Ungarns Premierminister Viktor Orbán beim EU-Gipfel in Brüssel / dpa

Ukraine, Nato, Russland - Wie sieht das Ungarn, Herr Patzelt? (Teil 2)

Die Kritik an Ungarn ist innerhalb der Europäischen Union regelmäßig groß. Aber ist sie auch berechtigt? Im zweiten Teil des Interviews erklärt der Politikwissenschaftler Werner Patzelt das Verhältnis der ungarischen Regierung zu Russland, zu Polen und zur Nato.

Autoreninfo

Shantanu Patni studiert Osteuropa-Studien an der Freien Universität Berlin. 

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Werner Patzelt ist einer der bekanntesten Politikwissenschaftler in Deutschland. Von 1991 bis 2019 war er Inhaber des Lehrstuhls für Politische Systeme und Systemvergleich an der TU Dresden. Derzeit ist er Forschungsdirektor des Mathias Corvinus Collegium in Brüssel. Den ersten Teil unseres Ungarn-Gesprächs mit Patzelt lesen Sie hier.

Herr Patzelt, werfen wir einen Blick in die Ukraine: Es wird gerne behauptet, dass die Zeit für Russland arbeitet. Ob das so eindeutig ist, wie es gerne behauptet wird – zumal diese Einschätzung gut zur ungarischen Position passt – darf in Frage gestellt werden. Denn die Kriegsmüdigkeit betrifft Russland auch. Im russischen Fernsehen ist es beispielweise kein Tabu mehr, die Kriegsführung im selben Ton zu kritisieren, wie es Prigoschin und Kadyrow am Anfang gemacht hatten. Es ist nun mal in jedem Krieg so, dass ob und wann es zu diplomatischen Verhandlungen kommt, maßgeblich davon abhängt, was auf dem Schlachtfeld passiert. Wie stellt sich die Fidesz-Regierung bzw. Orbán einen Frieden vor? Welche Sicherheitsgarantien soll die Ukraine bekommen? Wer bezahlt den Wiederaufbau? Und wie sollen die Ukrainer ihre verschleppten Kinder aus Russland zurückbekommen?

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Uli | Fr., 15. Dezember 2023 - 08:54

"Die Kritik an Ungarn ist innerhalb der Europäischen Union regelmäßig groß. Aber ist sie auch berechtigt?"
Ich erwarte sogar, dass die Vertreter eines Landes sich genau so verhalten: 100% Einsatz für den eigenen Souverän. Dazu gehört, ganz selbstverständlich (!), dass man einem Bündnis, wie der EU, nur beitritt, um Vorteile für das eigene Land zu erreichen Punkt
Würden alle Länder dieser Logik folgen, verstünde es sich von selbst, dass ein Beitritt der Ukraine außer Frage steht. Die Ukraine ist ein hoch verschuldetes und von Korruption zerfressenes Land. Eine Aufnahme schadet der EU maximal. Einzig die USA hat daran Interesse.

Keppelen Juliana | Fr., 15. Dezember 2023 - 09:43

wäre das die EU mit vollen Händen ausgibt könnte man sich einfach zurücklehnen und abwarten wie sich alles weiterentwickelt. Die USA und Russland können sich die Hände reiben. Die USA weil sie die Verantwortung dieses Ukrainedebakels an die EU delegiert hat und Russland weil dieses Milliardengrab Ukraine jetzt der EU am Hals hängt. Dieser sogenannte historische Sieg wird sich zum Pyrrhussieg entwickeln. Aber was kann man von politisch Verantwortlichen erwarten die ihr Denken und Handel nur danach aussrichten "was denkt Putin" so nach dem Motto "wir schießen uns jetzt mal kräftig ins Knie um Putin zu ärgern". Diese Einfalt ist nicht mehr zu toppen.

Langsam wird es ehrlich gesagt peinlich.

Ihre verkrampften Bemühungen, ausgerechnet den Kriegsverbrecher Putin als Opfer darzustellen, den man ja nur ärgern will, sind an Absurdität nicht zu übertreffen.

Nun gut, Ihre "Schwäche" für den russischen Diktator ist ja bestens bekannt, ihre Lobgesänge auf den tollen Vladimir waren ja sogar auf der Seite der russischen Botschaft zu lesen.

Und jetzt werden Sie hier nicht müde, den Westen für Putins Morde anzuklagen.

Hopfen und Malz...

Edwin Gaza | Fr., 15. Dezember 2023 - 16:23

Antwort auf von Gerhard Lenz

Hopfen und Malz, Gott erhalt's! Prost!
Die einen lieben Wolodymyr, wie Uschi, die von seinem Charme ganz hingerissen blickt.
Andere fragen sich warum musste es soweit kommen und wer in dem Spiel hat welche Absichten?
Wo blieb die Diplomatie für friedliche Koexistenz?

Keppelen Juliana | Fr., 15. Dezember 2023 - 16:53

Antwort auf von Gerhard Lenz

also Putin als Opfer? ich glaube niemand sieht Putin als Opfer. Opfer sind höchsten wir und zwar Opfer unserer eigenen Dummheit sich einen Krieg aufs Auge drücken zu lassen der nicht unser Krieg ist dazu gehört schon eine Portion Dummheit, nebenbei bemerkt wäre dieser Krieg zu verhindern gewesen. Nun die irrationalen Entscheidungen der EU gegen Russland haben doch das Ziel Putin oder Russland bis ins Mark zu treffen sind also eher hilflose Racheakte, denn der Ukraine hilft man mit diesen Entscheidungen ganz sicher nicht. Ja ich habe eine Schwäche aber eher für Elvis Presley und Queen und Adele Putin rangiert da eher sehr weit hinten übrigens Biden auch. Und das mit der russischen Botschaft wow das ehrt mich jetzt wusste nicht, dass ich so wichtig bin wann war das? Denn Westen klage ich an, dass er den Krieg nicht verhindert hat. MfG

Norbert Heyer | Fr., 15. Dezember 2023 - 09:55

Es ist eigentlich wie immer: Die USA haben den Spaß am Ukraine-Krieg verloren und wollen (und werden) sich dezent zurückziehen. Die EU soll sich nach dem Willen der USA stärker einbringen. Damit erreichen die Amerikaner zwei geopolitische Strategien: Sie sind fein raus und Europa versinkt weiter. Jetzt noch Verhandlungen mit der Ukraine und der Mitgliedschaft in der EU - ein klassischer Todesstoß. Deutschland mal wieder mittendrin, alle anderen haben Wirtschaftswachstum, wir schmieren ab und werden mit dem Geld um uns, als gäbe es kein Morgen. Wirklich, ich verstehe nicht die Strategie der Ampel, ob Blödheit, Unfähigkeit oder bewusste Abschaffung des eigenen Volkes die Beweggründe sind. Diese Regierung hat bis heute nur zerstörerische Maßnahmen und Gesetze beschlossen, Familien werden bewusst zerstört, seit Jahrtausenden feststehende Grundsätze werden mit einem Federstrich beseitigt und die Lüge wird zur Wahrheit und das Klima ist die neue und gottlose Religion. Es wird sehr böse enden

Edwin Gaza | Fr., 15. Dezember 2023 - 10:10

Nüchtern mit Tatsachen jongliert.
Was du auch tust, tu es klug und bedenke das Ende! 
Die EU handelt wieder voreilig.
Wie wir jetzt wissen:
Die Ukraine mit Trick in EU, aber Veto beim
Förderfond, Orban will die eingefrorenen Gelder.
" A odrahter Hund" der Viktor.
Nomen est omen.

Gerhard Lenz | Fr., 15. Dezember 2023 - 10:52

unter einem Autokraten namens Orban, der sein Land wie Privatbesitz behandelt, von der mehr als notwendigen Kritik von Seiten der EU hält?
Natürlich wird der bekennende "illiberale" Demokrat jegliche Kritik zurückweisen. Dass er daheim stolz verkündet, es gäbe im Lande keine Migranten, soll ihm wohl als besonderer Verdienst angerechnet werden? Rechtsextremisten und -populisten loben ihn ständig in höchsten Tönen..
Orban hat die ungarische Demokratie längst "demontiert": die Gewaltenteilung praktisch aufgehoben, Medien sind in Besitz von Freunden und Verbündeten, kritische NGOs werden als ausländische Spione verboten. Die Opposition kam im Wahlkampf kaum vor. Auf Anhänger rechtsgerichteter Diktaturen, die sich einen starken Führer an der Spitze und so wenig Demokratie wie wirklich noch nötig wünschen, wirkt das alles natürlich ungeheuer attraktiv. Was für ein "Held": Putins Pudel, ein schmarotzender Gulasch--Diktator, der in Brüssel bloß kassiert, aber sonst die EU bekämpft.

In der Schlacht bei Muhi verlor Ungarns König Béla IV. 70.000 Krieger das Leben im Kampf Anno 1241 gegen den Einfall der Mongolen & nur 1/4 der Bevölkerung überlebte

Zum Wiederaufbau ließ Béla Handwerker und Bauern aus W-EU & nicht aus dem Osman. Reich H. Lenz ins Land holen

aus Germania! Die Anwerbung von Migranten hatte Tradition
man bot Land als Grundeigentumsrechte an wie polit. Mitbestimmung
=> 1224 im "Goldenen Freibrief" durch Andreas II.

1453 wurde Konstantinobel von den Osmanen erobert & erste Schlacht bei Mohács 1526 & ab 1541 waren große Teile Ungarns bis 1663 in der Hand der Osmanen

1683 durch die Niederlage vor Wien konnte HUN die Osmanen mithilfe der Habsburger+Bayern besiegen
1687 wieder bei Mohács die Hauptschlacht /Sieg statt fand & Buda nach 145 Jahren wieder HUN war

1848/49 napol. Kriege
=> Forderung einer Monarchie & Unabhänigkeit von AT!

=> Zerschlagung des Aufstandes => AT mit Hilfe der RUSS

=> Siegermächte 1.WG => Abtretung HUN 70% !!! Landfläche an
AT/JUG/RUM 😭

für Putins Russland oder die Ukraine unter Selenski NICHT die entscheidende Rolle spielen. Ich hatte nie Zweifel daran, daß Putin revanchistisch tickt, auch nicht zu Zeiten, alsman sich noch der Illusion hingab, der Mann ließe sich besänftigen. Für mich ist er ein Agressor, der die Souveränität anderer Staaten mißachtet. Daraus folgt mein Wunsch nach einem Sieg der Ukraine und mein Unverständnis für Leute, die sich hinter Putin stellen (meist aus prinzipieller Opposition gegen "den Westen", insbesondere die USA). Einzuräumen ist eine eher emotionale Prägung dieser Sichtweise. Realität - und damit bin ich dann bei Orban (und Professor Patzelt) - ist leider eine weitgehende Ohnmacht Westeuropas, die zwingend zu rationalem Denken und Handeln führen sollte, wie es von Orban versucht wird. Vielleicht geht es derzeit schon darum, mit Vernunft die Ukraine vor dem totalen Untergang zu bewahren.

Ernst-Günther Konrad | Fr., 15. Dezember 2023 - 11:02

Man muss nicht bis ins letzte Detail mit ihres Analyse übereinstimmen Herr Prof. Patzelt, aber sie geben wenigsten den Ungarn mal eine Stimme hier, die fernab des Mainstream immer nur negativ ist. Die Bürger Ungarns haben mehrheitlich Orban gewählt und tragen und wollen genau diese Politik haben. Natürlich hat es auch politische Gegner im Land, aber eben eine große Mehrheit wünscht sich genau eine solches Orban Politik. Man kann das auch sehr gut nach nachlesen, in der deutschsprachigen Budapester Zeitung. Und die ist weitgehendst neutral, ihre Kommentatoren durchaus kritisch oder auch mal zustimmend. Und von angeblicher Zensur lese ich da nichts. Es gefällt manchem Staatenlenker in der EU nicht, dass mehr und mehr konservative Politiker an die Macht kommen, die mal wieder ihr eigenes Volk vertreten. Wir erinnern uns nur an Meloni in Italien. Sie wollte man uns als weiblichen Mussolini verkaufen. Und inzwischen hört man was? Man schweigt sich aus, doch nicht so schlimm.

Straub Klaus Dieter | Fr., 15. Dezember 2023 - 11:27

Die Aufnahme der Ukraine in die EU ist politisch gewollt. Der Souverän ist doch immer nur ein Statist. 2003 durfte ich an einem EU-Seminar in der Hans-Seidel-Stiftung teilnehmen. Auf die Frage an einen hochrangigen Politiker: Wieviel Kriterien den Rumänien und Bulgarien erfüllt haben, kam nach langem zögern die Antwort 1. Ja 1. Sie sind in Europa und man will es politisch. So wird es auch mit der Ukraine laufen. Urban u.a. wird man mit vielen Zugeständnissen und Geld aus Berlin schon helfen.

Kurt Walther | Fr., 15. Dezember 2023 - 12:20

Gut und treffend formuliert: "Während Russland in Ungarn 'nur' unbeliebt ist, ist es in Polen vielfach geradezu verhasst". Die Geschichte erklärt so manches. Wir sollten  historische Tatsachen respektieren, denn sie sitzen tief im Bewußtsein der Völker. Genauso  sind aber ökonomische Tatsachen zu respektieren.  Insofern  muss man versuchen, mit Rivalen und Gegnern  "zu einem auskömmlichen Verhältnis zu gelangen". Offenbar ist es das, was  Viktor Orbán  anstrebt.
Und dann noch zum Migrations- und Integrationsthematik: Offene Grenzen und  Sozialstaat  sind nicht  miteinander vereinbar.  Ungarns Grenzzäune ab 2015 halfen uns den Massenzustrom aus Asien und Afrika etwas zu reduzieren.
Und jetzt: Nichts gegen die Hilfen für die Ukraine:  Aber wieso sind in Polen 70 % der ukrainischen Flüchtlinge in Arbeit, in DE nur 18 %?   Es lebt sich wohl doch nicht so  schlecht  vom "Bürgergeld" in DE. Deutsche Linke und Grüne wollen es noch immer nicht begreifen - kein Wunder bei ihrem Bildungsstand.

Ronald Lehmann | Fr., 15. Dezember 2023 - 18:59

Lieber Herr Urban,
aber auch die deutschen Politiker Herr Maaßen, Herr Sarrazin, Herr Höcke!

Ihr tragt alle das gleiche Los, denn die staatliche Macht sägt(e) an euren Stühlen durch Rauswurf
PS: Viele nicht Erwähnte gilt der gleiche Beifall 👍👏

Ihr seid für mich persönlich das Sinnbild für Charakter & Aufrichtigkeit 💓💓💓, weil ihr selbst im tobenden Sturm der Diffamierung & Denunziation durch die weltliche wie religiöse Macht, durch Brüssel, die WHO & vielleicht auch indirekt über die UNO
& all ihren dazugehörigen Handlangern wie Lakaien

wie ein FELS - den Fluss stromauf zur Quelle der Wahrheit & des Lichtes
& dies immer im AUFRECHTEN GANG,

weil ihr ALLE die LIEBE zu euren Volk, ihrer Ahnen, der Heimat & seiner Kultur im Herzen trägt 💓

Danke & möge Gott euch wie Europa segnen, beschützen & geleiten, damit Europa eines Tages nach dem momentanen Dunkel wieder im Lichte des Glückes & der Wahrheit glänzen kann 🙏

Henri Lassalle | Fr., 15. Dezember 2023 - 19:53

sich zu Ungarn äussert, sich vertiefend in die Geschichte des Landes vertiefen, seine ethnische und linguistische Besonderheit nicht zu vergessen, unter anderem. Ungarn ist in der EU ein Sonderfall, kein Wunder, dass Orbàn Ärger entfacht, weil er nicht so funktionieren will, wie man es von ihm erwartet, einfordert. Und das wird sich nicht ändern. Damit legt er aber auch die Schwächen des EU-Apparates bloss. Die EU ist nichts anderes als ein Klub verschiedenartiger Mitglieder mit wirtschaftlichem Vordergrund - nichts weiter. Der Rest ist ein Luftschloss.

Kai Hügle | Sa., 16. Dezember 2023 - 10:32

Wäre ich Redakteur eines politischen Magazins, das inzwischen irgendwo im Graubereich zwischen journalistischem Aktivismus und alternativen Medien angekommen ist, und wollte/sollte ich etwas Nettes über Orban schreiben, würde ich wahrscheinlich auch jemanden wie Prof. Patzelt um ein Interview bitten. Nach dessen eher unrühmlichen Ausscheiden von der TU Dresden forscht Patzelt inzwischen für das Mathias Corvinius Collegium, einer von Orban großzügig finanzierten Denkfabrik.
Entsprechend „verständnisvoll“ äußert sich der Befragte über seinen Geldgeber, der mal mit den Chinesen und den Taliban an einem Tisch sitzt, um über die Neue Seidenstraße zu fachsimpeln, mal als Putins trojanisches Pferd in der EU agiert und dafür sorgt, dass die Ukraine die notwendigen Mittel zur Selbstverteidigung nicht, verspätet oder reduziert erhält. Orban selbst wirtschaftet sein Land herunter (Inflation: 18%) und trägt in Sachen Demokratie, Pressefreiheit und Korruption die Rote Laterne in der EU mit Stolz.