Ex-Ministerin Suella Braverman, 13.11.2023 / picture alliance

Ex-Innenministerin Suella Braverman - Zu hoch gepokert

Der Fall Braverman birgt eine Lektion für alle Konservativen. Das Migrationsproblem gehört angepackt. Im rhetorischen Überbietungswettbewerb braucht man sich dennoch nicht von jeglichem Anstand zu verabschieden.

Autoreninfo

Shantanu Patni studiert Osteuropa-Studien an der Freien Universität Berlin. 

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Die Äußerung, welche die britische Innenministerin Suella Braverman am Montag ihr Amt gekostet hat, ist nur die letzte in einer Reihe, die aber das Fass zum Überlaufen gebracht hat. In einem Gastbeitrag in der Times warf sie der Polizei vor, parteiisch, also allzu tolerant mit propalästinensischen Demonstranten umzugehen, während nationalistischen Gegendemonstranten die Stirn geboten werde. Ein solches Statement war nicht mit Premierminister Rishi Sunak abgesprochen; was für ihn letztlich den Ausschlag gab, Braverman zu entlassen.

„Mut zur Wahrheit“, würden einige vermutlich denken. Was sich bei Braverman allerdings mehrfach gezeigt hatte in den vergangenen Monaten, war eine klare wie dumpfe Strategie: Aufreger setzen und damit die Aufgeregten bedienen. Seit ihrem Amtsantritt war klar, dass sie sich zum Liebling des rechten Flügels der Partei aufschwingen wollte. Ihre Strategie: Ihre Kritik an der Migrationspolitik bei jeder gebotenen Möglichkeit auf die Spitze zu treiben. Dass sie dabei wie die Karikatur einer Rechtspopulistin wirkte, schien sie nicht zu stören.

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Han Hube | Di., 14. November 2023 - 13:48

Wenn die 600000 den nächsten Schritt machen und Waffen ins Spiel kommen, geht’s London an den Kragen, mit hässlichen Bildern, die man dann auch mit Warnungen versehen muss. Und wer immer noch glaubt, der Hass dieser Bevölkerungsgruppe richte sich ausschliesslich gegen Juden und Israel. Falsch gedacht. Kuffar bleibt Kuffar…..
Gilt übrigens auch für unsere ‚Zugewanderten‘.

Naumanna | Di., 14. November 2023 - 13:53

Wunderbar, dass es solche konservativen Politiker noch gibt. Sie hat in allem Recht. Ihre Entlassung ist aus meiner Sicht nicht folgerichtig. Die UN Flüchtlingskonvention ist natürlich rettungslos veraltet. Am besten löst man die ganze UNO auf und gründet sie neu. Die unkontrollierte Migration gefährdet alles - Sozialsystem Gesundheitssystem und das Leben unserer Mitbürger. Endlich eine Mauer um Europa.

Dorothee Sehrt-Irrek | Di., 14. November 2023 - 13:54

ist eines der größten Kolonialherren* der letzten Jahrhunderte gewesen.
Dagegen nehmen sich die Deutschen evtl. wie "Waisenknaben" aus?
Im Verlauf der Zurückdrängung als Kolonialherren*, bot England Menschen aus ehemals beherrschten Gebieten einen Platz in ihrem Land.
Das beliess ihren Einfluss in den ehemaligen Kolonien, sicherte England zudem noch einmal viel Geld und Einfluss als jetzt allen gemeinsame Großmacht?
Eines wird sich England sicher nicht leisten können, das, was der Autor sehr klug an der "geschassten" Politikerin kritisiert.
"Der Ton macht eben auch die Musik.
...und evtl. "Ideologie" noch keine Politik.
England hat eine enorme Bevölkerungsdichte (429 pro qkm lt. Wiki), die ich jedenfalls für die Bundesrepublik nicht anstrebe.
Gefragt wäre also eine, wenn, verträgliche und gütliche Einigung, die "atmet".
...und vor allem Zukunft hat.
Danke für den ausgewogenen und aufschlußreichen Artikel.

Henri Lassalle | Di., 14. November 2023 - 14:30

mit sachlich-fundierten, logischen und realistischen Argumenten im Politgeschäft weiter. Die gefeuerte Ministerin war zu emotional und das führt immer zur Polarisierung in öffentlichen Äusserungen. Das Migrationsproblem ist in GB ein ätzendes Phänomen wie hierzulande, worunter einheimische Bedürftige wahrscheinlich leiden werden, denn man wird sagen: Es kann nicht Geld für alle geben, ein Verdrängungswettbewerb wird stattfinden.

Ausserdem müsste immer wieder präzisiert werden, was Asyl bedeutet: Seit 1948 gibt es eine klare international gültige Definition, wer Anspruch auf Asyl hat: Personen, die wegen ihrer Rasse, politische Überzeugungen oder wegen ihrer Opposition gegenüber Machthabern systemtisch verfolgt und bedroht werden. Die Migrationsflut aber besteht zum überwiegenden Teil aus gewöhnlichen Migranten, die vom wohlhabenden Europa angelockt werden.

Dorothee Sehrt-Irrek | Di., 14. November 2023 - 15:40

Antwort auf von Henri Lassalle

in der Bundesrepublik Deutschland nicht mit der Englands vergleichen.
Engländer waren sozusagen in "aller Welt" und zwar gewissermaßen bestimmend und profitierend.
Dieser Zustand war nur "aufrechtzuerhalten" durch "Teilhabe".
Deshalb empfinde ich rechtspopulitische, bzw. ausgrenzende Positionen in England als reichlich geschichtsvergessen.
Probleme in gesellschaftlichen Konflikten sollten politisch gelöst werden können.
Es hat sich in England noch niemand zu einem "Gott" aufgeschwungen, mithin dürfte englischer Pragmatismus mit erworbener Weitsicht weiterhin vorherrschend sein.
Wenn sich die junge Politikerin diesen zu eigen machen kann, bleibt sie sicher auch länger mal in einem Amt.
Engländer erwarten von ihren Regierungen Stabilität und Flexibilität, "auch bei hohem Wellengang", sie sind offen für Aufsteiger...
England ist eine Seefahrernation gewesen, wie übrigens doch auch die skandinavischen Länder.
Deutschland ist dagegen eher ein europäischer Binnenstaat, kontinental sozusagen.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 15. November 2023 - 11:20

Antwort auf von Henri Lassalle

bisschen von außen zu sehen, weshalb ich ihr nicht nur als Deutsche Staatsbürgerin immer auch mal eine Lanze breche.
Wie könnte man den Reichtum des Deutschen Reiches beschreiben, wenn nicht grob als "selbstverdient"?
Da die Deutschen viel zerstört hatten, mußten sie dann, territorial auf ihr Maß gestutzt, sehr viele Schulden bezahlen.
Die Wiedervereinigung war eine komplexe und sehr schwierige Glanzleistung, vor allem sehr teuer.
Mittenmang Deutschland zum Begleichen der Schuld an den Übeln der Welt zu "verdonnern" - ich werte das nicht so moderat wie Herr zu Guttenberg bei Frau Maischberger - der* ist vielleicht nicht von dieser Welt, überspitzt gesagt?
Die Engländer bauten ihr Weltreich über Jahrhunderte auf, in Deutschland sollte ein "Wimpernschlag" genügen, evtl. begleitet von den Worten "Jetzt ist das mal so"?
Ich weiss nicht, ob ich mich darüber in meinem Leben noch einmal beruhigen kann.
Ich kann viel ertragen, aber keine "Dummheit"?
"Die Rückkehr der Politik" täte allen gut?

Norbert Heyer | Di., 14. November 2023 - 14:32

An den in diesem Kommentar angesprochenen Aussagen der britischen Innenministerin kann ich beim besten Willen keinen Grund für eine Entlassung feststellen. Sie vertritt rechte Ansichten, die nun einmal nicht der vorgegebenen Richtung entsprechen. Sie ist so etwas wie das britische Gegenteil zu Merz, der auch einige markige Sprüche absonderte und sich ganz schnell in den Staub warf, wenn er von grün/links dafür kritisiert wurde. Wer heute Positionen vertritt, die vor einigen Jahren noch im Rahmen des Meinungsspektrums lagen. aber jetzt und heute von moralisch-überhöhten Ideologen sofort niedergemacht werden. Aber gerade diese Moralapostel vor dem Herrn sind diejenigen, die sofort gegen jede abweichende Meinung alles unternehmen, um die betreffende Person auszugrenzen. Das sind echte Demokraten der regierungsamtlichen Einheitsmeinung. Wenn verschiedene Ansichten zu wichtigen Streitpunkten nicht mehr kontrovers diskutiert werden, läutet die Todesglocke für die Demokratie und die Freiheit.

Axel Gerold | Di., 14. November 2023 - 16:53

Wenn eine Migrationskritikerin mit Migrationshintergrund nicht mehr davor gefeit ist, wegen migrationspolitischer Äußerungen gecancelt zu werden, dann sieht‘s düster aus! Wer soll denn dann noch den „Mut zur Wahrheit“ aufbringen dürfen. Was kommt nach dem Ende des Diskurses?

Helmut Bachmann | Di., 14. November 2023 - 17:07

Es ist richtig, dass Taten wichtiger als große Worte sind. Und dass man lieber ruhig argumentieren sollte. Aber dass diese Entlassung etwas mit Anstand zu tun hat, oder gar „folgerichtig“ ist eher zum Lachen.

Karl-Heinz Weiß | Di., 14. November 2023 - 17:32

"Karikatur einer Rechtspopulistin" - das bringt es auf den Punkt. Wenn die eigene Biografie migrantisch geprägt ist, sollte man besonderen Wert darauf legen, verantwortungsbewusst zu argumentieren. Eine Johnson-Auferstehungskopie braucht UK nicht.

S. Kaiser | Di., 14. November 2023 - 19:46

… ach, soll heißen nur der Ton macht die Musik? Ja, sie ist eine Hardlinerin, eine „Tiger Mom“ der Politik. Und wahrscheinlich ging sie davon aus, sich so hart positionieren zu können, weil ihr niemand das Knebel’argument‘ von „white supremacy“ entgegenschleudern kann. Sie hat das ausgesprochen was viele Briten aufgrund der allgegenwärtigen R-Keule nicht zu sagen wagten, das was heutzutage mit „Rechtspopulismus“ gelabelt wird. Nun hat Ihr herkunftsgleicher Chef Ihr den Stecker gezogen. In der Analyse korrekt, in der Sprache polemisch aber in den Taten unzureichend. Zuwenig Polizei bleibt zuwenig Polizei. Es kursieren Videos in denen Polizisten am Rande der Demonstrationen zugeben nichts ausrichten zu können: „They are stronger than us“. Demonstrationen in einer Dimension, die die hiesigen bei weitem toppen. Wer da nicht begreift, was auf dem Spiel steht, dem ist nicht mehr zu helfen. Und nun man kann "getrost" davon ausgehen, dass mit der Nachbesetzung nichts besser werden wird ...

Martin Schulze | Di., 14. November 2023 - 20:01

…werden solche Politiker zu den harmlosen gehören, nämlich dann, wenn der Islam nicht nur Ansprüche stellt, sondern wirklich die Macht einfordert. Eigentlich fehlen dazu nur noch Waffen.

Thorwald Franke | Di., 14. November 2023 - 21:24

Der Artikel wäre rund gewesen, wenn er mit dem Gedanken geendet hätte, dass Braverman durch die Erfahrung dieser Entlassung zu einer Reife gelangen könnte, die sie später umso besser auf die politische Bühne zurückbringen wird. Denn die Sympathie des Lesers ist grundsätzlich mit ihr.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 15. November 2023 - 06:51

Das sagt eine Ministerin offen was sie denkt. Ja, mag sie eine drastische Wortwahl wählen und ja, etwas weniger reißerischer ginge auch. Aber ändert das etwas am Inhalt? Selbst der Autor muss ihr in vielem Recht geben, räumt ein, das sie mit vielem Recht hat und auch die richtigen Fragen stellt. Und dennoch wird die Ministerin ausgewechselt, weil sie Dinge benennt, die nicht wenige britische Wähler genauso umtreibt, wie bei uns in Deutschland. Sie hat sich zum Themenbereich geäußert, für den sie als Innenministerin zuständig ist. Sie kritisieren zu Unrecht: " Kaum ein Wort zu den explodierenden Lebenskosten. Nichts zum Kollaps des staatlichen Gesundheitssystems. " Das ist vor allem Aufgabe der Fachminister und des Premier und eben nicht der Innenministerin. Mir scheint es so zu sein, dass dort persönliche Ressentiment und Machtgerangel, vielleicht auch die Befürchtung Sunaks, die Frau könnte ihm den Rang ablaufen und zu stark werden, eine Rolle gespielt haben. Ob das hilfreich war.