Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze / picture alliance

Entwicklungspolitik im Zeichen des Zeitgeistes - Die feministische Asienstrategie der Svenja Schulze

Die von Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze vorgestellte Asienstrategie liefert neben zeitgeistigen Bekenntnissen und allerlei gegenderten Formulierungen nur bedingt politischen Mehrwert. Dabei durchzieht ein Grundton des Ungenauen und Vagen das Papier.

Autoreninfo

Karsten Grabow ist seit 2021 Referent in der Abteilung Asien/Pazifik der Konrad-Adenauer-Stiftung.

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Am 12. Dezember 2023 hat Bundesministerin Svenja Schulze im Berliner Amtssitz des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die Asienstrategie des Ministeriums mit dem Titel „Deutsche Entwicklungspolitik mit Asien: innovativ, sozial, feministisch“ vorgestellt. 

Dieses Papier reiht sich ein in eine ganze Reihe von Strategiepapieren und Leitlinien, die von der Bundesregierung und der Europäischen Kommission in den vergangenen zwei, drei Jahren zur Zusammenarbeit in der Region Asien-Pazifik herausgegeben wurden, zum Beispiel die „EU-Asien-Konnektivitätsstrategie“, die „Leitlinien zum Indo-Pazifik“ oder die „China-Strategie“ der Bundesregierung.

China kommt in der Strategie kaum vor

Obwohl die Autoren darauf verweisen, dass die vorliegende Asienstrategie in die Leitlinien der Bundesregierung zum Indo-Pazifik, die Nationale Sicherheitsstrategie und die China-Strategie der Bundesregierung „eingebettet“ sei, fällt auf, wie selten die Großmacht China in der Strategie vorkommt. Zwar wird das Land in der 35 Seiten umfassenden Strategie 22-mal erwähnt, in den meisten Fällen jedoch eher zu geographischen Zwecken („… zwischen Russland, China und Afghanistan gelegen …“) oder aus statistischen Gründen („zweitgrößte Volkswirtschaft“, „verantwortlich für ein Drittel der globalen Treibhausgasemissionen“). Als Akteur, der nicht nur die politischen, sondern auch nahezu alle wirtschaftlichen und ökologischen Aspekte zumindest in Asien, wenn nicht global, maßgeblich beeinflusst, kommt das Land inhaltlich erstaunlich kurz.

Das Papier richtet sich an ganz Asien, betont dessen Vielfalt und legt den Schwerpunkt auf den ökologischen Umbau der Wirtschaft in den asiatischen Kooperationsländern (firmiert als „innovativ“), die Reduzierung von Armut durch Aufbau sozialer Sicherungssysteme („sozial“) und die Teilhabe von Frauen an der Gesellschaft („feministisch“). Orientierungspunkt der deutschen Entwicklungspolitik mit Asien sei dabei die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, deren Ziele nach heutigem Stand allesamt verfehlt werden (S. 12-13).

 

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Bemerkenswert ist, wie selten das Papier auf politische Strategien eingeht, die angesichts regionaler Konflikte, die ihrerseits wiederum globale Auswirkungen haben (russischer Überfall auf die Ukraine, Nahostkonflikt, Konflikte/Provokationen im Südchinesischen Meer, Spannungen USA/China, Taiwanfrage), enorm an Bedeutung gewonnen haben. Zu nennen wäre hier vor allem der Begriff der „Sicherheit(spolitik)“, der in einer kontextstimmigen Verwendung nur zweimal vorkommt. Anders formuliert: Die Welt erlebt ein Aufflammen brutal geführter militärischer Konflikte und gröbste Verletzungen des Völkerrechts, dem BMZ ist aber wichtig, dass die klimagerechte Entwicklung in Asien „sozial“ und „inklusiv“ gestaltet wird.

Zudem fällt auf, dass politische Ziele kaum verfolgt werden. Zwar soll auch „mit Partnerländern, in denen Demokratie und bürgerliche Menschen- und Freiheitsrechte eingeschränkt sind, weiter [ein] Dialog [fort]geführt werden, sofern entwicklungspolitische Ziele erreicht werden können“ (S. 9). Dennoch sind Bekenntnisse oder Pläne zur Stärkung von Demokratie, ihren Werten wie Freiheit (0 Nennungen) und Institutionen wie Parteien (0), Wahlen (0), Parlamente (1 in Zusammenhang mit Stärkung des Frauenanteils), Verfassungen (0) oder Verfassungsgerichte (0) nicht zu erkennen. 

Entsprechend kommen auch die Akteure, deren internationale Arbeit der Stärkung von Demokratie und ihren Institutionen und Verfahren gewidmet ist, die politischen Stiftungen, nur am Rande und als Teil „zivilgesellschaftlicher Akteur*innen“ vor (S. 33), gemeinsam mit den „kirchlichen Zentralstellen sowie deren lokalen Partner*innen“. Lediglich ein Projekt der Friedrich-Ebert-Stiftung in Asien wird expressis verbis genannt. Dennoch: unpolitischer könnte eine Entwicklungsstrategie nicht sein.

Ein Papier ohne politischen Wert

Die Ziele der deutschen Entwicklungspolitik in Asien (und anderswo) finden in deutschen wie in internationale Diskussionen sicherlich noch Anklang. Vermutlich würde nur eine Minderheit Aussagen widersprechen, wonach sich die deutsche Entwicklungszusammenarbeit bemüht, „Frauen und Mädchen zielgruppenorientierte Ausbildungsangebote im Bereich grüner Technologien“ zu unterbreiten (S. 17) oder „Partner*innen darin … unterstützt, Migrant*innen in vulnerablen Situationen vor prekären Arbeitsbedingungen in Nepal zu schützen“ (S. 21). Aber es muss Menschen geben, die Ziele unter realen Bedingungen umsetzen. 

Das können Umweltaktivisten, Frauenrechtlerinnen, Freiheitskämpfer sein, aber ebenso Unternehmer, Abgeordnete oder Ministerinnen, auch in nicht demokratischen Staaten. Hinweise auf konkrete realpolitische Handlungsansätze, mit wem genau was erreicht werden könnte, finden sich in der Asienstrategie des BMZ nicht.

So hält man eine Broschüre mit zahlreichen zeitgemäß gegenderten Formulierungen in der Hand, die aussieht wie ein Katalog der technischen Zusammenarbeit (Photovoltaik, Mülltrennung, Hightech- und Labortätigkeiten, Staudämme). Ein Dokument, das politisch handlungsanleitend sein könnte, ist es nicht.

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Gerhard Lenz | Mi., 20. Dezember 2023 - 15:20

wenn ein Beschäftigter der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung ein Positionspapier einer sozialdemokratischen Entwicklungsministerin beurteilt? Eine unvoreingenommene Einstellung, vielleicht sogar Aufgeschlossenheit für darin enthaltene Ideen, zumindest eine neutrale Diskussion?

Wer's glaubt... Der Referent der Konrad-Adenauer-Stiftung stößt sich an feministischen Formulierungen und Gendersternchen. Liegt bei der Union ja auch im Trend, denn seitdem Merz CDU-Chef ist, betreibt man Wahlkampf.

Weil das aber reichlich dünn ist, gibt er Frau Schulze noch etwas zusätzliche Kritik auf den Weg: China ist ihm nicht oft genug erwähnt, geopolitische Konflikte (natürlich Hauptthemen eines Entwicklungsministeriums - Sic) bleiben weitgehend unbeachtet, und - der Höhepunkt - ihm fehlt der Einsatz für die Demokratie.

Vorschlag zur Güte: Die Union beginnt damit in Ostdeutschland und unterstützt Initiativen gegen Rechtsaußen. Ein Anfang.

Martin Beckmann | Mi., 20. Dezember 2023 - 15:28

Nun, Frau Schulze, oder Zuarbeiter, von Bärbock abschreiben, da kann nichts bei rauskommen, außer einem minderwertigen Plagiat. Woker Feminismus, hier ein Beispiel:
Das ZDF hatte vor ein Paar Tagen einen Film gezeigt, in dem die neue Freundin des Vaters (er war Witwer) seine Tochter ungefragt versucht, in die Lesbenecke zu "woken". "Opfer" war ein dunkelhäutiges, ebenso pubertierendes, Mädel. Natürlich gab es feministische "Regenbogenkekse" statt Weihnachtsgebäck. So etwas wird in der ROT-LINKS-GRÜNEN-Erziehungsideologie verleugnet. Medienfirmen müssen jetzt einen Katalog von Bedingungen (LLBGT…, Gendern, Verleugnung der eigenen Kultur, POCs immer dabei ) erfüllen, um an Fördergelder zu kommen.
Eltern freut euch schon, was bald in Kitas und Schulen feministisch "gewoket" wird. Hunderttausende von € stehen für diesen Unsinn schon bereit, für die Umformung, jenseits von Kultur und dem Erziehungsrecht der Eltern.
ZDF-Mediathek: Titel: "Ein Regenbogen zu Weihnachten".

Martin Beckmann | Mi., 20. Dezember 2023 - 15:32

....Die Welt erlebt ein Aufflammen brutal geführter militärischer Konflikte und gröbste Verletzungen des Völkerrechts,...
Die Frau Schulze hätte sich mal mit "feministischer" Friedenspolitik beschäftigen sollen, aber ich glaube, damit ist die Dame völlig überfordert.

Walter Bühler | Mi., 20. Dezember 2023 - 15:43

... irgendwie versuchen zu belegen, wofür die üppigen Honorare für die zahlreichen grünen "Expert*innen" überwiesen worden sind.

Natürlich können da nur solche völlig inhaltsleeren "Strategie-Papiere" herauskommen. Das grüne Hauptziel ist ja erreicht: die klugen deutschen "Expert*innen" dürfen auf Kosten der Steuerzahler - mit den Honoraren aus der Entwicklungshilfe - weiter ein schönes Leben führen.

Lieber Herr Grabow, mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen. Ich würde mich aber freuen, wenn die Parteistiftungen es wagen würden, selbst bessere und realitätsnahere Papiere zu produzieren.

Derartige sind mir leider bisher nicht aufgefallen. Auch bei Parteistiftungen scheint es doch hauptsächlich nur darum zu gehen, den eigenen "Experten" ein angenehmes Leben aus Steuermitteln zu garantieren.

Oder sollte ich da meinen Vorurteilen aufsitzen?

Tomas Poth | Mi., 20. Dezember 2023 - 16:09

Die kommenden Wahlen werden diesem ganzen Bullerbü-Spuk ein Ende setzen.
Wir dürfen uns jetzt schon darauf freuen und uns über die jetzige Regierung vor Lachen ausschütten.

Maria Arenz | Mi., 20. Dezember 2023 - 16:29

Wie der Herr so's G'scherr. Gilt selbstredend auch für "HerrInnen." Mein Gott, was bin ich diese Quotenschnepfen und ihren femininistischen Kappes leid. Dafür hat sich meine Generation nun gewiß nicht in' s Zeug gelegt, daß man sich für Solche(s) fremdschämen muss.

Fritz Elvers | Mi., 20. Dezember 2023 - 16:57

freuen sich über jede Depesche aus Stupid-Germany, Entwicklungshilfe jetzt mit Witzbeilage.

Henri Lassalle | Mi., 20. Dezember 2023 - 19:49

so könnte man das als Résumé herauslesen. Das alles ist zwar lieb und nett, zeugt von Sensibilität und emotionaler Teilnahme an bestimmten Problemen der asiatischen Welt, aber die harte politische Realität wird umgangen. Vielleicht können die vom Wohlstand verwöhnten Deutschen die Dinge nicht anders sehen, man lässt sich von Wunsch-und Idealprojektionen leiten.

Ernst-Günther Konrad | Do., 21. Dezember 2023 - 09:34

kann nichts gedeihen. Warum sollte Frau Schulz in der Riege dieser Ampelminister eine Ausnahme bilden? Sie bestätigt für mich nur das, was alle Minister und der Kanzler uns vorleben. Keine Ahnung von nichts, aber davon eine ganze Menge. Jedenfalls hält man sich so alle Optionen offen und bindet sich nicht.

David Ludwig | Do., 21. Dezember 2023 - 12:52

.... Schon lange nicht mehr. Vielmehr bräuchte Deutschland bessere Beziehungen und mehr Einfluss im in den nächsten 50 Jahren zweitwichtigsten (nach USA) Kontinent.

Aber es scheint die Deutsche Arroganz stirbt zuletzt und während die Deutschen noch glauben die Asiaten belehren zu müssen ziehen die schon lange vorbei...