig verstehe, ist also das Bewusstsein eines als essentiell wahrgenommenen Risikos diejenige Möglichkeit des modernen Menschen die Unübersichtlichkeit des eigenen Lebens zu bewältigen, indem qua dieses Risikobewusstseins diese Unübersichtlichkeit verdrängt werden kann. Wenn dem so ist, dann wird aber auch dieses Risiko - welches es auch immer ist - zu einem Symbol bzw. korrekter: zu einer symbolischen Bewältigung der eigenen Lebensunsicherheit. Sie schrieben "nicht wie vormoderne Gesellschaften – etwa über religiöse Erzählungen – nur symbolisch zu verarbeiten" - aber schneidet hier der moderne Mensch nicht über diese Symbolisierung seiner eigenen Angst in der Angst vor eiger als übermächtig angesehen Gefahr (Atomkrieg, Genetik etc.) nicht eben in der letztlich Transzendierung dieser Gefahr genau denselben Punkt wie der vormoderne Mensch - den er steht doch letztlich genauso ausgeliefert vor ihr wie jener vor einem Gotte oder einer unbegreiflichen Macht, oder nicht?

Bernhard Jasper | Mo., 1. August 2016 - 10:56

Experten und Laien, Wissenschaftler und Nichtwissenschaftler nehmen Risiken verschieden wahr. Der Zeitgeist war im Jahr 1986 die Tschernobyl-Katastrophe. Physiker monierten stets die zahlreichen Fehler der Berichterstattung. Die Genauigkeit in den Zeitungsberichten war oft fehlerhaft, ob im Meßsystem, in der Bezeichnung sowie Unkorrektheit in der Berichterstattung.

„Wir“ sind „Risiko-Junkies“, ist auch kein zutreffendes Bild. Oft sind es die Medien, die kein zutreffendes Bild von den „objektiven Risiken“ liefern, und die Rezipienten richten ihr risikobezogenes Verhalten an dieser Scheinwirklichkeit aus (für die Politik oft die besondere Gelegenheit ). Auch Risiken werden konstruiert. Jedoch gibt es Expertenmeinungen, die wir befolgen sollten, auch wenn es unterschiedliche Sichtweisen, Betrachtungsweisen der Risikoeinschätzung und Interpretation des Problems gibt. Und selbst dann bleibt in Systemen immer noch eine unauflösbare Differenz, die wir heute „Rest-Risiko“ nennen.

Bernhard Jasper | Mo., 1. August 2016 - 11:54

Der Mensch versucht sich immer wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Jedoch ein endgültiges Gleichgewicht bleibt unerreichbar. Er steht immer wieder vor neuen Herausforderungen und Risiken.

Das Was und Wie (Inhalt und Form) einer Durchführung, die Art und Weise der Realisierung hat jedoch immer eine Differenz. Die Form ergibt sich erst in der Realisierung. Lediglich abstrakte mathematische Formeln können „eineindeutig“ sein. Wahrscheinlichkeitstheorie und Risikoanalyse sowie simulative Analyse gibt es ja in der Praxis, jedoch sind die subjektiven Wahrscheinlichkeitseinschätzungen sehr groß. Auch eine Fehleranalyse kann keine Phänomene (die zum Zeitpunkt noch unbekannt sind) aufdecken. Es gibt immer viele Unbekannte.

Ausblick: Wahrscheinlich schaffen dieses selbst die zukünftigen Hochleistungsrechner nicht. Jedoch, Sie werden sich annähern können, aber die Differenz wird bleiben.

Gerhard Leuner | Mo., 1. August 2016 - 12:46

Ich glaube, dass diese Analyse grundsätzlich völlig richtig ist (der eine oder andere Leserbrief bestätigt dies auch indirekt sehr deutlich). Allerdings endet sie zu leider früh. Ein ganz wesentlicher Umstand bleibt unberücksichtigt. Während die Risiken früher von den "Eliten" vorgegeben wurden und man ihnen dann bereitwillig folgte, wird das heute dominierende Risiko Flüchtlingskrise von denselben "Eliten" marginalisiert, von großen Teilen der Bevölkerung aber sehr wohl wahrgenommen. Und jetzt wird es interessant. Denn jetzt erleben wir einen Kampf um die Deutungshoheit. Leider geben die "Eliten" dabei ein erschreckend schwaches Bild ab.

Walter Wust | Mo., 1. August 2016 - 17:37

Die Definition der Angst im Fokus der akuten Ereignisse stimmt so nicht. Es ist eher eine Unzufriedenheit über die vermeidbare Situation und das Unbehagen über unabwägbare Risiken, die mit nichtssagenden Floskeln kleingeredet werden. Wer sich mit humanitären Absichten inhumane Zustände einhandelt, muss damit leben, daß ihm Weitsicht, Umsicht und Vorsicht abgesprochen werden. Vielleicht wird die Geschichte sogar eine fahrlässige Unbesorgtheit bescheinigen, selbst wenn wir es, allen Erfahrungen zum Trotz, schaffen sollten.

Bernd Fischer | Mo., 1. August 2016 - 18:06

Leider wird sich daran in nächster Zeit nichts ändern, weil die ( teilweise haben die sich selbst zur "Elite" ernannt, und mit einem leichten Zug zur Arroganz gegenüber den Bürger, ausgestattet ist ) weil die "Eliten" ganz einfach , um es mal salopp zu formulieren , selbst intellektuell überfordert sind um die Probleme zu lösen.

Dazu braucht man kein Summa cum laude Abschluss zu haben, um dies zu erkennen.

Aber, man flüchtet sich gerne in das Klein-Klein des politischen Alltages , oder noch besser man wirft gerne ( politische ) Nebelkerzen.

Und für die weniger "Gebildeten" wird mal auch ganz gerne eine neue "Sau" durch's Dorf getrieben.

Wenn das dann immer noch nicht reicht , dann wird die "alte Sau" wieder eingefangen , neu angestrichen und wieder durch's Dorf getrieben.

Dann ist der weniger "Gebildete" erst einmal für eine ganze Weile beschäftigt, und von den wahren Problemen erst einmal abgelenkt.

Ruth Falk | Mo., 1. August 2016 - 20:46

Risiken gabs schon, als Lucy einem Säbelzahntiger begegnete, aber da waren sie noch keine Massenerscheinung, die von den Medien hochgepuscht und ausgeschlachtet wurden. Allerdings gabs da auch noch keine Merkel. die entgegen ihrem Eid selbsherrlich einen ganzen Kontinent für einen Gröfaz erpressbar machte.
Es sind nicht die Risiken, die die Menschen in Angst versetzen, es ist die absolute Hilflosigkeit gegenüber der aufoktruierten Manipulation, die Ungerechtigkeit, die die Menschen durchdrehen lässt.